Oscar Pistorius auf dem Weg in den Gerichtssaal. Foto: dpa

Der Staatsanwalt sagt, es seien Lügen, der des Mordes angeklagte Oscar Pistorius spricht von Erinnerungslücken und Müdigkeit: Am dritten Tag im Kreuzverhör hat sich der angeklagte Sportler in Widersprüche verstrickt.

Der Staatsanwalt sagt, es seien Lügen, der des Mordes angeklagte Oscar Pistorius spricht von Erinnerungslücken und Müdigkeit: Am dritten Tag im Kreuzverhör hat sich der angeklagte Sportler in Widersprüche verstrickt.

Pretoria - Paralympics-Star Oscar Pistorius hat sich am dritten Tag des Kreuzverhörs durch den Staatsanwalt erstmals in Widersprüche verwickelt. Der des Mordes an seiner Freundin Reeva Steenkamp angeklagte Südafrikaner gab zu, dass er seit der Tat unterschiedlich über Details wie das Ausschalten der Alarmanlage ausgesagt habe. „Ich habe einen Fehler gemacht, Entschuldigung“, sagte Pistorius am Freitag sichtlich aufgewühlt.

Er musste sich am 21. Verhandlungstag in Pretoria noch mehrfach für verwirrende Angaben entschuldigen. Allerdings ging es um Randaspekte wie den genauen Ort, wo Jeans oder Ventilatoren in der Tatnacht waren. Pistorius erklärte, oft den Tränen nahe, seine Erinnerungslücken und Widersprüche mit Müdigkeit. Angesichts seiner spürbaren Verunsicherung fragte die Richterin, ob er zu müde für eine Fortsetzung der Befragung sei. Pistorius verneinte.

Der behinderte Profisportler hat in der Nacht zum Valentinstag im Februar 2013 in seinem Haus seine damals 29 Jahre alte Freundin erschossen. Der 27-Jährige beteuert, er habe hinter der verschlossenen Toilettentür einen Einbrecher vermutet.

Pistorius: Steenkamp hat nicht geschrien

Staatsanwalt Gerrie Nel bezweifelte am Freitag erneut die Darstellung: „Sie wussten, dass Reeva hinter der Tür war, und Sie haben auf sie geschossen“. Nel nahm den Angeklagten besonders wegen der tödlichen Schüsse in die Zange. Pistorius versicherte, dass Steenkamp nicht geschrien habe, während er viermal rasch hintereinander auf die Tür gefeuert habe. „Ich habe niemanden schreien hören“, betonte der Angeklagte.

Nel warf ihm erneut vor, seine Tat verschleiern zu wollen. Als er ihn aber als „Lügner“ bezeichnete, griff die Richterin ein. „Sie nennen hier keinen Zeugen einen Lügner!“, sagte Thokozile Masipa scharf. Sie hatte den Staatsanwalt schon mehrfach wegen seiner aggressiven Art gerügt.

Staatsanwalt: Darstellung ist unglaubwürdig

Wie schon in den ersten beiden Tagen des Kreuzverhörs stellte der Staatsanwalt auch am Freitag immer wieder die Darstellung des Sportlers als unglaubwürdig dar. Es sei doch völlig unlogisch, dass er sich, nachdem er in später Nacht Geräusche gehört haben wollte, in Richtung des mutmaßlichen Eindringlings bewegt habe: „Ich verstehe das nicht: Sie fühlten sich besonders verletzlich und dennoch gingen Sie auf die Gefahr zu. Das macht doch keinen Sinn. Das ist nicht wahr ... Instinktiv hätten Sie doch erst Reeva schützen müssen.“

Pistorius widersprach mit zittriger, aber dennoch entschlossener Stimme. „Die Instinkte der Menschen sind verschieden“, sagte der 27-Jährige. Er sei nach dem Geräusch einer sich schließenden Tür ohne seine Unterschenkel-Prothesen mit der Waffe in der Hand in Richtung des vermuteten Einbrecher gegangen. „So ist meine Persönlichkeit, so bin ich, ich wollte mich zwischen die wahrgenommene Gefahr und Reeva stellen ... Meine Version der Tatnacht hat sich nie geändert“, so der Angeklagte aufgewühlt.

Der spektakuläre Indizienprozess, der von mehreren Fernsehsendern live übertragen wird, soll am Montag fortgesetzt werden. Der Staatsanwalt, der in Südafrika wegen seiner Hartnäckigkeit den Spitznamen „Der Rottweiler“ hat, will Pistorius weiter ins Kreuzverhör nehmen. Der Prozess wird kaum vor Mitte Mai zu Ende gehen. Pistorius droht bei einer Verurteilung eine lebenslange Strafe.