Trendige Wäsche: "Hunkemöller" setzt nun auf Pforzheim (links). Der ehemalige Schuhladen an der Bahnhofstraße 10 steht leer, ebenso wie "Burger Palace" und Büros im selben Haus. Foto: Schwarzwälder-Bote

Pächter kommen und gehen in Pforzheimer Innenstadt / Leere Büroräume werden zu Wohnungen

Pforzheim. "Jetzt geht es mit der City bergauf", frohlockte eine Kollegin, als sie den neuen Dessous- und Bademoden-Shop "Hunkemöller" in der Fußgängerzone erspähte.

"Wenn ein Geschäft eröffnet, machen zwei zu", ächzte dagegen ein Ladenbetreiber. Die Innenstadt erlebt einen immer rasanteren Wandel. Das Kommen und Gehen von Pächtern stellt Immobilienbesitzer vor eine Herkulesaufgabe. Sie müssen Mieter finden, die solvent und deren Angebot zukunftsträchtig ist. Dies scheint immer seltener zu gelingen.

Der unlängst eröffnete trendige Schuhladen "Snipes" im Gebäude der BW-Bank an der Poststraße ist ein Blickfang, "Fielmann" am umgestalteten früheren Dresdner-Bank-Standort ebenso. Die Mode-Kette "TK Maxx" am Leo hat zumindest in den ersten Wochen ähnliche Magnetwirkung wie "Hunkemöller". Die Bäckerei Haag nimmt bei den "Grazien" den Konkurrenzkampf mit den Backshops auf. Doch zugleich wächst die Zahl der Läden und Lokale mit bedenklich kurzer Halbwertszeit. Vielerorts in 1 A-Lage herrscht Leerstand – auch an der vor etlichen Jahren städtebaulich aufgewerteten Bahnhofstraße. Kaum jemand kennt den Markt für Gewerbe-Immobilien in der City so gut wie Fernand Jäger und Jacob Goldenberg. Beide vermieten Objekte an der Bahnhofstraße, und beide haben damit mehr Arbeit, als ihnen lieb sein dürfte.

Gleich mehrere Schilder mit der Aufschrift "zu vermieten" hat Jacob Goldenberg angebracht. An der Bahnhofstraße 2 – Eberhardt Reisen ist unlängst einige Häuser weitergezogen – genauso wie an der Bahnhofstraße 10. Dort ist der Schuhladen "Kickz Q & D" Geschichte, "Burger Palace" daneben hat nicht einmal ein Jahr lang durchgehalten. Wieder Leerstand, wie zuvor für lange Zeit nach dem Abschied von McDonald’s. Die Pächter hätten in den USA erfolgreich eine Burger-Ranch betrieben und das Fast-Food-Restaurant schön hergerichtet, weiß Goldenberg. Dennoch blieb der erhoffte Umsatz aus. "Sehr, sehr schwierig" sei die Lage. "Egal was Sie heute in Pforzheim machen: Es ist sehr riskant." Auswärtige trauten sich kaum, zu investieren. Auch Büroräume würden eher geräumt denn neu bezogen. "Was läuft, sind Ein-Euro-Shops", urteilt der in Karlsruhe lebende Eigentümer, "das unterste Level des Verkaufs". Den früheren "Burger Palace" zur Kebab-Bude zu machen, will Goldenberg nicht. Das Niveau müsse zur Straße und zu anderen Mietern im Haus – Ärzte und Anwälte – passen.

Warum sich kaum ein Pächter-Konzept rechne? Nach dem Niedergang der Schmuckbranche hätten zu viele Menschen zu wenig Geld zur Verfügung, sagt Goldenberg. Dies gelte insbesondere für sonst konsumfreudige junge Kunden. Ihm sei deutschlandweit keine Stadt bekannt, in deren City es "solche Löcher" gebe. "In anderen Fußgängerzonen wird ein Laden nach einem Pächter-Auszug nicht kalt, in Pforzheim friert er ein", sagt Goldenberg – und das, obwohl das Mietpreisniveau "absolut im Rahmen" sei. Der Eigentümer vermisst ein positives Signal der Stadtverwaltung, um Investoren Mut zu machen. Die Pläne für die City-Ost sieht Goldenberg skeptisch. Die Bahnhofstraße sei auch hergerichtet worden und dennoch wieder eingeschlafen: "Warum versucht man Neues, wenn nicht mal das Alte funktioniert?"

Auch Fernand Jäger schätzt die Situation als kompliziert ein. Gute und schlechte Erfahrungen macht er in der Jägerpassage mit der Gastronomie. Während der Thai-Imbiss ein Renner ist, dreht sich gegenüber das Pächter-Karussell. Weder ein Marokkaner noch ein Fisch-Restaurant hielt sich, nun hat dort ein italienisches Lokal dichtgemacht. Jäger weiß: "Wir müssen jetzt den Richtigen finden." Denn es gebe gute Ideen, die aber nach kürzester Zeit nicht mehr funktionierten. Außerdem sei die Kundschaft in Pforzheim sensibel und vorsichtig – Neues werde nur zögerlich angenommen. Hauptklientel seien Geschäftsleute in der Mittagspause, denn wochenends und in der Freizeit wanderten viele Kunden nach Stuttgart oder Karlsruhe ab.

Jäger sieht nicht schwarz, aber steigende Herausforderungen für Vermieter. Weil der Pforzheimer Markt derzeit wenig hergebe, führe meist nur eine überregionale Pächtersuche zum Erfolg. Man müsse jeden Mieter unterstützen, Kompromisse eingehen, "auf Draht sein" und mitdenken. So habe er nicht nur eine Werbeagentur für die Jägerpassage gewonnen, sondern neue Mieterkreise erschlossen. Büro-Leerstand wurde in Wohnungen umgewandelt, die gleich vergeben waren: "Gerade für junge Leute ist Wohnen in der City sehr interessant."