Der Gedenktag der Bombardierung verlief nicht ausschließlich ruhig: Bei Protesten gegen einen rechtsextremen Fackel-Aufzug kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei. Foto: Deck

Botschafter spricht am 70. Jahrestag der Bombardierung von Pforzheim. Vermummte werfen Feuerwerkskörper.

Pforzheim - 70 Jahre nach dem Bombardement der Stadt hat Pforzheim zu Versöhnung aufgerufen. Sogar der britische Botschafter ist gekommen. Doch am Montagabend dominieren Zusammenstöße und ein Fackelzug Rechtsextremer den Gedenktag.

Der 70. Jahrestag der Bombardierung von Pforzheim im Zweiten Weltkrieg ist von Zusammenstößen bei Protesten gegen einen rechtsextremen Fackel-Aufzug überschattet worden. Gegendemonstranten durchbrachen am gestern Abend eine Polizeisperre und gelangten in unmittelbare Nähe der nationalistischen Kundgebung. Zuvor hatte Oberbürgermeister Gert Hager (SPD) dazu aufgerufen, den Gedenktag zu einem Tag des Friedens und der Mitmenschlichkeit zu machen.

Vermummte Demonstranten hätten die Sperre mit Feuerwerkskörpern angegriffen und durchbrochen, sagte ein Polizeisprecher. Die Beamten setzten den Schlagstock ein und nahmen mindestens einen Demonstranten fest. Andere gingen mit Pfefferspray gegen die Menge vor. Sanitäter behandelten mehrere Menschen mit Augenreizungen.

Zum Zeitpunkt des historischen Luftangriffs von 19.50 Uhr an bot sich auf dem Wartberg oberhalb der Stadt ein gespenstisches Bild: Starke Polizeikräfte sicherten den Fackelaufzug. Davor riefen Demonstranten in Sprechchören: "Ihr habt den Krieg verloren." Andere zündeten Feuerwerkskörper, während in der Stadt alle Glocken läuteten. Auf dem Marktplatz versammelten sich Pforzheimer zu einem Lichtermeer aus Kerzen. Insgesamt hatte die Polizei mehr als 1000 Kräfte im Einsatz.

Sieben Jahrzehnte nach ihrer Zerstörung rief die Stadt zu Frieden und Versöhnung auf. Das Gedenken an die Opfer der britischen Bombardierung wende sich gegen Hass und Gewalt und sei nicht in die Vergangenheit gerichtet, sagte Hager am Nachmittag vor den Gräbern von Opfern des Luftangriffs auf dem Hauptfriedhof. Der britische Botschafter in Deutschland, Simon McDonald, sprach sich dafür aus, die deutsch-britische Freundschaft lebendig weiterzuentwickeln, "damit sich die Ereignisse vor 70 Jahren nicht wiederholen".

"Wir wollen unsere Mitmenschen gleich welcher Herkunft, Haltung oder welchen Glaubens immer als Menschen und Nachbarn sehen", sagte Hager vor etwa 150 zumeist älteren Pforzheimern. Deshalb sei auch die Teilnahme des britischen Botschafters an der Gedenkfeier "ein wichtiges Symbol der Hoffnung und der Vergebung". "Tod und Leid der Pforzheimer Bevölkerung waren eine furchtbare Folge der alliierten Anstrengungen, Nazideutschland zu besiegen", sagte McDonald. Der Botschafter stellte Pforzheim in eine Reihe mit Hamburg, Köln und Dresden, aber auch "mit den von Nazideutschland zerstörten Städten Rotterdam und Belgrad". Zudem erinnerte er an die Bombardierung der britischen Städte London, Birmingham, Liverpool und Coventry durch die deutsche Luftwaffe.

Am 23. Februar 1945 hatten britische Bomber die Stadt an der Enz angegriffen und das gesamte historische Zentrum innerhalb von 20 Minuten in Brand gesetzt. Dabei kamen 17.600 Menschen ums Leben.