Mit Spannung verfolgten Behördenvertreter und Bürger die Ortschaftsratssitzung in Edelweiler. Foto: Morlok

Gemeinderat Pfalzgrafenweiler entscheidet im Dezember, wer Edelweilers Ortsvorsteherin wird. Ort schreibt kommunalrechtliche Geschichte.

Pfalzgrafenweiler-Edelweiler - Ein kleiner Ort schreibt kommunalrechtliche Geschichte. Das Kapitel Edelweiler ist immer noch nicht abgeschlossen. Auch nach der jüngsten Ortschaftsratssitzung sind zwei Kandidatinnen für das Amt der Ortsvorsteherin im Rennen.

Eigentlich könnte man ja davon ausgehen, dass es recht einfach sein müsste, in einem Dorf mit gerade einmal 188 Wahlberechtigten einen neuen Ortsvorsteher zu wählen. Aber da hatte man im "edlen Weiler" die Rechnung ohne das komplizierte baden-württembergische Wahlrecht und ohne die staatlichen Aufsichtsbehörden gemacht.

Wie berichtet, wollte Thomas Sannert nach drei Wahlperioden das Ehrenamt des Ortsvorstehers von Edelweiler abgeben und verzichtete aus diesem Grund auf eine weitere Kandidatur 2014. Dies war zwar bekannt, doch blieb Thomas Sannert bis zu seiner endgültigen Verabschiedung durch den Gemeinderat weiter Ortsvorsteher. Einer musste ja die neuen Räte, darunter auch seine Ehefrau Doris, einsetzen und seinen Nachfolger ins Amt einführen.

Acht Stimmen für Sabine Bilger und sechs für Doris Sannert

Mit der Feststellung von Hinderungsgründen der neu gewählten Ortschaftsräte und deren Einsetzung und Verpflichtung nahm die Ortschaftsratssitzung am 9. Juli dann auch ihren gewohnten Lauf. Um das Amt von Thomas Sannert bewarben sich gleich zwei Frauen. Zum einen Doris Sannert von den "Bürgern für Edelweiler", auf der anderen Seite Sabine Bilger von der "Interessengemeinschaft Edelweiler". Beide Gruppierungen haben je vier Sitze im Ortschaftsrat. Was bei dieser Wahl herauskam, war vorauszusehen: ein Patt, der dann durch Losentscheid zugunsten von Doris Sannert aufgehoben wurde.

Die Vertreterin der "Bürger für Edelweiler" war also – vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung durch den Gemeinderat – gewählte Ortsvorsteherin. Dies aber nur für kurze Zeit, denn schnell wurde klar, dass doch Hinderungsgründe bestanden hatten, die den Eintritt von Doris Sannert ins Ratsgremium eigentlich nach geltendem Kommunalrecht ausgeschlossen hätten. Es war schlicht die Tatsache, dass sie mit dem noch amtierenden Ortsvorsteher verheiratet ist. Zwischen Ortsvorsteher und Ortschaftsrat dürfen keine engen verwandtschaftlichen Beziehungen bestehen. Doris Sannert hätte also nicht als Mitglied des Ortschaftsrats verpflichtet werden dürfen. Und der Ortsvorsteher ist aus der Mitte des Gremiums heraus zu wählen. Wer kommunalrechtlich gar nicht im Gremium ist, kann logischerweise auch nicht gewählt werden. Deshalb hieß es für Edelweiler: Alle Entscheidungen und Amtshandlungen, die in dieser Sitzung getroffen wurden, sind rechtswidrig und müssen wiederholt werden. "Alles auf Null und nochmals alles bitte von vorne", so die Anweisung der Rechtsaufsichtsbehörde und des Regierungspräsidiums.

Am Mittwochabend war es dann so weit. Hanspeter Beck als Interims-Ortsvorsteher leitete die Sitzung, für die man extra den Kirchensaal im ehemaligen Schulhaus bestuhlt und sitzungstauglich ausgestattet hatte. Und selbst dieser Raum war fast zu klein, denn rund 40 Bürger, darunter auch die Vize-Bürgermeister Horst Dieterle und Jens Graf wollten wissen, wer in Edelweiler denn nun künftig "regiert".

Sie müssen sich noch bis zum 9. Dezember gedulden. In einer nichtöffentlichen Sitzung einigten sich Ortschaftsrat, Bürgermeister Dieter Bischoff, Ordnungsamtsleiter Ralf Springmann sowie Christel Klisch und Karin Schneider von der kommunalen Rechtsaufsichtsbehörde des Landkreises Freudenstadt darauf, dass zwei Kandidaten für das Amt des Ortsvorstehers vorgeschlagen werden, der Gemeinderat jedoch das letzte Wort in dieser diffizilen Personalie hat.

"Wir wollten dieses Mal keinen Losentscheid, auf den es aller Wahrscheinlichkeit nach wieder hinausgelaufen wäre", erklärte Christel Klisch. "Und deshalb haben wir uns für die Möglichkeit, dass letztendlich der Gemeinderat den Ortsvorsteher wählt, entschieden". Dass dieses Vorgehen an sich recht ungewöhnlich ist, räumte die Behördenvertreterin ein, erklärte jedoch, dass das Gesetz eben diese Möglichkeit, vorausgesetzt dass beide Kandidaten die absolute Mehrheit – in diesem Fall fünf Stimmen – erhalten, vorsieht.

Nachdem das gesamte Prozedere abgeklärt und der frühere Amtsinhaber am Vorabend vom Gemeinderat offiziell aus dem Amt verabschiedet worden war, konnte die Ortschaftsratssitzung beginnen. Hinderungsgründe lagen dieses Mal wirklich nicht vor, alle Ratsmitglieder versprachen per Handschlag und Verpflichtungsformel, ihr Ehrenamt gewissenhaft auszuüben, und dann konnte die mit Spannung erwartete Vorwahl der beiden möglichen Ortsvorsteherinnen beginnen. Es war keine wirkliche Überraschung, dass sich Sabine Bilger und Doris Sannert wieder um das Amt bewarben und auch beide in geheimer Wahl die notwendige 50-Prozent-Hürde übersprangen. Sabine Bilger konnte alle acht Stimmen auf sich vereinen, Doris Sannert wurde mit sechs Ja-Stimmen vom Gremium für die Wahl nominiert.

Das letzte Wort in dieser spannenden Geschichte hat nun der Gemeinderat von Pfalzgrafenweiler. Falls jetzt nichts mehr dazwischen kommt, wird bei der nächsten Sitzung am 9. Dezember die neue Ortsvorsteherin von Edelweiler, quasi als Weihnachtsgeschenk an den Ort, bekannt gegeben. Als neue Ortschaftsräte wurden Bernd Fuchs, Sabine Bilger, Christian Stoll, Thomas Keller, Hanspeter Beck, Doris Sannert, Karin Schlegel und Robertas Povilaitis verpflichtet.