Diplomatie war nicht Teil von Laumanns Repertoire in Pfalzgrafenweiler. Der CDU-Staatssekretär sprach offen, konfrontativ, schnörkellos – und verschaffte sich damit im Publikum Respekt. Foto: Eberhardt

Patientenbeauftragter setzt sich bei Pflegeempfang der CDU gegen Fachkräftemangel ein.

Pfalzgrafenweiler - Empfang, das klingt leicht und gesellig – wenn man nicht gerade über das Thema Pflege diskutiert und einen stimmgewaltigen Staatssekretär am Rednerpult hat. Wie etwa beim Pflegeempfang der CDU in der Festhalle Pfalzgrafenweiler.

Dazu eingeladen hatten die Kreisverbände Freudenstadt und Calw, die damit laut eigener Ankündigung zum Jahresbeginn nicht nur ein "zentrales politisches Thema" anpackten, sondern – mit Kaffee und Kuchen – auch Dank ausdrücken wollten, "an all diejenigen, die hier in aufopfernder Weise tätig sind". Dass eben diese, vertreten durch rund 100 Fach- und Führungskräfte aus dem Bereich Pflege, jedoch weniger auf Plaudereien und Gebäck denn auf konkrete Inhalte warteten, zeigte sich schon beim Gespräch am Getränkebüfett.

Die Hoffnung darauf, dass direkte Worte fallen, stieg, als Bürgermeister Dieter Bischoff hinter das Podium trat. Seine Vorredner, Landtagsabgeordneter Norbert Beck und Landrat Klaus Michael Rückert, hatten sich noch auf freundliche Worte der Anerkennung konzentriert. Bischoff hingegen richtete den Appell direkt an die neben ihm aufgereihten CDU-Vertreter: "Wir brauchen dringend Reformen."

Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel kündigte denn auch resolut an, dass "das hier keine Schauveranstaltung werden soll". Denn diplomatische Samthandschuhe hatte die CDU nicht dabei. Dafür mit Staatssekretär Karl Laumann einen Redner, der sich in einem schnörkellos formulierten, teils leidenschaftlichen Vortrag authentisch als Kenner des Pflegesektors präsentierte und sich am Ende den Respekt manches Zuhörers zu verschaffen mochte.

Tagespflege soll ausgebaut werden

Laumann ist Patientenbeauftragter der Bundesregierung und Bevollmächtigter für Pflege. In einer freien, von viel Realbezug geprägten Rede ging der scharfzüngige Westfale auf die Hauptproblemstellen ein, die es seiner Meinung nach im Pflegebereich gibt.

Fachkräftemangel? Das "Kistchendenken" in Sachen Ausbildung müsse beendet werden, plädierte Laumann für eine generalistische bundeseinheitliche Ausbildung und sicherte sich das Kopfnicken der Anwesenden. Die Bürokratie? Engagierter Applaus kam, als Laumann antwortete: "Eine Misstrauenskultur, die nicht mehr auszuhalten ist. Ungeheuerlich." Die Pflegenoten? Wenn mangelhafte medizinische Versorgung in der Bewertung mit einer hübschen Speisekarte kompensiert werden könne, dann sei dies "irreführend und das Papier nicht wert, auf dem es steht".

Private Betreuung? Tagespflege müsse zur Entlastung berufstätiger Angehöriger ausgebaut werden, und Einmalleistungen wie Kurzzeitpflege sollten flexibilisiert werden. Und der Pflegebedürftigkeitsbegriff? Der braucht laut Laumann dringend eine neue Definition. Aber: "Das geht nicht von heute auf morgen." Daran, sich auf leichtem Wege Sympathien bei irgendeiner Publikumsgruppe zu sichern, schien Laumann ohnehin gänzlich uninteressiert. Nicht nur Politik und Verwaltung, auch den anwesenden Pflegefachleuten trat er – vor allem im Bereich Verantwortlichkeiten – wiederholt konfrontativ entgegen. Löhne? "Werden nicht von der Politik festgelegt", stellte Laumann klar und sorgte für irritiertes Zucken in manchem Gesicht, als er erklärte, dass Pflegekräfte in anderen Bundesländern nicht nur weniger verdienen, sondern ihre Ausbildung teils auch selbst bezahlen müssen.

Bürokratieabbau? Wer diesen fordere, müsse auch den "Mumm in den Knochen haben, neue Administrationsmodelle umzusetzen". Die Politik, so Laumann, sei nur Wegbereiter, "die Einrichtungen sind Sie." Und von diesen mag sich nach Aussage des CDU-Mannes manche nicht gerne in die Karten der internen Geld- und Mittelverteilung schauen lassen – dank Hochglanzbroschüren und wolkiger Werbung werde allzu oft auch von der Branche selbst ein falsches Bild von Pflege gezeichnet. Aber, so Laumann: "Das ist kein schöner Lebensabschnitt."

In der abschließenden Diskussionsrunde erhielt Laumann verschiedentlich Dank und Respekt. "Es hat mir imponiert", erklärte Waltraud Lumpp vom Arbeitskreis Psychiatrie. Freudenstadts Dekan Werner Trick warf den Ball am Schluss wieder in Richtung Politik: Würde und Wertschätzung in der Pflege seien nur mit der entsprechenden Zeit möglich, erklärte Trick mit Blick auf minutiöse Leistungstaktung. "Ich bitte Sie, sich dafür einzusetzen."