Nachmittags liegt der Schulhof friedlich da. Der Vormittag bringt gerade die Gemüter zum Kochen – mit der Frage, wann denn der Unterricht beginnen soll. Foto: Eberhardt

Schulstart soll von 7.15 Uhr auf 8 Uhr verlegt werden. Frohe Botschaft löst Empörung aus. Informationsabend am 6. Mai.

Pfalzgrafenweiler - Umgekehrt wird ein Schuh draus: Seit Jahrzehnten werden die frühen Schulanfangszeiten in Pfalzgrafenweiler bemängelt. Nun hoffte man, die glückliche Lösung gefunden zu haben. Stattdessen kocht die Empörung der Eltern.

"Es ist für uns alle eine große Überraschung", meint Realschulleiterin Angela Zepf, als sie auf die unerwartete Entwicklung des Themas angesprochen wird. In der jüngsten Gemeinderatssitzung hatte eigentlich verkündet werden sollen, dass die Lösung für ein Problem gefunden ist, das Schule, Gemeinde und Eltern – scheinbar – seit Jahrzehnten begleitet. Pfalzgrafenweiler hat den frühesten Schulstart weit und breit. Dieser könnte nun statt um 7.15 Uhr auf 8 Uhr verlegt werden.

Statt Freude jedoch Empörung. Eine wortstarke Gruppe von Eltern hatte sich bei der Bürgerfragestunde eingefunden. Die Vorwürfe lauteten: Die Pläne entsprächen nur den Interessen einzelner Eltern, und man sei vorher nicht informiert worden. Ein Thema also, das ad hoc vom Himmel fiel? Offenbar nein – und darin liegt das Problem: Die Schulzeiten-Diskussion in Pfalzgrafenweiler wird schon so lange geführt, dass sie schon nicht mehr in allen Köpfen präsent ist. Als die Rektorinnen Sarah Schatz und Angela Zepf vor drei beziehungsweise zwei Jahren in Dienst traten, lag das Thema schon als alte Aufgabe auf dem Tisch. Auch in der Gemeindeverwaltung war es über die Jahre mitgetragen worden. Das Problem: Pfalzgrafenweilers Schulbusverkehr ist an das Liniensystem angeschlossen, Änderungen sind schwer möglich und haben weitreichende Folgen.

Als Anfang des Jahres endlich der Durchbruch gelang, meinten alle Beteiligten, die optimale Lösung gefunden zu haben. "Wir dachten, wir kriegen die frohe Botschaft hin", meinte Angela Zepf. Stattdessen: ein Aufschrei unter Teilen der Elternschaft – und viele überraschte Gesichter. Inzwischen ist das Thema so hochgekocht, dass Schule und Gemeinde zu einer öffentlichen Informationsveranstaltung laden.

Eine unglückliche Verkettung bester Absichten – so scheint es – hat zu dem geführt, was ein kleines kommunales Politikum zu werden droht. Als nach den Verhandlungen mit den Busunternehmern eine Lösung auf dem Tisch lag, stimmte in der Grund- und Werkrealschule umgehend die Schulkonferenz ab. "Wir sind davon ausgegangen, dass alle es wollen", erklärt Peter Laschinger, der just zum Höhepunkt der Debatte die kommissarische Schulleitung übernommen hatte. Von allen Seiten sei man sich einig gewesen: "Jetzt haben wir die Chance." Elternbeiratsvorsitzende Susanne Burkhardt kann die Wendung ebenfalls nicht ganz nachvollziehen: "Das Thema haben wir schon seit vielen Jahren rumgetragen."

In der Realschule hatte das Thema bei Elternabenden eingeschlagen wie eine Bombe. Mit einem Elternbrief vor den Osterferien sollte daraufhin Aufklärung geschaffen werden. Das Thema Schulkonferenz wurde erst mal nach hinten gelegt. Stattdessen bekam der Gesamtelternbeirat Zeit zum Tagen, und dort fiel schließlich der mehrheitliche Beschluss: Die bestehenden, lange kritisierten Schulzeiten sollen bleiben. "Die Acht-Uhr-Regelung ist überhaupt nicht elternfreundlich", erklärt Elternbeiratsvorsitzende Nicole Stickel. Aber auch sie räumt ein: Jahrelang habe man den Eindruck gehabt, dass der spätere Start allgemein gewünscht sei. "Jedes zweite oder dritte Jahr kam im Elternbeirat die Frage: Warum fangen wir so früh an?" Angesichts der Vorwürfe bezüglich der Entscheidungsprozesse betont Stickel zudem: "Unsere Rektorin hat sich völlig korrekt verhalten."

Kopfschütteln also jetzt auf allen Seiten. Peter Laschinger mag sich als neuer Kämpfer im Feld nicht zu Hintergründen, Vorwürfen und Entwicklungen äußern. Angela Zepf versucht die Sache so zu erklären: Was für Schulleitung und Gemeinde ein jahrzehntealtes Dauer-Thema schien, war bei den Eltern inzwischen offenbar aus der Wahrnehmung gerutscht. Die einen suchten eine Lösung für ein Problem, das für andere schon keines mehr war – und jetzt aber mit Karacho eines wurde. Dabei sei ein so früher Schulstart nachgewiesenermaßen gar nicht gut für Kinder, erklärt Zepf. "Der biologische Rhythmus läuft anders."

Allerdings, so scheint es, nicht der Rhythmus in den Familien. Mit dem späteren Schulstart würde sich unter anderem die Mittagspause verkürzen. Buskinder hätten keine Chance, vor dem – in der Regel zweimal pro Woche stattfindenden – Nachmittagsunterricht zum Essen heimzufahren. In anderen Gemeinden ist dies seit Generationen Normalität, in Pfalzgrafenweiler aber offenbar für viele indiskutabel. Nicole Stickel nennt noch einen weiteren Punkt: Viele berufstätige Eltern müssten um acht Uhr bereits bei der Arbeit sein und brauchen deshalb den frühen Schulstart.

Mit einem großen Informationsabend für alle Betroffenen am Mittwoch, 6. Mai, ab 18 Uhr in der Festhalle soll das Thema nochmals umfassend diskutiert werden. Was danach folgt? Das wird man sich in Schulen und Gemeinde wohl noch überlegen. Angela Zepf meint: "Ich bin jetzt erst mal gespannt, wie viele kommen."