In zweitem Heizkraftwerk in Pfalzgrafenweiler soll auch Industrieholz verbrannt werden / Gemeinderat diskuttiert

Von Tina Eberhardt

Pfalzgrafenweiler. Die Firma Bioenergie Pfalzgrafenweiler will ein zweites Bioheizkraftwerk errichten. Nur: Dort soll auch Industrieholz verbrannt werden. Doch im Gemeinderat fragt man sich: Ist das in Ordnung? Und darf man sich dann noch "Bio" nennen?

CDU-Gemeinderat Siegfried Neub war als Antragsteller vom Ratstisch abgerückt, doch als Bürgermeister Dieter Bischoff das Plazet gab, wurde er von seinen Kollegen eifrig mit Fragen eingedeckt. In der Sache an sich mochte niemand an dem Bauvorhaben rütteln.

In einer Halle in der Heinkelstraße 9, Teil des Bebauungsplans "Schollenrain II", soll ein weiteres Bioheizkraftwerk gebaut werden. Dieses soll helfen, den steigenden Wärmebedarf im Nahwärmenetz zu decken und die bestehenden Anlagen zu entlasten, heißt es im Antrag. Geplant ist die Erzeugung von Strom und Warmwasser, wobei das neue Heizkraftwerk vorwiegend zur Deckung der Mittellast und während Ausfallzeiten zum Einsatz kommen soll. Geplant ist der Betrieb während acht bis zehn Monaten im Jahr.

In Sachen Immissionen liegt das Bauvorhaben im grünen Bereich – das bestätigte das Landratsamt. Auch der Anlieferungsverkehr wird kein Problem darstellen. Zwei bis drei Lastwagenfuhren pro Tag werden voraussichtlich zwischen dem Hauptstandort der Bioenergie in der Dieselstraße und dem neuen Werk in der Heinkelstraße pendeln. Auch aus dem Bebauungsplan ergäben sich keine Einwände, ein solches Vorhaben im Gewerbegebiet umzusetzen – stünde da nicht das Wort "Industrieholz" im Antrag.

Die Verbrennung von Industrieholz – das in vier Klassifizierungsstufen unterteilt vom einfachen Verschnitt bis hin zum stark behandelten Abbruchholz reicht – ist laut Bebauungsplan eigentlich nur den holzverarbeitenden Betrieben in Pfalzgrafenweiler gestattet. Doch diese will man bei der Bioenergie gerade entlasten, in dem man deren überschüssige Restmasse abnimmt und einer nochmaligen sinnstiftenden Nutzung zuführt. "Kaskadennutzung", erläutert Siegfried Neub die Philosophie hinter der Vorgehensweise. Zudem möchte er in der Anlage keineswegs schwer belastete Restmassen verwerten, sondern nur Industrieholz bis Klasse zwei, was etwa noch Furnierstücke beinhaltet. Außerdem soll der Industrieholzanteil an der gesamten Brennmasse nicht über 35 Prozent liegen.

Die Bedenken im Gemeinderat erwiesen sich jedoch als erstaunlich facettenreich. Von Befürchtungen, ob man damit dem groß angelegten Industrieholzimport von außerhalb die Tür öffnen könnte, bis zur Frage, ob die Anlage dann grundsätzlich überhaupt noch den Titel "Bio" tragen dürfte, reichte die Debatte.

Karin Vischer (CDU) ließ sich zum besseren Verständnis die Hintergründe von Neubs Ansinnen erläutern. Industrieholz sei trocken und fördere eine gute Verbrennung, erklärte Neub. Außerdem sei es doch besser, überschüssiges Material im Ort zu verbrennen als woanders hinzufahren. Adolf Gärtner (FWV) war anderer Meinung. Er sah nämlich die Klassifizierung Pfalzgrafenweilers als Luftkurort gefährdet und betrachtete die Zulassung von Industrieholz als Verbrennungsmaterial als "Kehrtwende". Kurt Kirschenmann (SPD) hingegen hielt diesen Denkweg für "nicht ganz richtig". Es würde in Pfalzgrafenweiler auch später nicht mehr Industrieholz verbrannt, so seine Rechnung. Denn tatsächlich soll im Bioheizkraftwerk vor allem das verfeuert werden, was ansonsten bei den benachbarten Holzunternehmen durch den Schornstein gehen würde.

Am Ende erwies sich die Debatte ohnehin als müßig. Denn dank eines rigiden Bebauungsplans muss erst geklärt werden, ob es im Falle einer Industrieholzgenehmigung mit einer einfachen Freistellung getan wäre oder ob gleich der ganze Bebauungsplan geändert werden muss. Immerhin brachte es der Gemeinderat am Ende zu einem einstimmigen Beschluss: Das Bioheizkraftwerk in der Heinkelstraße darf gebaut werden. In den Feuerkessel darf allerdings vorerst ausschließlich naturbelassenes Holz.