"Eine Riesenschweinerei!", empört sich Achim Klumpp vom Greifvogelschutz Nordschwarzwald. In seiner Hand hält er den über eine vergiftete Taube getöteten Wanderfalken. Foto: Haas

Unbekannter vergiftet artengeschützten Wanderfalken mit präpariertem Vogel. Nur fünf Paare im Kreis.

Pfalzgrafenweiler-Kälberbronn - Achim Klumpp, seit 30 Jahren im Greifvogelschutz engagiert, schäumt vor Wut: Auf einem Waldweg in Kälberbronn wurde ein toter Wanderfalke gefunden. Das Tier wurde vergiftet. Wanderfalken stehen, wie alle Greifvögel, unter Artenschutz. Im Kreis gibt es nur etwa fünf Paare.

Ein Spaziergänger hatte den weiblichen Wanderfalken bereits vor neun Tagen entdeckt. Nach Ermittlungen der Polizei ist der Greifvogel an dem Schlafmittel Chloralose verendet. Ein Unbekannter hatte eine Taube als Köder präpariert und deren Genickgefieder mit dem tödlichen Schlafmittel eingeschmiert, wie das Tierhygienische Institut Freiburg feststellte. Dies konnte anhand der für Chloralose typischen rosa Verfärbung an mehreren Federn im Schnabel des toten Falken nachgewiesen werden, berichtet die Polizei. Das abschließende toxikologische Ergebnis wird im Laufe dieser Woche erwartet.

Die ermittelnden Beamten des Sachbereichs Gewerbe- und Umwelt des Polizeipräsidiums Tuttlingen sowie die Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz gehen davon aus, dass der Täter gezielt mit dem Schlafmittel versehene Tauben aussetzt, um Greifvögel zu vergiften.

"Wanderfalken sind Bisstäter", erklärt Achim Klumpp vom Greifvogelschutz Nordschwarzwald im Gespräch mit unserer Zeitung. "Sie töten die Tauben durch einen Genickbiss und fangen an dieser Stelle auch an, die Tauben zu rupfen." Da neben Wildtauben auch gezüchtete Tauben auf dem Speiseplan von Wanderfalken stehen, sind sie Taubenzüchtern ein Dorn im Auge. "Auch diesmal war der Köder eindeutig eine Brieftaube, wie am Gefieder klar zu erkennen ist", sagt Klumpp. Im Moment gebe es deutschlandweit mehrere Vergiftungsfälle – alle richteten sich gezielt gegen Wanderfalken. In Fachkreisen gehe man von einer hohen Dunkelziffer aus, da getötete Greifvögel oft nicht gefunden werden. Klumpp zufolge gibt es derzeit maximal fünf Wanderfalkenpaare im Kreis Freudenstadt – in welchen Gebieten ihre Horste liegen, will er nicht sagen. Vor 40 Jahren waren Wanderfalken in Baden-Württemberg fast ausgestorben, inzwischen ist ihr Bestand wieder stabil.

Am Fundort des 2009 im Glottertal (Südschwarzwald) beringten und nun in Kälberbronn verendeten Wanderfalken fanden die Ermittler auf einer Länge von rund 20 Metern noch weiteres, zum Teil rosa gefärbtes Kleingefieder. "Vermutlich verzehrte inzwischen ein weiteres Tier die Taube und verendete ebenso", so die Polizei. Die Ermittler schließen ebenfalls nichts aus, dass weitere Tauben mit Gift beschmiert wurden.

"Für mich war gleich klar, dass der Vogel vergiftet wurde – so wie er aussah", sagt Achim Klumpp, der früh informiert wurde und bei der Polizei Anzeige erstattet hat. Zusammen mit Dieter Haas, Leiter des Nabu-Zentrums in Albstadt, hat er das tote Tier untersucht. Haas fand im Magen des Tiers einen Giftcocktail aus nur vier Gramm verfärbtem Gewebe und Federn.

Die Polizei warnt Spaziergänger, Familien mit Kindern sowie Hundebesitzer davor, kranke Tauben oder sonstige tote Tiere anzufassen oder sogar aufzuheben. Unvorsichtiger Umgang mit den giftbehafteten Kadavern könne zu schweren Schädigungen bei Mensch und Tier führen.

Wer einen toten Greifvogel entdeckt, kann sich mit der Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz, mit Achim Klumpp vom Greifvogelschutz Nordschwarzwald, Telefon 0177/369 11 15, oder mit der Polizei in Verbindung setzen.