Die Karte in den Händen von Gebietsleiter Harald Langeneck (rechts) und Revierleiter Stefan Krämer lässt die zerstörerischen Dimensionen von Sturm "Lothar" nach 15 Jahren wieder lebendig werden. Foto: Eberhardt Foto: Schwarzwälder-Bote

Gemeinderat auf Waldbegang: Auf "Lothar"-Flächen steht ein junger Nadelurwald / Erstdurchforstung rückt näher

Von Tina Eberhardt

Pfalzgrafenweiler. Vor 15 Jahren riss Sturm "Lothar" den halben Gemeindewald um. Jetzt rückt die Erstdurchforstung näher. Und die wird einige Herausforderungen mit sich bringen, wie der Gemeinderat beim Waldbegang erfuhr.

Die Karte, die Forstgebietsleiter Harald Langeneck vor der Gruppe Gemeinderäte in die Höhe hält, sieht aus wie die Darstellung eines Katastrophengebiets. Und letzten Endes ist sie das auch. Fast geschlossen ziehen sich rote Farbkleckse über die Karte – sie markieren die Flächen, auf denen nach Weihnachten 1999 nichts mehr stand.

Blickt man heute um sich, scheint es schwer zu glauben. Statt zerborstener Holzstämme ragt auf den ehemaligen Sturmflächen ein junger Nadelurwald in die Höhe – so dicht, dass man schon nach dem ersten Meter im Unterholz stecken bleibt.

Dieser Urwald ist es auch, der Forstrevierleiter Stefan Krämer sichtlich ins Grübeln bringt. Auf einer alten Rücke-gasse haben er und Harald Langeneck die Gemeinderäte ins Distrikt Hochholz geführt. Links und rechts von der Gasse käme man wohl bestenfalls mit Axt und Machete durch. Aber mit einem Vollernter? Kaum vorstellbar. Für Stefan Krämer ist daher auch die allumfassende Frage: "Wie machen wir es forsttechnisch?"

Denn bald steht die Erstdurchforstung an, und dann müssen die Investitionen getätigt werden, die der Gemeinde bislang erspart blieben. Nach dem verheerenden Sturm hatte man beschlossen, die Fläche der Selbstregulation zu überlassen, in der Hoffnung, damit bessere Baumqualität zu erzielen. Für die Gemeinde war das besonders dahingehend erfreulich, als dass diese Bäume – wenn sie nichts anderes tun als wachsen – über viele Jahre kein Geld kosten. Aber bald kommt eine Zeitenwende, erklärt Stefan Krämer: "Hier steht der Bestand der Zukunft." Und der muss jetzt erschlossen und zugänglich gemacht werden.

Ein erstes Problem bilden dabei die Rückegassen. Aufgrund der hohen Bodenbelastung beim Maschineneinsatz ist für Forst und Gemeinde Priorität, dass die alten Gassen wieder genutzt werden. Doch die müssen erst einmal gefunden und freigeschnitten werden. Und Adolf Gärnters (Freie Wähler) nicht ganz ernst gemeinte Vision, für die nächsten Jahre einfach jeden Gemeinderat mit Kettensäge auf den Sonntagsspaziergang zu schicken, brachte zwar Heiterkeit in Krämers Überlegungen – doch die flächendeckende Problemlösung bietet der Ansatz nicht. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass insgesamt 200 Hektar ehemaliger Sturmfläche von dem Problem betroffen sind. "Wir haben noch nicht das allein selig machende Mittel gefunden", räumt Harald Langeneck ein, der sich in anderen Revieren bereits Lösungen mit kleineren Maschinen und Harvestern angeschaut hat.

Fest steht: Die Jahre, in denen man dem Wald einfach nur kostenlos beim Wachsen zuschauen musste, sind vorbei. Und Forstrevierleiter Stefan Krämer versucht, in verschiedenen Varianten die Botschaft zu platzieren, vor deren Wirkung ihm offensichtlich recht unbehaglich ist: "Die Kosten, die wir bislang nicht hatten, werden wir beim ersten Eingriff in die Hand nehmen müssen."

Krämers Sorge um die Wirkung dieser Prognose ist allerdings unbegründet. Dass der Tag kommen würde, darüber schien sich jeder im Gemeinderat klar zu sein. "Wir müssen jetzt eben auch Investitionen für die Zukunft machen", fasst Oliver Döttling (FWV) den Rückhalt für das Notwendige zusammen.

Wie die Zukunft operativ aussehen wird, diese Frage wird Stefan Krämer aber noch auf lange Zeit beschäftigen. Allein die Kartierung der unregelmäßigen und verstreut liegenden ehemaligen Sturmwurfflächen für die Fäll-Trupps wird eine Puzzleaufgabe für Fortgeschrittene. Von den technischen Herausforderungen ganz zu schweigen. Und ganz so bedenkenreich, wie es zunächst schien, will Krämer die Aufgabe auch nicht stehen lassen. Denn eigentlich darf man sich angesichts des Urwalds vor allem auf die Zukunft freuen. "Bis in zehn Jahren", schätzt er, "stehen wir hier wieder voll in der Produktion."