Windkrafträder in der Nähe ihres Pferdehofs in Neunuifra will Antonia Kaupp verhindern Foto: Ebener Foto: Schwarzwälder-Bote

Pferdehofbesitzerin Antonia Kaupp aus Neunuifra kämpft gegen geplante Anlagen auf Salzstetter Gemarkung

Von Lena Müssigmann

Waldachtal/Pfalzgrafenweiler. Antonia Kaupp hat die Ruhe in Neunuifra zur Marke ihres Pferdehofs mit Ferienwohnungen gemacht. Ein möglicher Windkraftstandort im Altheimer Heiligenwald, wenige Hundert Meter entfernt, bedrohe ihre Existenz, sagt sie, und lehnt sich dagegen auf.

Antonia Kaupp steht auf der Pferdekoppel hinter dem Haus. Sie schaut über ihr Haus und den Stall hinweg hinauf Richtung Wald. Sollten dort tatsächlich bald Windräder kreisen, was hieße das für ihren Hof? "Wir würden das wupp, wupp, wupp der Rotoren hören", sagt sie. Nicht zu hören oder zu sehen sei sogenannter Infraschall (siehe Infokasten), der von Windrädern ausgeht. Antonia Kaupp sieht darin eine unsichtbare Gefahr, die den Fluchtinstinkt ihrer Tiere auslösen, oder ihr und ihren Feriengästen den Schlaf rauben könnte.

Antonia Kaupps Gedanken kreisen seit Wochen nur noch um das Thema Windräder im Altheimer Heiligenwald und bescheren ihr unruhige Nächte. Der Gemeindeverwaltungsverband (GVV), zu dem Waldachtal, Schopfloch, Dornstetten und Glatten gehören, hat ein Konzentrationsgebiet für Windkraft im Altheimer Heiligenwald auf Salzstetter Gemarkung vorgesehen. Auch das Gebiet Hagenbuch bei Tumlingen ist als Windkraftstandort anvisiert.

Hintergrund ist, dass sich der GVV einen Teilflächennutzungsplan für Windkraft erarbeitet hat, der allerdings noch nicht genehmigt ist. Windkraftprojektierer haben in Waldachtal bereits ihre Idee von drei bis vier Windrädern im Altheimer Heiligenwald vorgestellt. Bislang haben die Projektierer noch keine Gutachten bezüglich Naturschutz, Lärmbelastung und anderen Rahmenbedingungen – aber großes Interesse. Antonia Kaupp ist seit der Gemeinderatssitzung alarmiert. "Es ist zu spät, wenn die Teile stehen", sagt sie. Deshalb hat sie sich der Interessengemeinschaft gegen Windkraftanlagen in Salzstetten angeschlossen, hat Nachbarn über die Planungen informiert, die Bürgermeister von Haiterbach und Pfalzgrafenweiler und die Unternehmer im Haiterbacher Industriegebiet, das Kaupps Angaben zufolge den geringsten Abstand zu den Windrädern hätte.

Antonia Kaupp berichtet: Egal mit wem sie spreche, die Leute fielen aus allen Wolken, weil sie noch nie davon gehört hätten, was da auf sie zukommen könnte. Kaupp hat den Wälderhof in Neunuifra 2002 mit ihrem Mann gekauft und umgebaut, seit 2005 läuft der Betrieb. Kaupp gibt Reitstunden, bietet Geländeritte an – ausgerechnet durch den Heiligenwald, vorbei an den möglichen Windradstandorten. Sie hat vier Ferienwohnungen im Haus und ein Heubett im Stall. "Wir haben Gäste aus ganz Deutschland und dem Ausland, alle kommen wegen der Idylle und Ruhe", sagt sie. Wenn sie heute das Dachfenster einer ihrer vier Ferienwohnungen öffnet, hört man nichts. Nichts als das Zwitschern der Vögel. Die Kaupps haben Fotovoltaikmodule auf dem Haus. Sie befürworte regenerative Energiegewinnung, sagt Antonia Kaupp. Auch mit der Optik von Windrädern könne sie leben. Der mögliche Infraschall macht ihr Sorgen. Antonia Kaupp ist überzeugt: "Die Wellen bringen den Körper in Aufruhr, machen nervös und hibbelig." Es gibt bereits an anderen Windkraftstandorten Betroffene, die von Gesundheitsbeschwerden berichten.

Die Auswirkungen auf den Menschen fallen in Antonia Kaupps Augen in den Windkraft-Genehmigungsverfahren unter den Tisch, das ärgert sie. "Es ist richtig, dass der Rotmilan geschützt wird. Aber wo bleibt der Mensch? Das Verhältnis stimmt nicht." Für sie klingt es nach einem Paradox, dass sich Waldachtal als "das Gesundheitstal im Schwarzwald" brüste und trotzdem Windkraftanlagen bauen wolle.

Heike Finkbeiner von der Bauverwaltung der Gemeinde Waldachtal kündigt auf Anfrage an, dass die Gemeindeverwaltung ihre Bürger demnächst in einer Versammlung informieren wolle, möglicherweise schon im September. Sie hat von den Gegnern der Windkraftanlagen im Heiligenwald den Vorwurf gehört, die Gemeinde habe durch ihren Teilflächennutzungsplan die Projektierer erst in die Region gelockt und auf den Standort aufmerksam gemacht. Finkbeiner entgegnet, dass Windkraftprojektierer immer auf der Suche nach Standorten seien – die Gemeinde wolle mit dem Teilflächennutzungsplan steuernd in die Suche der Projektierer eingreifen und den Bau nur noch in den Konzentrationsflächen erlauben – also im Altheimer Heiligenwald und im Hagenbuch bei Tumlingen. Ohne genehmigten Teilflächennutzungsplan könnte die Gemeinde Waldachtal ein Windrad im Wald über Neu-nuifra momentan nicht verhindern, sofern der Eigentümer seinen Wald verkauft und alle nötigen Gutachten positiv für die Projektierer ausfallen.

Auf dem Weg zur Realisierung der Windräder liegen viele Unwägbarkeiten. Heike Finkbeiner von der Bauverwaltung sagt: "Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Standorte wegen der Rotmilanvorkommen gar nicht genehmigungsfähig sind."

Die Kaupps wollen den Hof erweitern. Sie haben ein benachbartes Grundstück gekauft, auf dem sie einen Stall bauen wollten, um weitere Pferde von Feriengästen unterzustellen. Die Investition schöben sie jetzt erst mal auf die lange Bank, sagt Antonia Kaupp.

Bei Infraschall handelt es sich um tieffrequente Töne, deren Auswirkungen auf den Menschen bislang nicht ausreichend untersucht sind, wie es in einer Studie des Umweltbundesamts heißt.

Dieser Studie zufolge machen bisherige Untersuchungsergebnisse aber deutlich, "dass Infraschall ab gewissen Pegelhöhen vielfältige negative Auswirkungen auf den menschlichen Körper haben kann".

In einer Broschüre der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) heißt es hingegen: "Nach heutigem Stand der Wissenschaft sind schädliche Wirkungen durch Infraschall bei Windenergieanlagen nicht zu erwarten."