Der Bauwagen Pfalzgrafenweiler ist seit 30 Jahren eine feste Anlaufstelle für einen großen Freundeskreis und Ausgangspunkt vielfältiger Aktivitäten. Foto: Privat

Seit 1987 kommen in Pfalzgrafenweiler Menschen zusammen. Großes Fest am Samstag, 18. November.

Pfalzgrafenweiler - Es gibt keine Satzung und auch sonst keine festgeschriebenen Regeln. Im Bauwagen Pfalzgrafenweiler kommen seit 30 Jahren Menschen zusammen, die viel Gemeinsames geschaffen haben und nach wie vor am Laufen halten. Am Samstag, 18. November, wird das 30-jährige Bestehen gefeiert.

Den Flyer für das große Fest "hinter d’r Halle" schmückt eine Skizze, die Alexander Hess vor gut drei Jahrzehnten entworfen hat. Ein großes Feuer, ein noch größeres Bierfass und ein Festzelt geben wieder, was sich schon Ende der 80er-Jahre als Zugpferd erwies.

Dabei ging es in den Anfängen vor allem darum, einen Treffpunkt zu haben. Nachdem die Hütte in Cresbach abgebrannt war, musste ein neuer her. Ein Jugendraum war nicht zu finden, wohl aber ein Bauwagen. Den hatte Bernd "Bast" Henssler aufgetan – und Tobias Landenberger wusste einen Platz "beim Brossle". Wilhelm Bross, der 2006 starb, hatte damals noch die Landwirtschaft und in Tobias Landenberger einen jungen, engagierten Helfer.

Vorreiter in der Region

Es war also 1987, und weder an Internet geschweige denn Facebook oder Whatsapp auch nur zu denken. Und doch wusste man in Pfalzgrafenweiler und Umgebung auch so, wo man fortan mit seinem Mofa oder dem ersten eigenen Auto hinkonnte, um Gleichaltrige zu treffen: in den Bauwagen nach Pfalzgrafenweiler. Da war man unter sich, dort lief Rockmusik, gab es Cola und Bier in die Hand und jemanden zum Schwätzen – und Pläneschmieden. Von dort startete man freitagabends gemeinsam zu Konzerten, in Kneipen, Discos – oder blieb einfach hocken.

"Die Schweiz von Weiler"

In der Rückschau darf der Bauwagen Pfalzgrafenweiler als Vorreiter der sogenannten Bauwagen-Kultur im weiten Umkreis bezeichnet werden. Vielerorts haben sich weitere lose Gruppen in den mobilen Zusammenkünften gebildet. Doch kaum einer dürfte so lange Zeit als kontinuierliche Anlaufstelle gleich nach Feierabend und in einer zweiten Runde ab halb neun abends gehalten haben. Seit der Zwangsumsiedlung des Bauwagens im Zuge des Sporthallenneubaus vor acht Jahren um 100 Meter auf das Gelände, wo einst der Burggraben war, gibt es dafür auch eine offizielle Baugenehmigung und am neuen Standort sogar den Segen vom Denkmalamt.

Es wundert schon, dass sich dieser Treff für eine bunt gemischte Truppe im Alter von einem bis 80 Jahren über drei Jahrzehnte gehalten hat. Mit der befestigten Außenanlage und dem Terrassenofen hat sich drumrum zwar einiges verändert, doch innen ist nahezu alles so geblieben, wie es Karlheinz "Karle" Gaus aus Pfalzgrafenweiler, Jürgen Schwab aus Cresbach, der jung verstorbene Jochen Landenberger, Alexander Hess aus Hörschweiler, Michael Gunkel aus Unterwaldach und Tilo Genkinger aus Pfalzgrafenweiler dereinst eingerichtet hatten.

Zwei Fixtermine im Jahr

All die Jahre ist der Bauwagen immer offen geblieben – in vielerlei Hinsicht. Es gibt zwei feste Termine – den 1.-Mai-Ausflug und seit 2009 das Umzugsfest jeden 3. Oktober – aber keine festen Öffnungszeiten. Und: Ideologien und politische Themen bleiben draußen. "Wir suchen eher das Gemeinsame", stimmt man in der Runde überein: "Als Bauwagen sind wir neutrale Zone und damit so was wie die Schweiz von Weiler". Dabei kreist die Gemeinschaft eben nicht nur um sich selbst, sondern engagiert sich immer wieder ehrenamtlich für andere, etwa mit Spenden für die Stiftung Eigensinn oder auch dem Bau von Spielgeräten für das Schulzentrum. Etliche Bauwagen-Mitglieder sind in örtlichen Vereinen, der Kirche und Feuerwehr aktiv.

Im Bauwagen mit dem kleinen Bollerofen rückt man zusammen, wenn einer dazu kommt, reicht die Getränke weiter und nimmt sich gegenseitig nicht zu ernst. Rund 50 Leute zählen zum festen Bauwagen-Stamm. Geschichten gibt es viele, und die gemeinsamen Erinnerungen etwa an die großen Bauwagen-Feste an der B 28 mit echten Chaoten-Bands wie Gypsy Moth wärmen bis heute. Dabei ist allen klar: Der Bauwagen hat eine eigene Geschichte, zu der viele Menschen gehören – und die hier in einem geschützten Rahmen erhalten bleibt.

Das Fest zum 30-jährigen Bestehen soll dann auch alle mal wieder zusammenbringen: an einem Lagerfeuer, mit Live-Musik, DJ Fritzle, einer Bar und beheiztem Festzelt. Beginn ist um 20 Uhr.

Seite 2: Historische Konstante

(ria). Seit acht Jahren steht der Bauwagen Pfalzgrafenweiler auf historischem Grund: Mit dem Neubau der Sporthalle wurde der Stellplatz auf dem Gelände der ehemaligen Landwirtschaft zwischen Ortsdurchfahrt und Schulzentrum für die Arrondierung des großen Parkplatzes benötigt. Tobias Landenberger, der zwischenzeitlich die Landwirtschaft von Wilhelm Bross übernommen hatte, stellte das Gelände für den Parkplatz der Halle zur Verfügung. Im Gegenzug konnte der Bauwagen – der ja eine gewisse Mobilität als Vorzug mit sich bringt – nach 22 Jahren um gut 100 Meter verstellt werden. Jetzt hat er seinen Platz auf dem Gelände der Burg Wylare gefunden, die im 12. Jahrhundert als Eigentum des Pfalzgrafen von Tübingen urkundlich erwähnt wird. Der Adlige unterhielt die aus Holz errichtete Burg als Jagdsitz.

Mit dem neuen Stellplatz rückte der Bauwagen 2008 in den Blickpunkt von Bauamt und Denkmalamt. Letzteres schickte einen Professor mit dem Bus von Karlsruhe nach Pfalzgrafenweiler, der sich den ehemaligen Burggraben ansah und die von den Bauwagen-Männern errichtete und durchaus als repräsentativ wahrnehmbare Sandsteinmauer begutachtete.

Mit dem Landratsamt entspann sich eine intensive Korrespondenz, in der dem zuständigen Bauamt dargelegt werden konnte, dass es bei dem Bauwagen Pfalzgrafenweiler um eine Sache mit Hand und Fuß und vor allem um ein großes Anliegen vieler unterschiedlicher Menschen geht, die sich hier seit Jahr und Tag treffen.

Heute, acht Jahre nach dem Umzug, kann festgestellt werden: Mit der offiziellen Genehmigung der Behörden erlebt der – aus der Vogelperspektive bis heute gut erkennbare – Burghügel eine echte Renaissance. Zwar spielt die Jagd hier so gut wie keine Rolle mehr. Gleichwohl bleibt der historische Ausgangspunkt der Gemeinde Pfalzgrafenweiler als echter Gestaltungsort und lebendiger Treffpunkt frei zugänglich und erhalten.