Im Bodensee gibt es einiges zu entdecken, wie zum Beispiel alte, verrostete Fahrräder, ... Foto: dpa

Ganze Schiffe sollen es sein, Autowracks und Hubschrauberteile, Fliegerbomben und anderes Kriegsgerät. In den Tiefen des Bodensees soll allerhand herumliegen. Sogar von einem Panzerwrack sprechen Gerüchte. Doch was findet man wirklich da unten im Wasser?

Konstanz/Friedrichshafen - Gert Meichle hat schon einiges in seinem Netz gehabt. „Sonnenbrillen, Besteck, Geldbeutel“, sagt er. Manchmal zieht der Berufsfischer aus Friedrichshafen aber statt Felchen, Kretzern oder Saiblingen auch gefährlichere Sachen aus dem Bodensee. „Bomben, Munition und Handgranaten habe ich auch rausgeholt.“ Vor allem Phosphorbomben dürften Meichle und seinen Fischerkollegen jedes Mal einen Schreck einjagen: Bis zu anderthalb Meter lang können sie sein. „Nett ist das nicht grad“, sagt der 51-Jährige. „Man weiß ja nicht, ob die Sachen noch funktionieren.“

Vor allem der Zweite Weltkrieg hat Spuren im Bodensee hinterlassen: „Zum Teil wurden die Sachen im See entsorgt, als sich die Wehrmacht zurückzog, zum Teil rührt es von Kampfhandlungen her“, sagt der Leiter des Kampfmittelbeseitigungsdienstes aus Stuttgart, Peer Müller. „Gerade bei Bomben war die Zielgenauigkeit damals noch nicht so groß - daher ist einiges in den See gefallen.“ Zudem sei die Blindgängerquote bei den Bomben der Alliierten sehr hoch. „Das heißt, jede sechste Bombe ist nicht detoniert.“

Die meisten Funde im Bodensee würden durch Zufall entdeckt. „Wir haben aber auch schon auf Luftbildern nachgeschaut, ob auf dem Seegrund Bombentrichter zu erkennen sind“, sagt Müller. „An Land werten wir beispielsweise Luftbilder aus, die die Alliierten im Zweiten Weltkrieg nach den Angriffen gemacht haben.“ Funde, die sehr tief im See lägen, müssten nicht sofort geborgen werden, sagt Müller. „Das ist auch technisch sehr schwierig. Entscheidend ist dabei aber, dass niemand herankommt, beispielsweise auch Sporttaucher.“ Auch eigene Taucher sowie Kollegen der Wasserschutzpolizei könnten nicht viel weiter als 30 Meter in die Tiefe gehen.

Allerdings müsse man die Kriegsrelikte in der Tiefe im Auge behalten, da beispielsweise Hüllen von Granaten durchrosten könnten, so dass der Sprengstoff ins Wasser gelangt. „Das ist nicht gerade gesund“, sagt Müller. „Anders sieht es natürlich aus, wenn die Granaten so tief in den Seegrund eingedrungen sind, dass kein Sauerstoff mehr rankommt. Kollegen aus der Schweiz haben mal in einem See aus 300 Metern Tiefe Granaten geholt, die in den 60er Jahren versenkt wurden - die haben fast ausgesehen wie neu.“

In den 60er Jahren wurden Teile eines Flugzeug-Motors aus dem See geborgen

Neben gut dokumentieren Funden wie beispielsweise dem Wrack eines Schaufelraddampfers, der 1864 vor dem Schweizer Ufer unterging, existieren auch zahlreiche mehr oder weniger belegte Geschichten. Ganze Schiffe liegen demnach im Wasser, aber auch Autowracks und Hubschrauberteile. Selbst ein Panzerwrack vermuten manche in den Tiefen des Sees. „Bei verborgenen Schätzen in Seen sind die Grenzen zwischen historischen Fakten und modernen Sagen fließend“, sagt der Archivar des Dornier Museums in Friedrichshafen, Ingo Weidig. „Dadurch ist es für uns als Wissenschaftler immer ein bisschen schwierig, diese Sachen auseinanderzuhalten und auf ihren wahren historischen Gehalt hin abzuklopfen.“

Eine dieser Geschichten sei beispielsweise die vom sogenannten „Cognac-Bomber“. Demnach stürzte im Zweiten Weltkrieg ein mit Alkohol beladenes Flugzeug über den Bodensee ab - auf dem tiefen Grund lagern nun angeblich noch die Kisten mit dem mehr als 60 Jahre alten Cognac. „Das wäre cool, wenn man die finden würde - da hätte man zumindest ein kleines Sparpolster“, sagt Weidig schmunzelnd. „Aber das ist eine Geschichte, die man höchstwahrscheinlich ins Reich der Legenden verbannen muss.“

Sicher sei dagegen die Existenz von drei Flugzeugen, die im Jahr 1944 vor Immenstaad versenkt wurden. „Im Stadtarchiv Friedrichshafen gibt es ein Luftaufklärungsfoto der britischen Royal Airforce vom 24. Februar 1944“, sagt Weidig. Darauf seien drei Flugboote zu sehen, die dort vor Anker lagen. „Sie wurden bei einem Nachtangriff vom 7. und 8. April 1944 versenkt.“

In den 60er Jahren wurden Teile eines Motors aus dem Bodensee geborgen. Inzwischen könne man davon ausgehen, dass es sich bei einem der Triebwerke um einen „Wright Cyclone“ handelt, der bei einem sechsmotorigen Flugzeug namens „SE 200“ eingesetzt wurde. „Das zweite größere Flugzeug muss eine Do 24 gewesen sein.“ Das dritte Flugzeug bleibe dagegen bislang ein Rätsel. „An dem sitzen wir immer noch an langen Winterabenden“, sagt Weidig.