Nebenerwerbswirt Thorsten Kühlmann sieht sich zu Unrecht des Schächtens verdächtigt. Er wehrt sich gegen anonyme Beschuldigungen. Foto: Bausch

Nebenerwerbslandwirt anonym wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten bei Behörden angezeigt.

Ostelsheim - "Ich habe mich nach langen Gesprächen mit meiner Frau entschieden, mit der Schafhaltung weiterzumachen", sagt Thorsten Kühlmann. Noch vor wenigen Tagen hat er mit seiner Nebenerwerbslandwirtschaft aufhören wollen, weil es massive Probleme gegeben hatte.

Aus dem Verborgenen heraus agierende Mitbürger hatten ihn beim Veterinäramt mit der Begründung, angezeigt, dass es auf seinem etwas außerhalb des Ortes gelegenen Hof nicht ordnungsgemäß zugehe. Vor allem wurde ihm wiederholt in anonymen Briefen an die zuständige Behörde, das Calwer Landratsamt, und an das örtliche Bürgermeisteramt zur Last gelegt, auf seinem Hof würden verwesende Tierkadaver herumliegen. Zudem würde er schwarz schlachten und dabei schächten, ohne die Tiere vorher angemessen zu betäuben. Da der Schaf-, Rind- und Ziegenhalter solche Anschuldigungen schon mehrmals in den vergangen Jahren erlebt hat, nahm er sie zunächst gar nicht richtig ernst.

Derzeit noch in Bearbeitung

"Unsere Veterinäre sind entsprechenden Meldungen nachgegangen", bestätigte Anja Härtel, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Landratsamt, auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten. Dabei seien Feststellungen getroffen worden, die auf Verstöße hinweisen. "Wir befinden uns diesbezüglich derzeit aber noch in der Bearbeitung", so Härtel weiter.

"Ich wusste, dass es Menschen gibt, die mir als Quereinsteiger in der Landwirtschaft meinen Erfolg bei der Schafhaltung neiden", sagte Kühlmann im Gespräch mit unserer Zeitung. Oft seien in der Nacht seine Elektrozäune umgelegt worden. Dies wohl, damit seine wollenen Herdentiere flüchten, auf anderen Flächen weiden und ihn dadurch in Schwierigkeiten bringen.

Vor wenigen Tagen standen Vertreter des Calwer Veterinäramtes in Begleitung von Polizeibeamten bei Familie Kühlmann vor der Tür. "Ich wurde abends um 18 Uhr von zwei Vertreterinnen des Amts auf meinen Hof gebeten, da eine Betriebskontrolle durchgeführt werden sollte", berichtete der Nebenerwerbslandwirt.

Die unglaubliche Anschuldigung habe gelautet, dass er für muslimische Mitbürger nach deren rituellen, religiösen Regeln Schafe geschächtet, also ohne die gesetzlich vorgeschriebene vorhergehende Betäubung, geschlachtet habe. Bei dieser von Tierschützern immer wieder heftig kritisierten Schlachtweise wird den Tieren bei vollem Bewusstsein die Kehle durchgeschnitten und das Opfertier durch die sich anschließende Entblutung getötet.

22 frisch konservierte Felle gefunden

Durch den privaten Verkauf des Lammfleisches ohne die notwendige Genehmigung und die Fleischbeschau durch einen Tierarzt habe er zusätzlich gegen geltende Vorschriften verstoßen, lautete der Vorwurf der kontrollierenden Tiermediziner.

Die Behördenvertreter fanden im Schlachtraum des Schafhalters 22 frisch konservierte Schaffelle, deren Herkunft er erklären sollte. Kühlmann schilderte ganz offen, wie er zunächst versucht habe, sich herauszureden. Es käme immer wieder vor, dass man kranke Tiere schlachten müsse. Das Fleisch würde portionsweise eingefroren und an seinen Hütehund verfüttert. Außerdem habe er auch Tiere für den Eigenbedarf geschlachtet. Kühlmann zeigte den Veterinären einen professionellen Schlachtbolzen, mit dem er die Schafe vor dem Schlachten immer betäube.

"Da keine Begleitpapiere für die Felle da waren, entschied ich mich ziemlich schnell, die Wahrheit zu sagen", sagte der Ostelsheimer. Dies auch deshalb, weil er seiner gesetzlichen Verpflichtung, ein Bestandsregister zu führen, nicht ordnungsgemäß nachgekommen war.

Die Veterinäre machten Kühlmann darauf aufmerksam, dass es auf seinem Hof vor einigen Jahren schon einmal ähnliche Unregelmäßigkeiten gegeben habe und er damals einen hohen Betrag als Bußgeld zahlen musste. Dies konnte der Beschuldigte nicht bestreiten, zumal es ja auch aktenkundig war. Nur wenige Tage nach der jüngsten Betriebskontrolle muss der Ostelsheimer Nebenerwerbslandwirt erneut mit einer empfindlichen Geldstrafe rechnen.

All das hat ihn jedoch nicht zum Aufgeben bewegen können. "Ich mache weiter, sagte er entschlossen. Zu groß seien die Mühen und auch die Investitionen gewesen. Zudem habe er in den vergangenen beiden Winterhalbjahren die Nebenerwerbsschule in Nagold besucht und mit Erfolg als "Fachkraft für Landwirtschaft" abgeschlossen. "Außerdem macht mir die Arbeit mit den Tieren und die Feldarbeit immer noch großen Spaß", unterstrich er.

"Wer es nötig hat, einen anderen so anzuschwärzen, ist ein armer Mensch", so Kühlmann. Er habe seit seinen landwirtschaftlichen Anfängen im Jahr 2001 immer wieder hart kämpfen müssen, um zu bestehen und mit seinem Betrieb weiter nach vorne zu kommen. Mit der Zeit habe er immer mehr landwirtschaftliche Flächen hinzugepachtet und betreibe auf ihnen wertvolle Landschaftspflege.

Info: rechtliche Vorgaben

(msw). Folgende rechtliche Vorgaben gibt es nach Angaben des Calwer Landratsamts für Schlachtungen:

  Gewerbliche Schlachtungen (dies bedeutet, dass das Fleisch an Dritte außerhalb des eigenen Haushalts abgegeben wird) dürfen nur von entsprechend ausgebildeten Personen und nur in hierfür zugelassenen Räumlichkeiten durchgeführt werden. Dabei müssen bestimmte bauliche sowie hygienerechtliche Anforderungen erfüllt sein. Die Prüfung, Zulassung und regelmäßige Kontrolle der Räumlichkeiten beziehungsweise der Betriebe erfolgt durch das Veterinäramt. Die Schlachtungen sind vorab beim Amtstierarzt anzumelden. Die für den menschlichen Verzehr bestimmten Schlachttiere müssen vor der Schlachtung durch diesen einer Schlachttieruntersuchung (früher: "Lebendbeschau") unterzogen werden, um Tiere mit Erkrankungen auszuschließen. Nach der Schlachtung erfolgt die Fleischuntersuchung (früher: "Fleischbeschau") durch den Veterinär. Hierbei werden das Fleisch sowie die Organe untersucht. Werden dabei Auffälligkeiten festgestellt, müssen weitere Untersuchungen erfolgen, um gewährleisten zu können, dass das Fleisch für den menschlichen Verzehr tauglich ist.

 Fleisch, das von Einzeltieren im Rahmen der Hausschlachtung gewonnen wird und daraus hergestellte Produkte dürfen nur im eigenen Haushalt des Tierhalters verbraucht werden. Eine Abgabe ist weder an Bekannte noch an Verwandte möglich. Auch eine Hausschlachtung muss zur Beurteilung des erschlachteten Fleisches in Bezug auf die Genusstauglichkeit beim amtlichen Tierarzt angemeldet werden.

Generell gilt, dass die Schlachtung sachkundig und tierschutzgerecht durchgeführt werden muss.