Der Ostelsheimer Begräbnischor trägt seit Jahrzehnten zu einer würdigen Bestattung verstorbener Bürger bei. Foto: Bausch Foto: Schwarzwälder-Bote

Vereine: Auflösung des Ostelsheimer Begräbnischors wäre großer Verlust / Tradition währt 70 Jahre

Noch gibt es in Ostelsheim eine bewährte Tradition: Seit rund 70 Jahren existiert ein Begräbnischor in der Gäugemeinde. Doch die Gegebenheiten neuer Zeiten sind an ihm nicht spurlos vorübergegangen.

Ostelsheim. Immer weniger Menschen sind bereit, sich an feste Termine zu binden. Deshalb leidet der Ostelsheimer Chor schon seit Längerem an Nachwuchsmangel. Und so droht jetzt, was anderswo schon eingetreten ist: Den Begräbnischor könnte es schon bald nicht mehr geben. "Es kommen noch rund zehn bis zwölf Frauen und ein bis zwei Männer zu den Proben", sagt Chorleiter Martin Kasper. "Wenn nicht noch bald einige Männerstimmen zu uns stoßen, werden wir aufhören müssen", meint Chormitglied und Organisatorin Gisela Weiss. Sie verweist zudem darauf, dass sich in den vergangenen Jahren die Bestattungskultur stark verändert habe und der Chor mit seinen geistlichen Liedern deutlich weniger angefordert werde.

Musikalischer Ingenieur leitet Ensemble

Der 86-jährige Dirigent macht sich ebenfalls Sorgen um den Chor. Der musikalische Ingenieur aus Gechingen hat nach seinem Eintritt in den Ruhestand eigens Lehrgänge für Chorleitung besucht und den Begräbnischor vor rund 20 Jahren übernommen. Zuvor hatte ihn der Ostelsheimer Werner Gehring lange Zeit erfolgreich dirigiert.

Der Chor trifft sich einmal im Monat zur Probe im evangelischen Gemeindehaus und singt 45 Minuten lang. Anschließend bleiben dann einige noch zum Singen im Gemeindehaus, wo dann gleich der Kirchenchor probt.

Auf Wunsch der Angehörigen singt der Begräbnischor bei Bestattungen. "Dabei spielt es keine Rolle, ob die Feier katholisch oder protestantisch gehalten wird", sagt Weiss. Die Chormitglieder werden mittels einer Telefonkette von den Sterbefällen und den Terminen ihrer Auftritte bei den Aussegnungsfeiern verständigt.

Wie derzeit auch andere Chöre leidet der Ostelsheimer Begräbnischor an Überalterung. Die Sängerinnen und Sänger sind zwischen 56 und 86 Jahre alt. Ausscheidende Mitglieder können schon seit längerer Zeit nicht mehr durch Neuzugänge ersetzt werden. Eine weitere Schwierigkeit ist, dass Bestattungen in der Regel werktags am frühen Nachmittag stattfinden. Zu dieser Zeit können sich Berufstätige kaum frei machen, um mitzusingen.

"Wir mussten in letzter Zeit schon einige Male wegen Erkrankungen unsere Beteiligung bei einer Beerdigung kurzfristig absagen", sagt Weiss. Das sei für sie alle äußerst peinlich gewesen, sagt sie.

"Unsere Chorliteratur stellt keine besonderen musikalischen Anforderungen an die Sängerinnen und Sänger", unterstreicht der Chorleiter. Gesungen würden relativ einfache, drei- und vierstimmige Chorsätze.

Vor Kurzem hat der Chor mit einem Aufruf Gemeindeglieder zum Mitsingen eingeladen. Bisher hat sich noch kein Neuzugang eingefunden. Die treuen Chormitglieder,die zumeist schon jahrzehntelang dabei sind, würden die Auflösung des Chores sehr bedauern und als großen Verlust empfinden. Denn damit würde eine lange Tradition und ein deutliches Zeichen der Zusammengehörigkeit im Ort verloren gehen.