25 Fälle von FSME haben Borde und sein Team im vergangenen Jahr behandelt. Es ist die einzige von Zecken übertragbare Krankheit, gegen die geimpft werden kann. Foto: Rumpenhorst

Experten warnen vor Zecken. Einstichstellen sofort desinfizieren. Parasiten sind auch in Wintermonaten aktiv.

Ortenau - Der Juni zählt zu den Monaten mit der höchsten Zeckenaktivität. Johannes Borde, Leiter der Klinischen Infektiologie am Ortenau-Klinikum Achern, gibt Hinweise zu Diagnose, Behandlung und Vorbeugung.

Jeder kennt, jeder fürchtet sie: Die winzigen Blutsauger, die meist völlig unbemerkt im Unterholz auf Mensch und Tier lauern. Dabei ist ein Zeckenstich (umgangssprachlich auch Zeckenbiss) keineswegs nur lästig. Ist die Zecke mit Borreliose oder Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) infiziert, kann ein eigentlich harmloser Stich gefährlich werden. Besondere Vorsicht ist vor allem in Süddeutschland geboten. Der Ortenau kreis zählt, so der Experte des Ortenau-Klinikums, zu einem der Gebiete in Deutschland mit erhöhtem FSME-Risiko.

Doch nicht alle Zecken sind Träger von Erregern. "Meist bildet sich nur eine harmlose kleine Rötung an der Einstichstelle, ein leichtes Brennen und nach wenigen Tagen ist alles vorbei", berichtet Johannes Borde, Leiter der Klinischen Infektiologie am Ortenau-Klinikum Achern.

Um das Risiko bestimmter Infektionen zu verringern und Entzündungen zu vermeiden, sei es dennoch wichtig, die Zecke möglichst schnell vollständig zu entfernen. Dazu fasst man sie mit einer Pinzette oder einem speziellen Zeckenwerkzeug am Kopf ganz dicht an der Wunde und zieht sie langsam, ohne zu drehen, heraus. Niemals sollte man Öl oder andere Substanzen auf die Zecke träufeln, denn das könnte zu einer Absonderung von Speichel führen. "In jedem Fall ist es ratsam, die Einstichstelle zu desinfizieren und noch eine Weile auf mögliche Veränderungen an der kleinen Einstichstelle sowie das allgemeine Befinden zu achten", sagt Borde.

Zu den zeckenübertragenen Infektionskrankheiten, die in ganz Deutschland vorkommen, gehört die Borreliose. Bei etwa 80 bis 90 Prozent der Erkrankten erkennt man die Borreliose zunächst an der Wanderröte. Ein heller roter Fleck breitet sich dabei von der Einstichstelle nach außen hin aus. "Wer dies bei sich bemerkt oder Zweifel hat, sollte umgehend zu seinem Hausarzt gehen oder zu uns in die Klinik kommen", empfiehlt Borde. Anhand des klinischen Bilds könne der Arzt sofort mit einer antibiotischen Behandlung beginnen. Dadurch ließen sich spätere Stadien der Borreliose vermeiden, die mit der Erkrankung weiterer Organe einhergehen können. Eine weitere, durch Zecken übertragene Krankheit ist FSME. Anders als der Name Frühsommer-Meningoenzephalitis erahnen lässt, wird diese Erkrankung nicht nur im Frühsommer übertragen. Durch die zunehmend milden Winter beschränkt sind die kleinen Parasiten auch immer stärker in den Wintermonaten aktiv. Bei einer Temperatur ab etwa sieben Grad sind sie auf der Suche nach einem Wirt.

Nach einer Infektion treten meist innerhalb von sieben bis 14 Tagen die ersten Symptome auf. "In der ersten Phase klagt der Patient über grippeähnliche Symptome wie Fieber, Abgeschlagenheit, Kopf- oder Gliederschmerzen", erklärt der Experte. "Nach einigen fieberfreien Tagen kann es dann zu einer neurologischen Erkrankung kommen, wie Hirnhaut-, Gehirn- oder Rückenmarksentzündung – fast immer mit sehr hohem Fieber von mehr als 40 Grad."

Bislang sei bei FSME nur eine Behandlung der Symptome, wie zum Beispiel starker Kopf- und Gliederschmerzen, möglich. In den meisten Fällen heile die Infektion folgenlos aus. Kinder würden in der Regel schneller gesund und hätten seltener neurologische Spätfolgen

FSME ist derzeit die einzige von Zecken übertragbare Erkrankung, gegen die eine Impfung möglich ist. Für eine vollständige Grundimmunisierung wird dreimal innerhalb eines Jahres geimpft. Danach muss der Impfschutz alle drei bis fünf Jahre aufgefrischt werden. Borde rät: "Menschen, die in unserer Region leben oder sich hier länger aufhalten, empfehle ich eine Impfung. Allein im vergangenen Jahr hatten wir 25 Fälle von FSME."