Der geplante Offenburger Tunnel sorgt laut Bundesregierung für eine lange Verzögerung des Ausbaus der Rheintalbahn. Foto: Deckert

Bundestagsabgeordnete, Landratsamt und Stadt Offenburg drängen auf eine rasche Lösung in Sachen Rheintalbahn.

Ortenau - Dass der Ausbau der Rheintalbahn zwischen Karlsruhe und Basel wohl erst 2030 oder 2035 fertig sein und zudem Einiges teurer werden wird, liegt laut der Bundesregierung an der Offenburger Forderung nach einem Tunnel. Und dem Beschluss des Ortenauer Kreistags, autobahnparallel auszubauen. Aussagen, die im Landkreis für Kopfschütteln sorgen.

Angefangen hat alles mit einer sogenannten Kleinen Anfrage der beiden Grünen-Bundestagsabgeordneten Kerstin Andreae (Freiburg) und Matthias Gastl (Nürtingen/Filder). Sie wollten von der Bundesregierung wissen, wann der Ausbau der Rheintalbahn zwischen Karlsruhe und Basel wohl fertig sein wird – und was er kostet.

Die Antwort irritiert einen Tag später nicht nur die Fragesteller, sondern auch das Landratsamt Ortenaukreis, die Stadt Offenburg und die Vertreter der Bürgerinitiative Bahntrasse: "Zum einen wird deutlich, dass die Bundesregierung die vertraglichen Pflichten gegenüber Nachbarstaaten zum Ausbau der Reintalbahn ignoriert und das Fertigstellungsdatum immer weiter nach hinten schiebt", stellen Andreae und Gastl in ihrer Mitteilung fest. "Zum anderen wird ein fatales Schwarzes-Peter-Spiel aufgeführt: Die Verzögerung der Fertigstellung läge an Forderungen wie dem Offenburger Tunnel, schuld sei der Widerstand in der Region." Dabei liege es nicht an den Bürgerinitiativen, "sondern an der miserablen Antragstrasse", betonen die Grünen-Politiker. "Beim Offenburger Tunnel arbeitete die Deutsche Bahn (DB) beispielsweise jahrelang an einer von Vornherein nicht genehmigungsfähigen Variante und verschwendete daher wertvolle Zeit. Hätten DB und Bund von Anfang an bürgerfreundlich geplant, wären wir beim Ausbau der Rheintalbahn schon viel weiter."

Nikolas Stoermer, Erster Landesbeamter des Landratsamts Ortenaukreis, verteidigt die Beschlüsse der regionalen Gremien: Da es sich um ein Jahrhundertprojekt handle, gehe es in erster Linie darum, die Trasse zu bauen, die die Menschen in der Region "am wenigsten belastet", teilt er mit.

"Es bestanden berechtigte Zweifel, ob die Antragsplanung der Bahn überhaupt genehmigungsfähig war. Das Regierungspräsidium Freiburg hatte 2011 das Anhörungsverfahren gestoppt, weil die Unterlagen unvollständig, inhaltlich unzureichend und fehlerhaft in der Abwägung waren." Der Projektbeirat habe "sehr intensiv" zusammen mit der Bahn an einem Variantenvergleich gearbeitet und "alle wesentlichen Erkenntnisse zusammengetragen", erklärt Stoermer. "Diesen Erkenntnisgewinn kann die Bahn in die weitere Planung einfließen lassen und sollte daher die weiteren Schritte zügig umsetzt werden können."

Zurückstecken will der Erste Landesbeamte "keinesfalls" – beide Forderungen bleiben bestehen. "Nach sorgfältiger Abwägung sämtlicher Belange hat sich der Kreistag des Ortenaukreises [...] mit deutlicher Mehrheit für die Autobahnparallele ausgesprochen, für den Offenburger Tunnel sogar einstimmig. Das kann die Politik nicht ignorieren. Wir werden die Interessen der Region mit Nachdruck im Projektbeirat vertreten", kündigt Stoermer an.

Auch die Bürgerinitiative Bahntrasse sieht nicht ein, ihren lange und hart umkämpften Tunnel aufzugeben. "Die Forderung bleibt bestehen", heißt es aus Offenburg. "Wir kämpfen dafür, dass der Ausbau vor 2030 abgeschlossen ist."

Bürgermeister Oliver Martini stößt in dasselbe Horn: "Weitere Alternativen" zum Tunnel "gibt es nicht", erklärt er. "Eine Umkehr zur alten Trasse" ist "undenkbar". "Alternative Trassenlösungen zum Tunnel sind mehrere Jahre vergleichend diskutiert worden. Umsetzungs- und durchsetzungsfähig ist nur der Tunnel. Allerdings gibt es bisher keinen nachvollziehbaren Zeitplan für die Neuplanung, die von unseren Gutachtern kritisch geprüft werden könnte."

Dass die Trasse erst 2035 fertig ist, werde immer wahrscheinlicher "wenn die Bundesregierung die Entscheidung für die Planungsaufnahme des Tunnels weiter verzögert", so Martini. Der Vorwurf der Verzögerung, den die Bundesregierung den Menschen in der Region macht, sei "an die Bahn" zu richten, "da sie ein sehr wahrscheinlich nicht genehmigungsfähiges Planfeststellungsverfahren eingeleitet hat. Es wurde dabei von der Bahn versäumt, im Vorfeld dieses Rechtsverfahrens eine ausreichende konstruktive Kommunikation mit den Betroffenen zu pflegen und vor einem Planfeststellungsverfahren eine umsetzungsfähige Trasse zu entwickeln." Martini wirft der Bahn vor, eine "›kostengünstige‹ Lösung, die aber insbesondere in Offenburg nicht menschengerecht war und immense Eingriffe in die Stadt bedeutet hätte", geplant zu haben. "Dass Neuplanungen für die neue Trasse erst (hoffentlich) jetzt beginnen, liegt an dem aus unserer Sicht unnötig langem Beharren der Bahn auf dem Ausbau der bestehenden Trasse."

Am 26. Juni trifft sich der Projektbeirat in Stuttgart, um seine finale Entscheidung zu treffen.