Dènes Füssel und Lisa Schwendemann qualifizierten sich in Gutach für die Deutschen Meisterschaften in Hamburg. Foto: Wurth

Schwendemann/Füssel erreichen beim German Masters den fünften Rang

Wer glaubte, am Samstagabend stünden die WM-Teilnehmer endgültig fest, sah sich am Ende des langen Wettkampftages eines Besseren belehrt.

I m Zweier und Einer der Frauen entscheidet erst der Vorlauf der Deutschen Meisterschaften in zwei Wochen in Hamburg, wer für Deutschland bei der Weltmeisterschaft im österreichischen Dornbirn antreten wird.

Nachdem der Gutacher RSV-Zweier Sophie-Marie Nattmann und Caroline Wurth beim 2. German Masters in Öhringen, vor zwei Wochen für die WM-Qualifikation punktemäßig ordentlich Boden gut machte, war es superspannend, ob sie in der heimischen Liebich-Sporthalle in Gutach am Samstag, dieses Kunststück wiederholen konnten.

Schon bei der Vorrunde am Nachmittag versammelten sich an die 300 Zuschauer zum Daumendrücken. Die Gutacherinnen präsentierten eine klasse Kür, die ihnen 137,11 Punkte einbrachte. Das nachfolgende Paar, die Geschwister Tabea und Louisa Saamen vom Liemer RC, fuhren 120,18 Punkte heraus. Die kämpferischen Geschwister Lena und Lisa Bringsken aus Böhl-Iggelheim legten bis zehn Sekunden vor Schluss eine starke Kür aufs Parkett. Mit dem unglücklichen Patzer am Ende verbuchten sie nur noch 128,95 Zähler, was bedeutete, dass der zweite WM-Platz noch immer völlig offen war und die Punktejagd am Abend im Finale weitergehen würde. Das führende Paar der Zweier-Frauen, die Geschwister Julia und Nadja Thürmer aus Mainz-Finthen (162,55), präsentierte sich weltmeisterlich und ist in Dornbirn dabei.

Nachdem am Abend die Kunstrad-Finalisten im Scheinwerferlicht vorgestellt worden waren, legte die Jazztanzgruppe vom TV Steinach zu 80er-Jahre Musik einen flotten Tanz aufs Parkett. Die Gymnastinnen des TV Lahr stellten in der Mitte des Abendprogramms ihre Beweglichkeit bei ihrem Ausdruckstanz zum Thema Fairness unter Beweis.

Mit den Damen begann das beeindruckende Kunstrad-Finale, bei dem die momentane deutsche Meisterin Milena Slupina mit ihrer schwierigen Kür die gut 500 Zuschauer zum Staunen brachte. Kraftvoll zeigte sie Handstände und andere Höchstschwierigkeiten. Jubelnd sprang sie als Tagessiegerin und German-Masters-Siegerin am Ende auf das Podest.

Die grazile Vizeweltmeisterin Viola Brand ist ihr punktemäßig dicht auf den Fersen. Weltmeisterin und Weltrekordhalterin Lisa Hattemer wirkte nach ihrer Final-Kür verzweifelt, weil es wieder nicht so optimal lief. Der DM-Vorlauf in Hamburg wird die Entscheidung bringen, wer in dieser Kategorie bei der WM dabei sein kann.

Dasselbe gilt für den zweiten WM-Starterplatz bei den Zweier Frauen. Hätte das Gutacher Paar ihre Leistung vom Nachmittag wiederholen können, wäre vieles leichter gewesen. Die Dramaturgie des Dreiakters "WM-Qualifikation" hatte jedoch noch kein Happy End vorgesehen. Bei der Kür des Duos Sophie Nattmann/ Caroline Wurth lief es bis nach dem Wechsel auf ein Rad eigentlich wunderbar, jedoch rutschte Nattmann mit Wurth auf den Schultern sitzend, bei dem verflixten Übergang vom Lenkersitz- in den Steuerrohrsteiger vom Pedal ab, was beide vom Rad warf. Blitzschnell stiegen sie wieder auf und retteten in den letzten verbliebenen Sekunden noch einige Punkte. 123,75 Punkte standen am Schluss auf der Anzeige, was die Gutacher kurzfristig zur Verzweiflung brachte. Mit versteinerter Miene betraten die direkten Konkurrentinnen die Brinsgken-Geschwister die Fahrfläche. Hochkonzentriert spulten sie ihr Programm ab, doch am Ende passierte ihnen derselbe Fehler wie am Nachmittag. 130,18 Punkte waren die Ausbeute ihrer Kür. Für die WM-Qualifikation bedeutete das in der Gesamtwertung, dass die Lokalmatadorinnen knapp zwei Punkten hinter ihren härtesten Konkurrentinnen lagen. Die beiden Gutacher RSVlerinnen wurden somit Dritte in der German-Masters-Serie.

Etwas unbeschwerter betrat das zweite RSV-Paar Lisa Schwendemann und Dènes Füssel schon am Vormittag die Wettkampffläche. Der familiäre Fanblock stärkte beiden bei ihrem Auftritt vor heimischer Kulisse den Rücken. Die Teilnahme bei der Deutschen Meisterschaft in Hamburg hatten sie schon letztes Wochenende beim Deutschland Cup klar gemacht. "Über 100 Punkte rausfahren", lautete das gesteckte Ziel, was sie mit 103,60 Zählern erreichten, was ihnen der fünfte Platz einbrachte. Das Duo hat sich im letzten Jahr enorm entwickelt und schraubte ihre aufgestellten Punkte immer wieder in die Höhe.

Bei dieser guten Kür zollte Trainer Frieder Blum seiner Sportlerin Schwendemann ordentlich Respekt, als sie bei einer Übung mit einer kurzen Bodenberührung einen Sturz verhinderte, während Füssel auf dem Lenker blieb.

Weitere WM-Teilnahmen entschieden sich bei den Männern im Einer und in der offenen Klasse. Weltmeister Lukas Kohl aus Bayern, mit Spitznamen "Lukinator", zeigte sich geehrt, dass er den Titel des Begleitheftes zum Wettkampftag schmücken durfte. Zwei sagenhafte Vorstellungen lieferte er in der Liebich-Sporthalle ab. Der Baden-Württembergische Meister Moritz Herbst und schwäbischer Trainingskollege von Nattmann/Wurth, wird wohl mit ihm bei der WM antreten. Die mehrmaligen Zweier-Weltmeister, die Gebrüder André und Benedikt Bugner sowie das Duett Serafin Schefold/Max Hanselmann, sicherten sich mit ihren erstklassigen Leistungen ebenso die Startplätze in Dornbirn. Wie aus einem Guss zeigten die vier Frauen vom RV Steinhöring ihre Kür auf vier Kunsträdern. Auch sie kämpfen für Deutschland um den WM-Titel.

Der RSV Gutach zeigte sich als vorbildlicher Gastgeber für diesen Wettbewerb. Der Verein rollte für das Starterfeld den roten Teppich aus und stellte für die Führenden ein rotes Sofa bereit. Viele Gäste und Sportler lobten die vorzügliche Gastlichkeit in Gutach.

INFO

In der Vorrunde bei jedem der drei German Masters qualifizieren sich aus den einzelnen Disziplinen drei Finalisten für das Finale am Abend. Zusammen mit der Vorrunde bei der Deutschen Meisterschaft kommen so sieben Ergebnisse zusammen, von denen die zwei schlechtesten gestrichen werden. Die zwei Besten jeder Disziplin werden von der Kommission des Bund Deutscher Radfahrer (BDR) für die Weltmeisterschaft am 24.-26. November in Dornbirn (Österreich) vorgeschlagen und vom Präsidium nominiert.