Das Landgericht hat drei Ticketbetrüger Foto: dpa

Das Landgericht Stuttgart hat drei junge Männer wegen Betrugs mit Online-Bahntickets verurteilt. Die Fallzahlen steigen bundesweit drastisch an.

Stuttgart/Herrenberg - Die Fallzahlen explodieren förmlich. Im Jahr 2011 zählte die Bahn AG gerade einmal 403 Betrugsfälle mit Online-Fahrkarten. Ein Jahr später hatte sich die Anzahl der Ticketbetrügereien bereits auf mehr als 17 000 erhöht. Und 2013 erfasste die Polizei schon knapp 30 000 Fälle. Wegen der drastischen Steigerung hat die Bahnpolizei eine eigene Koordinierungsstelle in Potsdam eingerichtet. Am Dienstag hat das Landgericht Stuttgart nun drei solcher Ticketbetrüger verurteilt.

Für 40 Euro mit der Bahn von Stuttgart nach Berlin? Da greift man gern zu. Online natürlich, auf der Internetseite einer Mitfahrzentrale. Denn am Ticketschalter der Bahn gibt’s solche Schnäppchen nicht. Allerdings sind viele dieser Angebote nichts anderes als Betrug. Die Fahrkarten sind zwar gültig. Doch wurden sie mit den Kreditkartendaten ahnungsloser Personen gekauft, sprich sie wurden ergaunert.

„Sie waren die Hauptachse in diesem Fall“, sagt Cornelie Eßlinger-Graf, Vorsitzende Richterin der 4. Jugendstrafkammer, zum 23-jährigen Angeklagten. Er wisse überhaupt nicht, wie er da reingeraten sei, hatte der Haupttäter, ein Informatikstudent aus Herrenberg, zu Beginn des Prozesses gesagt. Er habe an der Uni kaum Fuß fassen können und immer sei das Geld knapp gewesen. Rein zufällig sei er im Internet auf das Geschäft mit den Online-Bahntickets gestoßen. „Ich habe mich da durchgeklickt und hatte dann alle Infos zusammen.“

Fünf Euro für einen Datensatz

Soll heißen: Man kauft auf dem Internet-Schwarzmarkt ein oder zwei Konten, die auf falsche Namen angemeldet sind und mit denen später die Ticketgeschäfte abgewickelt werden. Auf einer anderen Internetplattform gibt es Kreditkartendaten, die Kriminelle von ahnungslosen Personen abgefischt haben. Gerade einmal fünf Euro kostet ein Datensatz. Mit diesen Daten und mit Fantasieadressen kauft man Online-Tickets bei der Bahn und verkauft sie dann im Internet weiter. Ein gutes, wenn auch kriminelles Geschäft, denn die Fahrkarten werden schließlich von den ahnungslosen Kreditkartenopfern bezahlt.

Die Betrogenen fordern natürlich ihr Geld von der Bahn zurück, die Ermittlungsarbeit der Polizei beginnt. Drei Wochen nach den ersten Betrugstaten, die zwischen Juli 2012 und April 2013 stattfanden, waren die Angeklagten schließlich ins Visier der Fahnder geraten. Doch die erste Hausdurchsuchung brachte keine Ergebnisse. Erst die Telefonüberwachung lieferte verwertbare Beweise.

Der 23-Jährige wurde zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Seinen 19-jährigen Bruder bestrafte die 4. Kammer mit zwei Jahren auf Bewährung. Der dritte Angeklagte, ein 21-jähriger Kumpel der beiden, bekam 21 Monate auf Bewährung. „Ohne das Geständnis des Hauptangeklagten wäre der Prozess erheblich mühseliger Geworden“, so die Richterin. Am Ende hatten die Täter bei der Bahn 120 000 Euro Schaden verursacht. Der Gewinn der Angeklagten lag bei rund 30 000 Euro.