Peter Wilhelm (links) und Andreas Zimmermann hoffen, dass "Be Japy" noch eine Weile weitergeht. Foto: Deckert

Offenburger Studentenfilm sorgt weltweit für Furore. Musik-Video mit Obdachlosem erhält auch Kritik.

Offenburg - Ganz so riesig haben sie sich das nicht vorgestellt: Vier Studenten wollten für ihr Studium ergründen, wie sozial soziale Netzwerke tatsächlich sind. Vom Erfolg ihrer Aktion wurden sie regelrecht überrollt.

Eigentlich war es eine ganz normale Semesterarbeit: Julian Wagner, Andreas Zimmermann, Peter Wilhelm und Yannick Grewe sollten für ihr Studium im Fach Medien- und Informationswesen an der Hochschule Offenburg ein Projekt abliefern. Da sie schon vorher den Wunsch hatten, sich sozial zu engagieren, nahmen sie sich als Fragestellung vor, mit einem Film und Musik in den Medien facebook und YouTube zu ergründen, wie sozial die sozialen Netzwerke im Internet denn funktionieren.

"Wir haben zunächst den Verein 'Be Japy' gegründet", so Peter Wilhelm (27). Das Wort Japy setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der Vornamen der Studenten zusammen. Das Konzept der jungen Männer war es zunächst, obdachlosen Menschen Aufmerksamkeit zu schenken, indem sie sich zu ihnen setzen, ihren Song "Another Chance" und andere Lieder singen und dann das Geld, das so zusammenkommt, dem jeweiligen Obdachlosen zu geben. Straßenmusik für einen guten Zweck also.

Der Film, der darüber entstand, zeigte allerdings anstelle eines richtigen Obdachlosen einen Schauspieler. Dass sie dies zunächst nicht kenntlich machten, brachte den jungen Männern im Internet einiges an Kritik ein. "Dabei hatten wir schon den zweiten Film fertig, in dem wir das Konzept erklären", sagt Wilhelm – unter anderem wollten sie den Film möglichst professionell gestalten.

Auch der Vorwurf, sich auf Kosten Benachteiligter zu profilieren, wurde laut. »Am Anfang haben wir versucht, einzelne Kritiker direkt per Mail anzusprechen, es kam aber nie eine Antwort«, berichtet Wilhelm.

Dabei, so betonen er und Andreas Zimmermann, geht es ihnen nicht um sich selbst: "Wir wollen mit dem Projekt zeigen, dass schon eine kleine Geste viel bewirken kann. Unser Ziel war es, 10.000 Klicks mit dem Film im Netz zu erreichen", so Wilhelm im Gespräch mit unserer Zeitung.

25 Millionen Klicks im Netz

Doch mittlerweile haben sich allein auf YouTube rund 16,3 Millionen Menschen ihren Kurzfilm angeschaut. Dazu kommt noch die Verbreitung in anderen Kanälen im Netz, die den Film kopiert haben. "Wir schätzen, dass rund 25 Millionen Klicks zusammengekommen sind", sagt Wilhelm. Die Verbreitung des Videos sei explosionsartig quasi über Nacht gekommen.

Medien aus aller Welt haben über das Projekt der südbadischen Studenten berichtet. Kontrollieren, was mit dem Video im Netz passiert, können "Be Japy" nicht mehr. Während sie selbst mit der Verbreitung bei YouTube kein Geld verdienen, hat ein anderer Kanal im Netz zum Beispiel das Video übernommen und generierte damit eine Zeit lang Werbeeinnahmen. "Ein amerikanischer Fernsehsender hat morgens um zwei Uhr bei Peter angerufen, um ihn zu interviewen", erzählt Andreas Zimmermann (27). Mittlerweile haben Zeitschriften aus Polen, interessierte Buchautoren und ein Manager, der die Gruppe unter seine Fittiche nehmen will, bei den vier frischgebackenen Netz-Stars angeklopft. Peter Wilhelm muss lachen, wenn er sich den Rummel bewusst macht: "Wir sind doch keine Boygroup auf dem Sprung zur Japantournee."

Denn eigentlich wollen Wilhelm, Zimmermann, Wagner und Grewe lieber noch ein paar Ideen ausbrüten, die die Welt ein wenig besser machen sollen. Den 30. August haben sie kurzerhand zum weltweiten "Japy Day" ausgerufen: Jeder kann sich mit einer Kleinigkeit für eine sozialere Welt starkmachen. "Das muss keine große Sache sein", betont Zimmermann. "Wir wollen aber Leute auf der ganzen Welt inspirieren, etwas zu tun."

Über 1300 Menschen haben sich via facebook mit Ideen für Aktionen zu Wort gemeldet: Eine Familie aus Mexiko hat angekündigt, am "Japy Day" Familien, die Angehörige im Krankenhaus betreuen, mit Essen zu versorgen. Eine Frau aus Australien will 50 Bedürftige zum Kaffee einladen, weil sie gerade 50 geworden ist. Zimmermann und Wilhelm werden in Freiburg in einem Altenheim eine Aktion starten, parallel betreuen sie die Berichte zum "Japy Day" auf facebook. Denn "Be Japy" wollen das Internet nutzen, um wegzukommen von den ewigen Spaßvideos und stattdessen die Chancen nutzen, die das Netz Menschen bietet, sich zu verbinden und Dinge zu bewegen.

Wie es mit ihnen selbst weitergehen wird, können die Jungs von "Be Japy" noch nicht einschätzen. Bisher haben sie noch nicht einmal die Note für ihre Semesterarbeit erhalten. »Wenn man mich vor vier Wochen gefragt hätte, was ich nach dem Studium machen will, dann hätte ich vermutlich gesagt, dass ich ins Marketing gehen will«, berichtet Wilhelm. "Wir sind uns auch bewusst, dass der Erfolg im Netz auch schnell wie ein Kartenhaus zusammenstürzen kann." Aber alle hoffen nun, dass es mit dem "Be Japy"-Verein und seiner karitativen Arbeit noch eine Weile weitergehen wird.