MIt grüner Farbe haben bislang Unbekannte drei SS-Runen auf die Gedenktafel am Ostausgang des Offenburger Hauptbahnhofs gesprüht. Foto: Melder

"Fahrplan Offenburg-Auschwitz" am Hauptbahnhof mit SS-Schmiereien versehen. Stadt stellt Strafanzeige.

Offenburg - Die Anbringung der Gedenktafel "Fahrplan Offenburg-Auschwitz" am Offenburger Hauptbahnhof ist kein leichtes Unterfangen gewesen. Daher ärgert es Klaus Melder, ehrenamtlicher Kreisvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), und Paul Bauer, Pressesprecher des Bundes Vereinigung der Verfolgten des Naziregims, doppelt, dass das Mahnmal nun mit Schmierereien verunstaltet worden ist.

Die Tafel war am 10. November 2014 am Ende der Südunterführung, nahe des Ausgangs Rammersweierstraße, angebracht worden. Sie zeigt einen alten Fahrplan vom 10. März 1943. Damals wurden erstmals Sinti und Roma mit einem Zug von Offenburg aus nach Auschwitz deportiert. Die Reichsbahn verlangte für die Fahrt statt der üblichen 18 Pfennig nur neun Pfennig pro Person. Für Kinder nochmal die Hälfte. Mehr als 3000 Sinti und Roma sollten so von der badischen Stadt nach Auschwitz oder Struthof gebracht werden. Wer das überlebte, wurde später unter anderem wieder in Offenburg zur Bombenentschärfung eingesetzt. Den ursprünglichen Fahrplan hatten Historiker vor vielen Jahren in einem Freiburger Archiv gefunden. Die Künstlerin Monika Andres aus Renchen gestaltete daraus diese Gedenktafel. Lange hatte dieses Werk einen festen Platz im ehemaligen DGB–Sitz gegenüber des Bahnhofs. Als der Gewerkschaftsbund dort auszog, sollte ein neuer Platz für die Dokumentation des Grauens gefunden werden. Der inhaltliche Zusammenhang zum Bahnhofsgelände legte nahe, dass das Mahnmal dort angebracht wird. Doch die Deutsche Bahn distanzierte sich, wollte am Offenburger Bahnhof 1995 keinen Platz dafür erübrigen. Man verwies darauf, nichts mit der Reichsbahn zu tun zu haben. Erst viele Jahre später führte die Findigkeit des Offenburger Ritterhaus- und Stadtarchivsleiter Wolfgang M. Gall dazu, dass diese Erinnerung am Bahnhofsausgang »Oststadt« angebracht werden konnte. Denn: Dieser Teil des Geländes gehört der Stadt Offenburg – im Gesamtbild des Bahnhofs ist das nicht zu erkennen, war aber in diesem Fall ein wichtiges Detail. Dadurch musste die Deutsche Bahn ihr Okay nicht mehr geben.

Jetzt ist das Mahnmal zwischen dem 23. und 24. August in grüner Farbe mit SS-Runen besprüht worden. Jane Simon, Bildungsberaterin für Sinti und Roma, ist alarmiert. Sie erinnert daran, wie viele Menschen heute noch, oder schon wieder, die Augen vor dem verschließen, was auch in Offenburg passiert ist. Die Schändung der Gedenktafeln sei kein Kavaliersdelikt und schon gar kein »Dummer-Jungen-Streich«. Daher haben sowohl die Stadtverwaltung Offenburg als auch der DGB Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt.