Nicht nur hübsch anzusehen, sondern ab nächsten Dienstag gänzlich ohne rote Zahlen: die Stadt Offenburg. Foto: Seeger

Am 20. Mai wird die Schuldenuhr auf null springen. Größte Kommune ohne Defizit in Baden-Württemberg.

Offenburg - Die Rechnung geht schneller auf als geplant: Das badische Offenburg befreit sich von finanziellen Rückständen.

Seit dem Jahr 2000 baut die Stadt am Oberrhein ihre Schulden ab. Jeden Tag seien es 358.200 Euro, sagt Finanzbürgermeister Christoph Jopen (SPD). Er ist kurz vor dem Ziel. Am Dienstag wird Offenburg schuldenfrei – und damit die größte schuldenfreie Kommune in Baden-Württemberg. Die Stadt mit ihren knapp 59.000 Einwohnern kommt fünf Jahre früher raus aus den Schulden als ursprünglich gedacht – und ist ein Beispiel für gelungene Kommunalfinanzen.

Spielraum für kommunale Investitionen

"Das Ende der Schuldenlast ist für eine Kommune unserer Größenordnung, selbst im finanziell vergleichsweise gut gestellten Baden-Württemberg, bemerkenswert", sagt Oberbürgermeisterin Edith Schreiner (CDU). Als das Vorhaben in Angriff genommen wurde, hatte Offenburg 60,8 Millionen Euro Schulden. Sie sind bald komplett beseitigt. "Wir haben nun die Gewissheit, um rund vier Millionen Euro Zins und Tilgungen pro Jahr leichter zu werden", sagt Schreiner. Das schaffe Spielraum für kommunale Investitionen.

Offenburg ist dann die größte Kommune im Südwesten ohne Schulden. Diese Position hatte bislang die 42 250 Einwohner zählende Stadt Bietigheim-Bissingen im Kreis Ludwigsburg inne. Landesweit nehmen die beiden Städte eine Sonderstellung ein: Nicht einmal jede zehnte Kommune in Baden-Württemberg kommt ohne Schulden aus. Weit mehr als 90 Prozent der Städte und Gemeinden sind verschuldet. Sie stehen damit ähnlich da wie Bund und Land. Und die Verschuldung der öffentlichen Kassen wächst, trotz steigender Steuereinnahmen. Finanzbürgermeister Jopen hat den Schuldenabbau in Offenburg organisiert. "Bequem ist das nicht", sagt er und blickt auf die Haushaltszahlen. "Aber wir zeigen, dass man auch ohne Schulden Politik machen kann." Für den 63 Jahre alten Sozialdemokraten, der seit 1990 die Offenburger Finanzen verantwortet, ist der schuldenfreie Haushalt die Abschiedsvorstellung. Im Juni geht Jopen in Ruhestand, der Nachfolger will seine Politik fortsetzen.

Um sich von den Schulden zu befreien, hat sich Offenburg seit 2000 einen Sparkurs verordnet. In allen Bereichen wurden pauschal zehn Prozent gekürzt. Nur Kindergärten und Krippen blieben verschont. Zusätzlich wurde städtisches Personal eingespart.

"Wichtig ist eine vorausschauende und langfristige Politik", sagt Jopen. "Beim Sparen braucht es einen langen Atem. Wenn über mehrere Jahre hinweg ein Sparziel verfolgt wird, dann finden sich Wege, wie dies umgesetzt werden kann, ohne dass Leistungen zusammenbrechen." Sparen alleine sei aber unzureichend. "Entschulden funktioniert nicht, wenn man nur Ausgaben kürzt. Dann spart man sich kaputt."

Offenburg hat daher seine Einnahmen verbessert. Unter anderem hat die Stadt die Gewerbe- und Grundsteuer erhöht. "Jubel gab es dafür nicht", sagt Jopen. "Aber es wurde akzeptiert, weil das gemeinsam erklärte und parteiübergreifend getragene Ziel der Schuldenfreiheit ein starkes Argument war."

Viele Bürger sind nun stolz auf ihre Stadt. Einer von ihnen ist Wolfgang Schäuble (CDU). Der Bundesfinanzminister wohnt in Offenburg und hat hier seinen Wahlkreis. "Offenburg ist einen guten Weg gegangen", sagt Deutschlands oberster Kassenwart. "Ich würde mir wünschen, dass weitere Kommunen ihn auch beschreiten."

Beim Schuldenabbau hat Offenburg auch von der wirtschaftlich guten Entwicklung und den damit verbunden sprudelnden Steuerquellen profitiert. So ging es deutlich schneller als gedacht.

Schuldenfrei wollte Offenburg eigentlich bis 2019 werden. Doch jetzt sind die Finanzen schon fünf Jahre früher in Ordnung gebracht worden.

"Auch wenn es uns finanziell so gut geht, wie lange nicht: Wir werden den Sparkurs fortsetzen", sagt die Oberbürgermeisterin. Investitionen wird es dennoch geben. So ist der Bau eines neuen Freizeit- und Familienbades geplant. Es soll rund 36,6 Millionen Euro kosten.