Schwertransport mit 403 Tonnen bringt Transformator vom Kehler Hafen nach Offenburg-Weier. Foto: Deckert

Transformator wird vom Kehler Hafen nach Offenburg-Weier gebracht. Die Zugmaschine wird von Polizeiautos begleitet.

Offenburg - Langsam rollt die dunkelgrüne Zugmaschine die A 5-Ausfahrt Offenburg hinauf. Ihr voraus fahren zwei große Polizeiautos. Die Blink- und Warnlichter tauchen das ganze Offenburger Ei in blaues und orangenes Licht. Zudem hat die Polizei lange, fast weiß leuchtende stabförmige Lampen an den Straßenrändern aufgestellt. Entlang der B  33 a am Ost-Parkplatz warten unzählige Beamten auf und an der Straße, sperren sie in Richtung Schutterwald ab. Mitten unter ihnen: Christian Schätzle aus Breisach und Michael Basler aus Lörrach. Die beiden Männer sind Schwertransport-Hobbyisten und fahren wann immer es ihre Zeit zulässt, dorthin, wo die schweren Trucks unterwegs sind. Aber auch massive Kräne und große Schiffe begeistern sie. Immer im Kofferraum dabei: Warnwesten und Schutzhelme, die Kamera und mehrere Stative.

Ein dunkles, leicht surrendes Brummen verrät: Der 600 PS starke Lastwagen aus dem Hause Mercedes fährt jetzt an. Und langsam, ganz langsam wird das Teil sichtbar, für das der ganze Aufwand betrieben wird: Der 220 KV-Transformator der Firma Transnet-BW. Er soll in Offenburg-Weier quasi als Stromautobahn funktionieren und den Strom aus dem Kraftwerk als Weiterverteiler ins Umspannwerk übergeben. Der sogenannte Verteilnetzbetreiber, also das E-Werk Mittelbaden, macht dann daraus das, was in die Wohnzimmer im Ortenaukreis geliefert wird.

Das Gewicht muss perfekt verteilt sein – den Straßen zuliebe

Die Zugmaschine am Offenburger Ei ist schon fast um die Kurve Richtung Parkplatz, als die MAN-Schubmaschine, mit 680 Pferdestärken ausgestattet, den kleinen Hügel der Autobahn-Ausfahrt überwindet. Zwischen den beiden hängt der grün-graue Transformator scheinbar schwerelos. Mit 25 Stundenkilometern bahnt sich der 61,5 Meter lange, 4,50 Meter hohe und 3,50 Meter breite Koloss seinen Weg. Erstaunlich beweglich ist das Gespann – dafür, dass es 403 Tonnen wiegt. Jede einzelne der zwei Mal neun Achsen ist lenkbar, das Gewicht muss perfekt verteilt sein und darf nicht mehr auf die Straßen drücken, als ein normaler 40-Tonner. Frieder Saam, der verantwortliche Fahrer, leistet Schwerstarbeit. Von ihm und seinen zwei Kollegen auf dem Schwertransport wird volle Konzentration abverlangt. "Die Jungs verbrennen richtig Kalorien gerade", sagt Hobbyist Schätzle. "Versuchen Sie mal, mit einem 60 Meter langen Fahrzeug immer gerade zu fahren – vor allem nachts. Wenn Sie einmal abweichen, können Sie das nie mehr korrigieren."

Um 22.48 Uhr kommt der Schwertransport auf der B  33 in Richtung Schutterwald zum Stehen und hat damit schon drei Viertel seiner Strecke geschafft. Um 19.15 Uhr war es im Kehler Hafen losgegangen. Die Strecke über die B 36 zum Autobahnzubringer in Lahr war problemlos verlaufen, wie Einsatzleiter Günther Preis betont. Auch weil dort wegen der Firma Herrenknecht eine perfekte Schwerlasttransportstrecke ausgebaut ist. Etwas verzwickt wurde es dann in Lahr, kurz vor der Autobahn. Denn: Über die Brücke zur A 5 durfte das Gespann nicht fahren – zu schwer. Also wurden Zug- und Schubmaschine abgehängt und der Transformator auf seinem Tieflieger mittels Fernbedienung alleine bewegt. "Das hat top funktioniert. Der Fahrer hat das alles feinjustiert", versichert Preis. Danach tauschten die Experten der Firma Kübler aus Schwäbisch-Hall die Zug- und die Schubmaschine gegen 22 Uhr für die Fahrt über die Autobahn.

Bis zu ein Jahr dauern die Planungen für solch einen Transport

"Die Schwierigkeit dabei ist, dass es auf der A 5 Brücken gibt, die nicht hochgebaut sind – also für Laien als solche nicht erkennbar sind – also beispielsweise Entwässerungsgraben überbrücken", informiert der Einsatzleiter der Polizei. "Da muss man darauf achten, wie das mit dem Gewicht klappt." Hobbyist Schätzle pflichtet dem Beamten bei: "Der Pfeffer liegt auf der Autobahn – das Stück ist interessant." Aus Richtung Rust wurde der Verkehr von der Polizei verlangsamt, an dem Schwertransport kam keiner vorbei. Das führte zu geringen Behinderungen, die aber, als der ungewöhnliche Transport in Offenburg halt macht, sich rasch wieder auflöste.

Sinn und Zweck des Stopps auf der Bundesstraße ist jetzt der erneute Tausch von Schub- und Zugmaschine. Beide werden daher rasch abgekoppelt, tauschen die Plätze und müssen von den Mitarbeitern der Firma Kübler millimetergenau an ihre perfekte Position gelotst werden. Einweiser in Leuchtjacken geben den Fahrern Zeichen und stellen sicher, dass alles an seinem Platz ist. Weniger als zehn Minuten braucht das Team, dann rollt der Trafo-Transport stadteinwärts als Geisterfahrer auf der Spur stadtauswärts und biegt nach links auf die Gustav-Heinemann-Brücke ab. Das von der Polizei befürchtete Nadelöhr an der Kurve Richtung Kreisverkehr ist für Fahrer Saam und den Rest des Teams kein Problem. Schließlich haben die Schwäbisch-Haller schon Jumbo-Jets und die Concorde durch die Lande chauffiert. Nach fünf Stunden schaffen sie es auch, den Transformator an sein Ziel zu bringen. Ohne Zwischenfälle. Alles ist gut.

Die Organisation eines solchen Kraftakts dauert bis zu einem Jahr, wie Polizist Preis erklärt. Der genaue Termin für die Trafo-Unternehmung stand aber erst knapp eine Woche vorher fest. Bis zu 1000 solcher Transporte begleiten Preis und sein Team jährlich – meist haben die Lastwagen dabei allerdings Tunnelbohrer geladen. "Die kommenden Monate werden für uns recht spannend, denn es stehen viele Transporte für Windkraftanlagen auf dem Plan", so Preis. Das war also noch längst nicht der letzte Schwertransport, der durch den Ortenaukreis rollt.