Der Internet-Versandhändler aus dem Ortenaukreis steht im Verdacht, im vorigen Jahr rund 400 Kunden betrogen zu haben. (Symbolfoto) Foto: dpa

Spektakulärer Fall im Landkreis treibt die Zahl der Straftaten stark nach oben.

Offenburg - Ein krimineller Online-Händler aus dem Ortenaukreis hat mindestens 400 Kunden übers Ohr gehauen, vermutlich gar noch viel mehr. Das treibt die ansonsten sinkende Zahl an Wirtschaftsstraftaten im Kreis nach oben.

Der Internet-Versandhändler aus dem Ortenaukreis steht im Verdacht, im vorigen Jahr rund 400 Kunden betrogen zu haben. Das berichtete die Polizeidirektion Offenburg bei einer Pressekonferenz am Mittwoch, bei der die Zahlen in Sachen Wirtschaftskriminalität vorgestellt wurden. Die Opfer des Versandshops würden im ganzen Bundesgebiet wohnen, teilte Klaus Diebold als zuständiger Inspektionsleiter des Präsidiums mit. Nähere Angaben zum Sitz des dubiosen Unternehmens und zu den Waren, die nicht geliefert wurden, wollte er auf Nachfrage unserer Redaktion nicht machen. Das Verfahren gegen den Händler laufe und werde von der Staatsanwaltschaft bald zur Anklage gebracht. Offenbar handelt es sich bei den bestellten und nicht gelieferten Waren um spezielle Gegenstände, nichts Alltägliches, war zu erfahren. Klar ist auch, dass es bei den 400 registrierten Fällen nicht bleiben dürfte. Auch für das laufende Jahr sei mit betrogenen Kunden zu rechnen, hieß es.

Dieser Fall treibt die Zahl der Straftaten im Bereich der Wirtschaftskriminalität im Ortenaukreis für 2016 massiv nach oben. Die Gesamtzahl der Delikte kletterte um 124 Fälle auf nun 665. Das verhagelt der Polizei die Statistik, denn insgesamt nimmt die Zahl der Wirtschaftsdelikte seit einigen Jahren spürbar ab. Landesweit sank die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um fast ein Viertel. Im gesamten Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Offenburg sank die Zahl dieser Straftaten immerhin noch um rund fünf Prozent auf jetzt 827 Fälle.

> Gute Quote: Naturgemäß liege die Aufklärungsquote im Bereich der Wirtschaftsstraftaten bei fast 100 Prozent. "Wir bekommen die Beschuldigten ja per Anzeige praktisch frei Haus geliefert", erklärt Kripochef Roland Haug.

> Falschgeld aus Lahr: Mehrere Tatverdächtige sollen voriges Jahr im Raum Lahr reihenweise falsche 50-Euro-Noten in Umlauf gebracht haben. Das Verfahren gegen sie werde derzeit vorbereitet. Auch zu diesem Fall gab es keine näheren Auskünfte.

> Mehr Insolvenz-Straftaten: Obwohl die Wirtschaft im Kreis brummt, nahm die Zahl der Straftaten bei Firmenpleiten um fast ein Viertel auf rund 100 Fälle zu. Das ist ungewöhnlich, die Polizei hat dafür aber keine Erklärung.

> Betrugsfälle nehmen zu: Voriges Jahr wurde präsidiumsweit mehr betrogen. Die Zahl der Fälle wuchs um rund 16 Prozent auf knapp 500 an. Das sind 60 Prozent aller Gaunereien im Bereich der Wirtschaftskriminalität.

> Datenflut macht Arbeit: "Wir haben mit immer mehr Daten zu kämpfen, die ausgewertet sein müssen", erklärt Klaus Diebold. Reichte es früher, einen Computer zu beschlagnahmen, fallen jetzt zusätzlich Online-Daten an. Das binde immer mehr Personal.

> Weniger Anlagebetrug: Zurück geht seit Jahren die Zahl der Betrugsfälle bei Geldanlagen. 2016 lag der Rückgang nochmals bei minus 57 Prozent.

> Schlepperbanden aktiv: Das Bauhandwerk sucht wegen voller Auftragsbücher händeringend Mitarbeiter. Das ruft organisierte Banden auf den Plan, die osteuropäische Bauarbeiter über Scheinfirmen in die Ortenau holen und dort arbeiten lassen, unter üblen Bedingungen für die Betroffenen, ohne Steuern und Sozialabgaben zu zahlen.

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Das sind die aktuellen Gauner-Maschen

>  Enkel-Trick: Ältere Menschen sind die bevorzugten Opfer. Sie werden am Telefon in ein Gespräch verwickelt, in dem der Gauner vorgaukelt, ein Verwandter zu sein, der in einer Notlage sei und dringend Geld brauche. Ein Bekannter hole das Geld für ihn ab. Das klappt häufig. Oft gehen die Opfer mit den Ganoven sogar noch zum Geldautomaten.

> Falscher Polizist: Gauner manipulieren das Telefon so, dass beim Angerufenen eine amtliche Polizei-Telefonnummer angezeigt wird. Sie behaupten, das Opfer stünde auf einer entdeckten Einbrecherliste und müsse jetzt geschützt werden. Ein Beamter in Zivil hole zur Sicherheit alles Bargeld und Schmucksachen ab. Auch das klappt sehr häufig, weiß die echte Polizei.  

> Buchhaltung abgezockt: Vor allem größere Firmen mit entsprechender Verwaltung werden von cleveren Kriminellen heimgesucht, die als angebliche Chefs geschickt vorgaukeln, dass wichtige Zahlungen anstehen würden. Mit dieser Masche wurden in einem Fall in der Region auf einen Schlag 230 000 Euro abkassiert, auf ein ausländisches Konto.