Immer mehr minderjährige Flüchtlinge kommen alleine in die grenznahen Landkreise. Foto: Kneffel

Integrationsministerium will Landkreise bei minderjährigen Flüchtlingen entlasten. Grüne: auch finanziell engagieren.  

Offenburg/Freiburg - Grenznahe Landkreise kämpfen mit steigenden Zahlen minderjähriger Flüchtlinge. Auf den Kosten für zusätzliches Personal bei der Inobhutnahme bleiben sie sitzen. Eine Verordnung des Integrationsministeriums soll helfen.

Die grenznahen Landkreise im Südwesten ächzen unter der Last unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge (UMF). Zwar sei Anfang des Jahres eine Inobhutnahme-stelle mit sechs Plätzen geschaffen worden, sagte der Vizeleiter für den Bereich Sozialarbeit am Offenburger Landratsamt Ortenau, Andreas Linse. "Das reicht aber überhaupt nicht. Wir hatten wirklich schlimme Wochen."

Das Integrationsministerium will den betroffenen Landkreisen mit einer Verordnung zur Seite stehen. Sie solle künftig für eine gerechtere und schnellere landesweite Verteilung zumindest der UMF sorgen, die einen Asylantrag stellen, sagte ein Sprecher gestern. Die Verordnung befinde sich momentan aber noch in der Anhörung. Bis sie in Kraft trete, könnten noch Wochen vergehen.

Grenznahe Regionen wie der Ortenaukreis oder der Kreis Lörrach sind von den steigenden UMF-Zahlen besonders betroffen. Dort kümmern sich Jugendämter und Jugendhilfsorganisationen um die Minderjährigen. Während das Geld für die langfristige Unterbringung und Versorgung der Minderjährigen erstattet wird, bekommen die Behörden beispielsweise den zusätzlichen Aufwand bei der Inobhutnahme nicht ersetzt: So brauche man mehr Personal für die Befragungen der Einreisenden, um ihr tatsächliches Alter festzustellen oder die mögliche Vormundschaft zu organisieren, sagte Linse. "Das ist ein Aufwand, den uns keiner ersetzt."

Langfristig müsse sich das Land auch finanziell engagieren, sagte der Grünen-Landtagsabgeordnete Thomas Marwein gestern. "Die betroffenen Landkreise sind in großen Schwierigkeiten." Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) waren im vergangenen Jahr rund 170 UMF in Baden-Württemberg registriert worden; 30 davon waren unter 16 Jahre alt. Von Januar bis Juli diesen Jahres waren es bislang 161 Jugendliche; darunter waren 42 unter 16.

Stadt Freiburg: alles noch recht unkonkret

"Die Auswirkungen dieser Entwicklung auf die Jugendhilfe im Ortenaukreis sind sehr besorgniserregend", sagte Frank Scherer (parteilos), Landrat des Ortenaukreises. Scherer hat bereits vor einigen Wochen auf Hilfe aus Stuttgart gepocht. "Unter den unbegleiteten Flüchtlingen, die wir aufnehmen, waren zuletzt auch Kinder im Alter von zwei und sechs Jahren, die auf der Flucht aus Syrien von ihren Eltern getrennt worden sind", erklärte Scherer. Bis gestern sind im Ortenaukreis in diesem Jahr 946 Flüchtlinge angekommen.

In Freiburg war bisher noch keine städtische Stellungnahme zu den Plänen des Landes zu bekommen. Noch, so klingt aus dem Rathaus durch, sei das alles ja recht unkonkret. Allein in den ersten Monaten des Jahres hatte die Stadt Kontakt mit rund 100 minderjährigen, alleine einreisenden Flüchtlingen. Bis Mai waren über 60 in Einrichtungen der Caritas in Obhut.

In der Stadt haben die UMF in den letzten Monaten wiederholt für negative Schlagzeilen gesorgt. Der Grund: Ein Teil der Jugendlichen, häufig ehemalige Straßenkinder aus Nordafrika mit Drogenproblemen, ist in der Stadt durch ein hohes Maß an Straftaten auffällig geworden. Im ersten Halbjahr 2014 wurden der Polizei rund 300 Fälle bekannt, ermittelt wurde gegen rund 50 junge Täter, von denen derzeit ein großer Teil in Jugendhaft sitzt.

Derzeit, so Polizeisprecher Dirk Klose, sei es in Sachen UMF ruhig für die Freiburger Polizei geworden, vermutlich, weil man die Rädelsführer der Taten, zumeist Raubdelikte und Diebstahl, erwischt habe.