Mit dieser Pilotanlage wird im Offenburger Klärwerk aus Klärschlamm Phosphor gewonnen. Foto: Mohn

Mitarbeiter von Umweltministerium und -bundesamt informieren sich über Pilotprojekt.

Offenburg-Griesheim - Das Bundesumweltamt war neugierig und hatte sich daher gestern zu einem Informationstermin in das Offenburger Klärwerk eingeladen. Dort wird seit 2012 ein bundesweit einzigartiges Pilotprojekt betrieben.

Gemeinsam mit der Universität Stuttgart experimentiert das Klärwerk mit der Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm. Wurde das, was früher als Gülle auf die Felder gebracht wurde, schon vor einigen Jahren aufgrund der vielen Schadstoffe verboten, arbeiten Experten nun an der Auslösung und Rückgewinnung des für die Düngung notwendigen Phosphors.Helmfried Meinel, Ministerialdirektor des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, und Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamts, wollten es genau wissen und haben einen Stopp der diesjährigen Informationssommertour des Ministeriums nach Offenburg verlegt.

Oberbürgermeisterin Edith Schreiner war sichtlich erfreut über das große Interesse auf Bundesebene an der Pilotanlage.Ralph-Edgar Mohn als Geschäftsführer des Abwasserzweckverbands Raum Offenburg (AVZ) hatte sich 2011 bereits persönlich dafür stark gemacht, in der Griesheimer Kläranlage ein solches Pilotprojekt zu starten. Unterstützung erhielten die Ortenauer  von  Heidrun Steinmetz und Werner Maier, die für die praktische Umsetzung einer Versuchreihe verantwortlich sind und waren.

Phosphor wird in vielen Bereichen des Lebens benötigt, und wie viele Rohstoffe ist auch dieser nur begrenzt vorhanden. Die Qualität des heute noch vorkommenden Phosphors würde auch zunehmend schlechter, das zeigten Ergebnisse von Untersuchungen. »Natürlich muss auch hier das Gebot der Nachhaltigkeit Anwendung finden«, betonte Steinmetz. Als Düngemittel sei Phophor nahezu unverzichtbar.

Daher sei die Entwicklung von Methoden zur Wiederaufbreitung ein wichtiger Schritt in die Zukunft. In den vergangenen zwei Jahren sei es gelungen, etwa 50 Prozent dieses Nährstoffs für Organismen wieder aus Klärschlamm zurückzugewinnen. Laut Steinmetz ist die Qualität des recycelten Phosphors sehr gut. Durch die  chemische Behandlung entsteht der Dünger Magnesium-Ammonium-Phosphat (MAP).

Pflanzen könnten die Nährstoffe besonders gut aufnehmen.  Bei dem derzeit angewendeten Verfahren werden auch Schwermetalle aus dem Produkt ausgelöst.Derzeit würden noch 100 Prozent des gesamten Phosphorbedarfs importiert. Die Herkunftsländer sind zum Teil politisch eher instabil. Derzeit sei der Kostenfaktor für die Rückgewinnung noch höher als der Einkauf – allerdings sei man beim »Stuttgarter Verfahren«, wie sich die Methode nennt, auch noch in der Phase der Bewertung und Optimierung. Wie bei vielen Neuerungen gab es anfänglich technische Probleme. Klärschlamm sei nicht leicht zu behandeln, erläuterte Ralph-Edgar Mohn.

Die Beteiligten hatten mit Rohrleitungsbrüchen und Verstopfungen zu tun, bis es schlussendlich dann gelang, das Phosphor zu isolieren. Die Frage nach einer entsprechenden Verordnung tauchte auf. Mohn: »Ich würde der Überzeugung immer den Vorrang vor einer Verordnung geben.«Derzeit gebe es noch keine Betreiber für dieses Verfahren. Die Wirschaftlichkeit sei derzeit noch nicht gegeben, sagte Steinmetz.

Das Verfahren sei aber grundsätzlich auch auf andere Klärwerke übetragbar. Das Klärwerk des Offenburger Zweckverbands sei auch aufgrund seiner mittleren Größe für das Pilotprojekt ausgesucht worden. An die Anlage sind 160 000 Einwohner angeschlossen. Das Produkt, das dort gewonnen wird, sei auch für die Landwirtschaft in der Region sehr interssant. Die Nachhaltigkeit müsse in der Köpfen der Verbraucher eine größere Rolle spielen als die Wirtschaftlichkeit, betonte Steinmetz.