Der Mindestlohn feiert im Januar seinen ersten Geburtstag. Seit einem Jahr darf niemand unter 8,50 Euro verdienen. Foto: NGG Foto: Schwarzwälder-Bote

Beschäftigung: Ein Jahr nach Einführung des Mindestlohns zieht Gaststätten-Gewerkschaft positive Bilanz

Der "8,50-Euro-Daumen" ist oben: Ein Jahr nach der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zieht die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) für den Ortenaukreis eine positive Bilanz.

Ortenau (red/fs). "Zum ersten Mal haben alle Beschäftigten einen festen Lohnsockel unter den Füßen – von der Küchenhilfe bis zur Verkäuferin im Backshop", sagt Claus-Peter Wolf. Für den Geschäftsführer der NGG Schwarzwald-Hochrhein ist der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro der "Einstieg in den Lohn-Aufstieg für Menschen, die zuvor mit Niedrigstlöhnen abgespeist wurden".

Vom "Schreckgespenst Mindestlohn", vor dem die Arbeitgeber auch im Ortenaukreis noch vor einem Jahr gewarnt hätten, sei nichts übrig geblieben: Der Mindestlohn sei weder "Konjunktur-Bremser" noch "gefährlicher Job-Killer". Die NGG legte dazu jetzt eine aktuelle Mindestlohn-Analyse vor, die das renommierte Pestel-Institut aus Hannover im Auftrag der Gewerkschaft gemacht hat.

Die Wissenschaftler werteten dabei auch die Beschäftigungssituation im Ortenaukreis aus: "Anstatt Servicekräfte oder Küchenpersonal zu entlassen, haben Hotels, Pensionen, Restaurants und Gaststätten neue Kräfte eingestellt. Insgesamt arbeiteten dort im Juni vergangenen Jahres immerhin 5 600 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte – und damit 5,6 Prozent mehr als noch im Vorjahresmonat", sagt Wolf.

Nach Angaben der Gewerkschaft hat der Mindestlohn zudem dazu geführt, dass etliche Arbeitgeber aus Mini-Jobs reguläre Stellen gemacht haben. Das gelte nicht nur für die Gastro-Branche. "Viele Mini-Jobs waren schlecht bezahlt. Durch den Mindestlohn sind die Mini-Jobber über die 450-Euro-Grenze gerutscht. Und das sind jetzt sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze", sagt der Geschäftsführer.

Dabei habe die Arbeitslosigkeit 2015 abgenommen: Im letzten Dezember waren rund 7673 Menschen im Ortenaukreis ohne Beschäftigung – und damit 3,3 Prozent weniger als noch ein Jahr zuvor. Auch die Beschäftigtenzahl insgesamt habe sich mit dem gesetzlichen Mindestlohn positiv entwickelt: Im Sommer des vergangenen Jahres gab es im Ortenaukreis 3459 Menschen mehr, die einen Job hatten, als im Sommer des Vorjahres.

Diese Zahlen liefern für den Geschäftsführer der NGG eine klare Botschaft: "Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde hat den Beschäftigten gut getan. Und er hat der Wirtschaft nicht geschadet." Im Gegenteil: Das Lohn-Plus habe dem Ortenaukreis eine höhere Kaufkraft beschert. Für die Zukunft plant die Gewerkschaft eine schrittweise Erhöhung des Mindestlohns auf zehn Euro pro Stunde.