Für eine große Zahl an Menschen spielt die Pünktlichkeit der S-Bahn im täglichen Leben eine zentrale Rolle. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Der Aufwärtstrend bei der Pünktlichkeit der S-Bahn ist im Monat Juli erstmals seit Monaten wieder gestoppt worden. Nach offiziellen Angaben von DB Regio sank die sogenannte Drei-Minuten-Pünktlichkeit auf 85,5 Prozent – das ist weniger als im Juli des Vorjahrs.

Stuttgart - Der Aufwärtstrend bei der Pünktlichkeit der S-Bahn ist im Monat Juli erstmals seit Monaten wieder gestoppt worden. Nach offiziellen Angaben von DB Regio sank die sogenannte Drei-Minuten-Pünktlichkeit auf 85,5 Prozent – das ist weniger als im Juli des Vorjahrs (89,8 Prozent) und auch der geringste Wert seit Dezember 2015. Allerdings muss dabei berücksichtigt werden, dass auf der Bahnstrecke zwischen Stuttgart-Rohr und Böblingen seit Mitte Juli Bauarbeiten stattfinden und mit den getauschten Linien S 1 und S 3 sowie den neuen Verbindungen S 13 und S 31 bis zum 15. August eine Sondersituation gegeben war. Bis zum 10. September gibt es auf dem Abschnitt weitere, wenn auch geringere Einschränkungen.

Vom 13. Juli bis zum 10. September erneuert die Bahn für zwölf Millionen Euro 17 Kilometer Gleise und zwei Weichen zwischen Stuttgart-Vaihingen und Böblingen, zeitweise steht auf der Strecke nur ein Gleis zur Verfügung. Damit der Regional- und Fernverkehr und die S-Bahnen möglichst pünktlich das Nadelöhr auf der Gäubahn passieren können, wurde die Linienführung der S-Bahn geändert: die S 1 (Kirchheim/Teck-Herrenberg) fuhr nur noch zwischen Plochingen und Schwabstraße, dafür verkehrte die neue S 13 von Kirchheim/Teck bis Flughafen; die S 3 Backnang-Flughafen wurde aufgeteilt in eine S 3 zwischen Backnang und Stuttgart-Vaihingen und eine S 31 von Backnang bis Herrenberg. „Das war ein enger und sehr ambitionierter Fahrplan, weil wir auf einem langen Abschnitt im Gleiswechselbetrieb fuhren“, sagte Bahnsprecher Werner Graf. Das heißt, dass das Gleis in beide Richtungen befahren wurde, bei Verspätungen musste gewartet werden. Allerdings klappte das nicht wie erhofft: Verspätungen des Fern- und Regionalverkehrs aus Stuttgart und Herrenberg wirkten sich auf die S-Bahn-Züge aus. Zudem waren viele Züge rappelvoll oder sogar so überfüllt, dass Fahrgäste an Bahnsteigen stehen bleiben mussten. „Die Linie 31 wurde hart getroffen, das sorgte für große Unzufriedenheit – bei der Kundschaft, aber auch bei uns“, sagte Graf. Nach den ersten Tagen sei klar gewesen, dass „trotz intensiver und gewissenhafter Planung zu viele Züge im Bauabschnitt verkehrten und der Regionalverkehr zu stark beeinflusst wurden und unpünktlich lief.“ Deshalb wurde vom 25. Juli an fünf Regionalzüge über Renningen und Leonberg umgeleitet, so dass die Belastung des einzig freien Gleises verringert wurde. „Das hat deutlich geholfen, der Betrieb hat sich stabilisiert, und die S-Bahn wurde entlastet“. Doch unabhängig davon sorgten weiterhin Signalstörungen und durch Baumaschinen und Blitzeinschläge ausgelöste rote Signale für Probleme. „Sie führten teilweise zu erheblichen Verspätungen und übertrugen sich ins gesamte Netz“, räumte Graf ein.

Die negativen Folgen wurden angekündigt

All das ist in die Statistik der Deutschen Bahn eingeflossen, die monatsweise nur einen Pünktlichkeitswert für das gesamte Netz ausweist. Darin wird für den Juli eine Drei-Minuten-Pünktlichkeit von 85,5 Prozent ausgewiesen – das heißt, dass 85,5 Prozent aller S-Bahnen pünktlich oder maximal mit zwei Minuten und 59 Sekunden verspätet sind. Zum Vergleich: im Februar, März und Mai lag der Wert über 90 Prozent. Die mit dem Verband Region Stuttgart vereinbarte Zielmarke, die seit Jahre nicht mehr erreicht wird, beträgt aber 94,5 Prozent. Bei der Sechs-Minuten-Pünktlichkeit ermittelte die Bahn den Juli-Wert von 95,5 Prozent, das ist der schwächste Wert im Jahr 2016 und auch unterhalb des Zielwerts von 98 Prozent. Zumindest für die Bahnverantwortlichen dürfte das nicht überraschend kommen. Sie hatten schon beim S-Bahn-Gipfel im April angedeutet, dass die Baustelle auf der Gäubahn negative Folgen für die Pünktlichkeit haben wird. Andererseits gibt es momentan wieder fast täglich technische Störungen – vor allem an Weichen und in Stellwerken.

Auch das Internetportal S-Bahn-Chaos , das Echtzeitdaten der Bahn auswertet und normalerweise etwas schlechtere Werte als die Bahn ermittelt, bestätigt den Trend: Nachdem seit Anfang des Jahres die Pünktlichkeit, wenn auch nur geringfügig, verbessert wurde, rutschte sie im Juli deutlich unter die Vorjahreswerte. Das gilt vor allem für die S 31, die in der Hauptverkehrszeit bei der Drei-Minuten-Pünktlichkeit nur einen Pünktlichkeitswert von 59,6 Prozent erreichte, über die gesamte Zeit liegt er bei 69 Prozent. Für das gesamte S-Bahn-Netz ermittelt das Internetportal in der Hauptverkehrszeit eine Drei-Minuten-Pünktlichkeit von 75,9 Prozent und eine Sechs-Minuten-Pünktlichkeit von 92, 3 Prozent, über die gesamte Verkehrszeit liegen die werte 83 und 94,4 Prozent. Aber auch die S-Bahn-Kritiker räumen ein, dass die Bauarbeiten „erheblichen Einfluss auf die Pünktlichkeit der S 31 haben“. Ihre teilweise riesigen Verspätungen seien auch auf den anderen S-Bahn-Linien nicht ohne Folgen geblieben. Deshalb dürfe die Pünktlichkeit der S 1 und S 3, die ebenfalls deutlich zurückging, nicht mit den Vormonaten verglichen werden.