"Visionen gehören zum Beruf": Nach vier Legislaturperioden sieht Jürgen Nowak seine Zukunft im Ehrenamt. Foto: Möller

Amtierender Oberwolfacher Bürgermeister blickt in die Zukunft der Gemeinde. Nachfolger soll seine eigenen Akzente setzen.

Oberwolfach. Kurz vor der Wahl des neuen Oberwolfacher Bürgermeisters blickt Amtsinhaber Jürgen Nowak nach vier Legislaturperioden auf anstehende Projekte und erklärt, was ein Gemeindeoberhaupt mitbringen sollte.

Herr Nowak, Ihre Amtszeit endet demnächst. Welche Projekte stehen nun für den nächsten Bürgermeister an?

Der Wolftal-Radweg. Das Land, beziehungsweise das Regierungspräsidium ist grundsätzlich bereit, das Projekt zu fördern. Parallel dazu steht immer noch im Raum, ob das Land selbst baut, im Frühjahr 2015 wissen wir mehr.

Was soll das Projekt kosten?

Das letzte Teilstück wird sich im Bereich von einer Million Euro für dreieinhalb Kilometer mit schwieriger Topografie bewegen. Mittel für einen weiteren Bauabschnitt hat die Gemeinde schon im Haushalt eingestellt.

Was steht sonst noch auf der Agenda?

Straßensanierungen, die sind von den Schäden her klassifiziert und da wird man im nächsten Jahr entsprechend einer Prioritätenliste anfangen. Und natürlich das Thema Erneuerbare Energie. Messungen auf dem Schwarzenbruch sind schon vor längerer Zeit gemacht worden. Nun auch im Bereich mit Hausach zusammen. Gut ist, dass wir auf dem Schwarzenbruch Grundstückseigentümer sind.

Welche Themen werden sonst noch in die Amtszeit ihres Nachfolgers reichen?

Die Nahwärmeversorgung. Wir müssen das Holzheizwerk neu bauen, auch weil es jetzt schon 20 Jahre alt ist. Wir sind jetzt dabei, einen Standort auszuweisen und möchten dafür Richtung Wolfach gehen, auch was die Netzerweiterung angeht. Für den Abschluss des Sanierungsgebietes Allmend, das heißt für die noch nicht verkauften Gewerbeflächen ist es wichtig zu wissen, wann das neue Holzheizwerk gebaut wird, weil erst dann kann die Gemeinde sich von den restlichen Liegenschaften dort trennen. Das sind die anstehenden Themen.

Dazu war auch die Energiewerkstatt wichtig.

Ja. Mit Wasserkraft, Nahwärme, Photovoltaik und Windkraft könnten wir in zwei bis drei Jahren mehr als uns selbst mit Energie versorgen.

Wie ist es um den Erhalt des Altersheims bestellt?

Da haben wir laut Heimbauverordnung nun bis 2019 Zeit, den Standort hinsichtlich der Planung und den neuen gesetzlichen Vorgaben und dem Bedarf entsprechenden Angebote zu untersuchen. Wir müssen also die neuen Anforderungen erfüllen, und zuerst werden die Flächen nördlich des Pflegeheimes in die Prüfungen mit einbezogen. Der Gemeinderat wird sich noch dieses Jahr mit diesem Thema intensiv beschäftigen, Entscheidungen erwarte ich aber erst 2016, die Zeit drängt aber zweifellos.

Wie gut ist denn die Internet- und Mobilfunkversorgung?

Im Oktober bekommen wir handytechnisch LTE. Die Telekom möchte auch in das Glasfasernetz zwischen Wolfach und Freudenstadt investieren. Das alte Netz soll jetzt verstärkt werden, was uns wieder einen Schritt nach vorn bringt. Wir werden aber dennoch noch Gebiete haben, die noch nicht ausreichend versorgt sind, hier setzen wir auf die Initiative des Landkreises.

Wie könnte Oberwolfach in Zukunft dem überall merkbaren demografischen Wandel trotzen?

Wir haben immerhin keinen Leerstand und den Trend, dass Gebäude relativ zügig wieder einen Käufer finden. Natürlich kommen wir mit derzeit zehn Geburten pro Jahr nicht weit. Aber da können wir nur wenig Einfluss nehmen. Aber wir können wenigstens Baugebiete bieten. Wir haben zwar eine positive Zuzugsbilanz, aber mehr Sterbefälle als Geburten eben. Aber das ist der allgemeine Trend und schwankt sehr stark.

Welche Rolle spielen die Betreuungsmöglichkeiten für den Nachwuchs?

Das ist uns sehr wichtig und das Angebot ist bis einschließlich Grundschule sehr gut. Wir haben immerhin 24 auswärtige Kinder im Kindergarten St. Josef. Die Werkrealschule macht zwar gute Arbeit, ist aber leider ein Auslaufmodell, was letztlich durch den Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung und das neue Angebot der Gemeinschaftsschule nicht zu verhindern gewesen ist. Da muss man dann mal schauen, was in das frei werdende Gebäude für schulische Nutzungen reinkommen können. Wir haben ja in der Werkrealschule exzellent gute Unterrichtsräume. Welche Kooperation möglich sein wird, kann derzeit noch nicht gesagt werden. Und die anderen schulischen Angebote sind von Oberwolfach aus praktisch vor der Haustür.

Die Arbeitsplätze sind auch eher in den umliegenden Orten.

Oberwolfach war schon immer eine Auspendlergemeinde. In den 1980er-Jahren gab es hier noch zwei große Firmen. Heute sind wir froh, dass sich die vorhandenen Firmen und die Industrie in der Raumschaft gut entwickeln. Und für größere Expansionen haben wir mit unseren topografischen Bedingungen keinen Raum. Wir sind deshalb eher eine Wohngemeinde, stärken aber die heimischen Firmen in deren Entwicklung.

Wie viele Vollerwerbslandwirte gibt es noch vor Ort?

Das sind ganz wenige. Die kann man etwa an einer Hand abzählen. Viele sind parallel zur Landwirtschaft noch im Handwerk tätig und auch die Frauen arbeiten zusätzlich. Aktuell ist ein Gemeinschaftsstallprojekt angedacht, aber das muss man nun sehen. Das ist im Moment im Laufen, aber die müssen natürlich auch zusammen passen. Und für solche Projekte sind im LEADER-Programm auch Mittel vorhanden.

Was macht die Offenhaltung? Ist die freie Fläche haltbar?

Auf Dauer wird das schwierig. Aber es gibt immer wieder Initiativen wie zum Beispiel ein neuer Ziegenhalter auf dem Schwarzenbruch. Ich setze auf das Interesse der Landwirte an einem Offenhaltungskonzept.

Ist der Tourismus ein zukünftiger Schwerpunkt für den Luftkurort Oberwolfach?

Der Tourismus ist ein Feld, das sicherlich Zukunft hat. Wir setzen auch auf eine Kooperation mit den Nationalparkgemeinden und waren jetzt ja auch mit denen auf der CMT in Stuttgart. Wir warten einmal ab, was sich in der Weiterentwicklung der Werbegemeinschaft Kinzigtal tut, auch in diese Richtung orientieren wir uns bislang. Wir haben jedoch einen extremen Rückgang an Privatzimmervermietung. Was uns fehlt, sind Wellness-Angebote in unserer Hotellerie. Unsere Gastronomie ist aber ansonsten gut aufgestellt und vielfältig. Wir unterstützen das über die Infrastrukturprogramme des Landes. Doch letztlich liegt es immer an den Betreibern, erfolgreich zu sein, die, die im Internet präsent sind und sich vermarkten, bei denen läufts gut.

Was macht das "Tal der Tiere"?

Unser Hinweissystem ist fertig und muss nur noch aufgestellt werden, die Tafeln in Bad Rippoldsau-Schapbach fehlen noch. Für das Thema spielt der Wolftalradweg auch eine bedeutende Rolle, dazu natürlich eine Vielfalt an Tierhaltungen und vor allem der Bärenpark.

Wie sieht es aus mit weiteren Feldern der interkommunalen Zusammenarbeit?

Im Bereich Schule werden wir die Fühler ausstrecken. In anderen Bereichen funktioniert dieses schon, wie zum Beispiel beim Interkom. Die Zusammenarbeit im Bereich Kinzigtalbad läuft und ist sehr wichtig. Aber im Bereich Kinzigtal-Tourismus tut sich derzeit nicht viel. Wir sind in puncto GmbH sowieso skeptisch. Aber im Moment sehe ich nicht, wie man sich da positionieren will.

Was halten Sie von einem Gemeindeverwaltungsverband?

Wir sind im Bereich Personal am untersten Limit, da geht nichts mehr. Aber ein solcher Verband müsste auch ein Zentrum haben – wo soll das sein? Im Bereich Bauhof wäre es vielleicht denkbar. Und im Bereich Forst könnte das bei den aktuell laufenden Reformen und ihren katastrophalen Folgen vielleicht eine gute Option sein, dass man eine gute Forsteinrichtung miteinander macht, vielleicht auch einen Zweckverband gründet.

Wie weit wird und muss zukünftig die Zusammenarbeit gehen? Bei den Wahlen in Bad Rippoldsau-Schapbach stand auch die Eingemeindung nach Freudenstadt zur Debatte. Wird das irgendwann auch in Oberwolfach Thema sein?

In den nächsten zehn, 20 Jahren sicherlich nicht, da werden wir auf die Schiene der interkommunalen Zusammenarbeit setzen. Oberwolfach kann auch noch einiges an Projekten, wenn auch mit Fördermitteln, alleine bewegen. Was haben wir vor Ort noch alles: beispielsweise einen Haus-, einen Zahnarzt und eine Apotheke.

Welche Rolle spielen Visionen für den Beruf des Bürgermeisters?

Visionen gehören zum Beruf, man braucht mittel- und langfristige Pläne. Der neue Bürgermeister von Oberwolfach wird Motor für eine gute Zukunft sein müssen. Man muss Ideengeber sein können und natürlich eine gute Truppe im Rathaus haben.

Was ist das Erfolgsrezept?

Die Menschen müssen gerne hier leben, sonst gehen sie. Sicher besteht unter den Gemeinden der Raumschaft ein Wettbewerb. Aber neben dem eigenen guten Standort braucht jeder auch die Zusammenarbeit mit den Nachbarn. Das wird der Spagat für die Zukunft sein. Das Kinzigtal muss möglichst viel anbieten können. Im Bürgermeister-Sprengel wird Vieles Wichtige abgestimmt, dass nicht jeder das Rad neu erfinden muss.

Welche Eigenschaften sollte ein Bürgermeister Ihrer Ansicht nach haben?

Für das Amt muss man kommunikativ sein, hartnäckig, und trotzdem Bürger bleiben, wie ein Nachbar. Und man muss kreativ sein, sollte nicht auf irgendetwas warten, sondern selbst den Ball spielen.

Bald sind Sie nicht mehr Bürgermeister. Aber Sie bleiben Oberwolfacher: Was sind ihre Wünsche an den nächsten Bürgermeister von Oberwolfach?

Nach meiner Amtszeit werde ich mich selbstverständlich aus der Ortspolitik heraushalten, aber alles interessiert beobachten. Und ich möchte mich nach vier Legislaturperioden mehr auf die Familie und das Ehrenamt konzentrieren. Falls gewünscht, stehe ich natürlich für Engagement und Ratschläge zur Verfügung.

Aber was wünschen Sie sich als Bürger vom künftigen Schultes?

Dass er oder sie eigene Akzente setzt. Das ist kein Amt, das man irgendwo lernt. Die Basis für eine gute Entwicklung in Oberwolfach ist da. Es gibt gute Ansätze des interkommunalen Arbeitens wie zum Beispiel das Kinzigtalbad. Aber es gibt auch genauso viele Handlungsfelder und Herausforderungen, die eigene Ideen benötigen, da bin ich aber optimistisch.