Wolfgang Schaile (links) hatte zum Austausch nach Oberwolfach eingeladen. Foto: Schwannauer Foto: Schwarzwälder-Bote

Arbeitskriminalität: Wie spürt man manipulierte Fahrtenschreiber auf? Experten tagen in Oberwolfach

Wie viele Unfälle durch übermüdete Lastwagenfahrer verursacht werden, lässt sich nicht beziffern. Genügend jedoch, dass es seit neun Jahren eine Fachtagung zum Thema "Manipulation des Fahrtenschreibers" gibt. Jetzt fand das Expertentreffen in Oberwolfach statt.

Von Nicola Schwannauer

Oberwolfach. 63 Fachleute aus ganz Deutschland und der Schweiz trafen sich im Pfarrsaal bei der Kirche. Eingeladen hatte Wolfgang Schaile, Gewerbedirektor am Landesministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Senioren. Jedes Bundesland war bei dem dreitägigen Treffen mit zwei Experten von Polizei oder Industrie vertreten. Die Veranstaltung findet jährlich an unterschiedlichen Orten statt.

Das Geschäft mit dem Warentransport ist hart umkämpft, Unternehmen stehen unter Druck und geben diesen an ihre Fahrer weiter. Diese befinden sich zum Teil viel zu viele Stunden ununterbrochen hinterm Steuer. Schailes vorsichtige Schätzung lautet, dass rund ein Drittel der LKWs ihre Fahrtenschreiber manipulieren – damit die Ware schneller ans Ziel gelangt. Die Unternehmen umgehen damit die gesetzlichen Bestimmungen. Meist bringen die Fahrer selbst die Manipulationen, etwa in Form eines Magnets, an ihren Lastern an – und machen sich damit persönlich strafbar.

Fahrtenschreiber in Form eines Tachometers gibt es nicht mehr. Seit 2006 gibt es persönlich zugeteilte Fahrerkarten, einen digitalen Arbeitsnachweis für die Fahrer. "Diese kann man leider auf unterschiedliche Art manipulieren", sagt Immanuel Noske vom Landesamt für Aus- und Fortbildung der Polizei in Nordrhein-Westfalen. Wie genau, dazu gehen weder Noske noch Schaile in die Tiefe. Jedenfalls aber schalten die Manipulationen zugleich auch sämtliche Sicherheitssysteme im Laster aus und gaukeln dem Gerät vor, auf Ruhezeit zu sein. Der Fahrer mit manipuliertem Fahrtenschreiber macht also laut Gerät Pause, während er ohne Ruhepausen immer weiterfährt.

"Es ist eine enorm große Gefahr", sagt Wolfgang Schaile, "und die Fahrer stehen oft unter einem solchen Druck, dass sie das mitmachen." Ein Unternehmer nimmt einen Auftrag unter allen Umständen an, so würden die Fahrer zum Schummeln verleitet. Mit Verkehrskontrollen an Autobahnen will die Polizei einschlägige Straftaten eindämmen, viele der Unternehmen, die ganze Flotten manipulierten, kenne man bereits und ziehe sie gezielt aus dem Verkehr.

Das Thema ist für die Polizei so langfristig brisant, weil es immer wieder neue Formen der Manipulation gibt. "Doch wir hingen immer einen Schritt hinter den Tätern her. Es ist ein ständiger Wettkampf, in dem wir nie auf das Niveau der Täter kommen", bekennt Immanuel Noske.

Wer manipuliert, macht sich laut Gesetz der Fälschung beweis-erheblicher Daten und der Urkundenfälschung schuldig. Seit es gesetzlich geregelte Ruhezeiten für LKW-Fahrer gebe, habe sich das Problem noch verschärft, sagt Schaile. Fahrtenschreiber, die vor Manipulationen sicher sind, gebe es nicht. "Das ist der Yeti", meint Noske, "alle reden drüber und keiner hat’s gesehen."

Dass sich so viele Experten in das Thema reinknien, habe drei Hauptgründe: Es gehe um die Verkehrssicherheit, um den Schutz der Arbeitnehmer vor Überbeanspruchung und um die Wettbewerbsgleichheit. Firmen, die fair arbeiten und sich an die Regeln halten, dürften davon keinen Wettbewerbsnachteil haben, sagt Wolfgang Schaile.

In zwei Jahren will er die Tagung wieder nach Oberwolfach bringen.