Bürgermeister Matthias Bauernfeind ging immer wieder auf Wortbeiträge des Oberwolfacher Gremiums ein. Foto: Steitz

Am Pilfer, Hohenlochen und Bruzbühl kommen für den Flächennutzungsplan in Betracht.

Wolfach/Oberwolfach - Es ist eine ungewöhnliche Sitzung gewesen: Ein Thema, zwei Räte und jeder entscheidet für sich. Formalrechtlich handelte es sich um getrennte Sitzungen, die die Oberwolfacher und Wolfacher Gemeinderäte am Mittwochabend in der Festhalle Wolfach erlebten.

Es ging dabei um die Festlegung von Suchräumen in Konzentrationszonen für potenzielle Windkraftanlagen und dem damit verbundenen Flächennutzungsplan (FNP) der Verwaltungsgemeinschaft Wolfach/Oberwolfach.

Mit einer Gegenstimme hat das Oberwolfacher Gremium für die Standorte Pilfer, (Wol 12), Hohenlochen/Kreuzbühl (Owo 1) sowie Burzbühl (Owo 2) votiert. Die Wolfacher stimmten geschlossen ebenfalls für diese Konzentrationszonen. Allerdings fiel vielen das "Ja" nicht leicht. Die Gründe waren vielschichtig.

Schon im Vorfeld mussten drei Lokalpolitiker auf der Gästetribüne Platz nehmen. Regina Sum (FW), Roland Haas (FW) und Martina Armbruster (FW) aus Oberwolfach durften aufgrund ihrer Befangenheit nicht mitentscheiden. Helmut Schneider (FW) aus dem Wolfacher Stadtrat nahm an der Veranstaltung gar nicht erst teil, er hatte sich schon im Vorfeld wegen seiner Befangenheit entschuldigt. Nachdem diese Frage geklärt war und alle anwesenden Ratsmitglieder, vollumfänglich votieren konnten, wurde diskutiert.

Zunächst einmal erläuterten Martina Hanke, Mitarbeiterin der städtischen Bauverwaltung, und Holger Fischer vom Planungsbüro Fischer aus Freiburg, wie der Sachstand derzeit ist. Demnach standen 24 Suchräume auf der Liste, aus denen drei Konzentrationszonen sich am geeignetsten herauskristallisierten.

Dabei handelt es sich Hanke zufolge um vier Windräder auf Oberwolfacher Gemarkung, die bereits mit der Badenova in einem Pachtvertrag fixiert sind, und eine Anlage im Wolfacher Bereich. Am Pilfer, so Hanke, kann aus Gründen des Artenschutzes nur maximal ein Windrad aufgebaut werden, da auf dem Berg auf Hornberger Seite bereits vier Windkraftanlagen stünden.

Transparenz hatten die Planer des Flächennutzungsplans eine große Priorität eingeräumt. Jeder Bürger konnte bei der Offenlegung der Suchräume auf dem Rathaus oder über die Homepage der Gemeinde seine Meinung zu den möglichen Konzentrationszonen kundtun. Allein 80 Fachbehörden, Träger öffentlicher Belange und Nachbargemeinden wurden angehört. 100 private Einwendungen kamen im Rathaus an. Sie werden bei der kommenden, erneuten Offenlegung aus Datenschutzgründen anonymisiert wieder gegeben, zum Beispiel: Bürger 1 beschwert sich: "Energiewende ist verfehlt". Auch an dem Abend bestand ein hohes Interesse seitens der Bevölkerung. 50 Personen verfolgten die Entscheidung live mit.

Ein großes Thema in der Versammlung war der Abstand zu Siedlungen im Außenbereich, der als Mischgebiet gezählt wird. Dieser betrage 400 Meter vom Wohnhaus zur Windkraftanlage. Erna Armbruster (FW) aus dem Gemeinderat Oberwolfach wollte wissen, ob ein Flächennutzungsplan (FNP) anerkannt wäre, wenn die Abstände zu den Siedlungen vergrößert würden.

Fischer erläuterte, dass 400 Meter eine theoretische Möglichkeit und zugleich ein Hilfsmittel sei, um die Flächen zu finden. Die realen Anlagen würden diesen dann genauer definieren. "Wenn es ein Windrad gibt und es läuft lauter, dann kann der Abstand auf 600 Meter erhöht werden",  so Fischer und wagte noch eine gewagte Aussage: "Die größeren Anlagen sind leiser geworden", was sofort von Armbrusters Kollegen Welle (CDU) kritisiert wurde. "Die oben halten sich heraus und wir müssen uns dann entscheiden", beklagte er zudem und erntete Applaus aus den Besucherrängen. "10 Ha Mindestabstand. Punkt", rief er und erhielt wieder Beifall vom Publikum, indem er sich auf eine bayerische Gesetzregelung bezog, die längst nicht mehr in Kraft ist.

Dann plädierte Martin Rebbe (FW, Oberwolfach) sehr emotional für die Energiewende. "Ich bin sehr gern dabei, einen substanziellen Beitrag zu leisten", bekannte er. "1986 habe ich die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl miterlebt, ich möchte so etwas nicht für meine Kinder, die Erde so zu hinterlassen." Er fand: "Wir können nicht sagen: Macht ihr Anderen, wir nicht!", und bekam Beifall vom Publikum und einiger Räte.

Dann meldete sich erstmals aus den Wolfacher Reihen Stadträtin Simone Heitzmann (CDU) zu Wort: "Ich bin natürlich auch nicht für Atomkraft. Aber ich möchte eins nicht, dass das Kinzigtal zugepflastert ist mit Windrädern", bekannte sie.

Bürgermeister Thomas Geppert warb indes dafür, dem Beschlussvorschlag anzunehmen. Es ginge darum, "wie wir unsere Freifläche gestalten" und von der Genehmigungsbehörde des Landratsamts Ortenaukreis "das OK" zu bekommen. Der Wolfacher Gemeinderat Georg Schmieder (CDU) sah es wie Heizmann und wollte dem FNP zustimmen, um das Standortproblem unter Kontrolle zu bekommen.

Welle hingegen wollte "es dokumentiert wissen", ob auf dem Gütschkopf definitiv keine Windräder mehr stehen würden. Die finale Entscheidung des Landratsamts steht noch aus (wir haben berichtet). "Definitiv kann ich nichts garantieren", erwiderte Fischer. Oberwolfachs Bürgermeister Matthias Bauernfeind betonte: Wenn der FNP so wäre und neue Landesregierungen kämen, könnten die so eine Planung auch kippen. Auch bezüglich Welles zweiter Bitte, die Höhe von Windrädern zu begrenzen, konnte Bauernfeind nur vertrösten und sicherte zu, abzuklären, ob das rechtlich möglich sei.

Kraft des neuen Beschlusses beider Gremien werden nun die Mitglieder des Gemeinsamen Ausschusses zur Abwägung und Billigung des FNP-Teilplan-Entwurfs beauftragt. Dieses Gremium tagt Hanke zufolge vermutlich am 13. Juni. Danach erfolgt zeitnah die Offenlage aller Materalien für die Bürger. Dann werden die Fachbehörden und Nachbargemeinden erneut angehört, um schließlich den Feststellungsbeschluss zu fällen.

Weitere Informationen: 433 Seiten umfasst der Flächennutzungsplan (FNP) der Gegenbacher. 650 Seiten dick ist das Dekret der Wolfacher und Oberwolfacher. Das liegt laut Holger Fischer vom Freiburger Planungsbüro Fischer, der seit 2012 mit den Wolftälern an dem FNP arbeitet, immer auch ein Stück weit an den Bürgern, die dort leben und bestimmte Sorgen bezüglich der Windkraftstandorte äußern.