Von Kirche bis Burgruine: Nach 32 Jahren im Amt erinnert sich Oberwolfachs Bürgermeister Jürgen Nowak an den ersten Panoramaausblick auf die Gemeinde, die ihm 1983 sein Vorgänger Willi Rauber von seiner Terrasse am Kirchberg mit den Worten "Das ist Oberwolfach" gezeigt hat. Fotos/Archivbilder: Möller/Hermann Foto: Schwarzwälder-Bote

Persönliche Erinnerungen von Jürgen Nowak zum Ende der Amtszeit

Von Arwen Möller

Oberwolfach. Jürgen Nowak wird an diesem Wochenende die Schlüssel fürs Oberwolfacher Rathaus an seinen Nachfolger Matthias Bauernfeind übergeben. Mit dem Schwarzwälder Boten hat der heute 58-Jährige einige Orte in der Gemeinde aufgesucht, mit denen er ganz persönliche Erinnerungen verbindet.

Das Porträt des Bundespräsidenten schaut dem Oberwolfacher Bürgermeister in seinem Amtszimmer quasi über die Schulter. In der Vitrine reihen sich Mineralien, Erinnerungsgeschenke und Auszeichnungen. Einige Stifte stecken in einer Tasse auf dem Schreibtisch: "Halbzeit" lautet der Aufdruck auf dieser. Doch für Jürgen Nowak neigt sich die Zeit hier im Büro im Rathaus und als Bürgermeister dem Ende zu. Am morgigen Samstag ist sein letzter Tag im Amt.

Welches erste Bild von Oberwolfach ist ihm am stärksten in Erinnerung geblieben? "Der Ausblick vom Kirchberg aus der Wohnung meines Vorgängers – Willi Rauber zeigte mir das Panorama aufs Tal und sagte damals: ›Das ist Oberwolfach‹". Der Altbadnener Rauber wies talabwärts und riet: "Und Wolfach immer im Auge behalten." Das war im April 1983, kurz zuvor hatte Nowak seine Bewerbung an die Gemeinde geschickt. Bevor er diese gesandt hatte, waren er und seine Frau Elisabeth ein Wochenende von Iserlohn in den Süden der Republik gefahren: Laut Staatsanzeiger wurden in Ottenhöfen und in Oberwolfach Bürgermeister gesucht. Und die beiden entschieden sich, dass Jürgen Nowak es in Oberwolfach mit einer Kandidatur versuchen solle.

Gleich zu Beginn der Frist reichte er seine Unterlagen ein. "Ich bin parteipolitisch nicht gebunden und möchte mit meinem ganzen Engagement der Gemeinde und ihren Bürgern dienen", schrieb er damals in seiner Bewerbung. Immer wieder rief er bei der Gemeinde an, blieb aber lange der einzige Kandidat. Bis Peter Jehle, vormals Bürgermeister in Münstertal, für die CDU seinen Hut in den Ring warf.

"Der Ablauf der öffentlichen Vorstellung war damals ganz anders", berichtet Nowak. Als Erster auf der Liste durfte er eingangs 30 Minuten für sich werben. Dann tauschte er mit Jehle die Kopfhörer im Nebenzimmer der Gemeindehalle gegen das Rednerpult und der CDU-Kandidat sprach eine halbe Stunde. Dann beendete Bürgermeister Willi Rauber die Veranstaltung.

Nowak setzte danach erst mal vor die Gemeindehalle. Da kamen einige, ihm bis dahin fremden Oberwolfacher zu ihm und sagten zu seiner Überraschung: "Jetzt machen wir Wahlkampf." Auf zehn Veranstaltungen stellte er sich in allen Gasthäusern in Oberwolfach den Bürgern vor. Am Samstag vor der Wahl holte Nowak seine Frau vom Hausacher Bahnhof ab, dann wollte er Willi Rauber wegen eines Stimmungsbilds aufsuchen.

"Der ist im Heu", hieß es. In dessen Garten an der Walke bekam der zunehmend nervöse Nowak von Rauber nur ein: "Das wird knapp für die CDU." Als Außenseiterkandidat aus dem hohen Norden hatte er mit mehr Bewerbern und mit weniger Chancen auf seine Wahl zum Bürgermeister gerechnet.

"Als ich dann meinen Namen und 78 Prozent hörte, dachte ich: ›Das gibt’s doch nicht‹", staunt Nowak immer noch darüber, wie Willi Rauber am Abend des 12. Juli 1983 das Ergebnis der Bürgermeisterwahl verkündete, der drei Wiederwahlen folgen sollten. Da stand er, die Musik spielte und dann stupfte ihn Rauber an: "Jetzt müssen Sie sagen, dass es Freibier gibt." Nowak, der nicht mit einem solchen Erfolg gerechnet hatte, folgte dessen Rat. Bis in die Morgenstunden feierten die Bürger in den zehn Gaststätten der lang gezogenen, zweigeteilten Gemeinde und Nowak tourte von einer zur nächsten.

"Unsere erste Wohnung war hier im Rathaus", erinnerte er sich an die Anfangszeit in Oberwolfach und daran, welchem Zweck die Räume seines heutigen Büros damals dienten. Ein Jahr später zogen die Nowaks in eine Doppelhaushälfte in der Schulstraße im Ortsteil Kirche.

Fremd hat sich der in Iserlohn geborene Nowak in seiner gesamten, 32 Jahre dauernden Amtszeit in Oberwolfach nie gefühlt. Die Bürger hätten es ihm leicht gemacht und versucht, Hochdeutsch zu sprechen. Schwierige Zeiten wie der Wegzug der Möbelwerke Hund oder die Auflösung des Bundeswehr-Depots konnten gemeistert werden. Eine verpasste Chance sieht Nowak immer noch in der einst geplanten Straßenausbau der Ortsdurchfahrt Walke. Viele Projekte wie beispielsweise die Sanierung des alten Schulhauses wurden gemeinsam angepackt. Besonders freut es den Schultes, dass die Gemeinderäte 1990 den Anschluss an die Wasserversorgung durch die Kleine Kinzig fast einstimmig beschlossen – für ihn mit die wichtigste Weichenstellung.

Und wo war Nowak am glücklichsten? "Im Wolfacher Krankenhaus bei der Geburt unserer Kinder", sagt er ohne Umschweife. Mit seiner Frau Elisabeth, Marina und Michael sowie Enkel Max möchte er nun mehr Zeit verbringen. Plus Kreistagsarbeit, Leader-Aktionsgruppe und den anderen Ämtern wird er dann wohl "30 statt 60 Stunden pro Woche" arbeiten, wie Nowak seine Frau zitiert. Sein Amt nun in andere Hände zu geben, fühlt sich für Nowak rund an. Den Nachfolger berät er auf Wunsch gern. Und seine zwei Ordner mit der Aufschrift "Ideen" wird er auch im Büro lassen.