Mit Sieghard Lawrenz (Mitte) hat die Gemeinde einen Koordinator für Flüchtlingsfragen gewonnen, der zwischen Ehrenamtlichen und Bauamtsleiterin Alexandra Zillinger sowie Bürgermeister Karlheinz Kistner in der Verwaltung Anliegen vermittelt. Foto: Stocker

Patenberatung: Gemeinde engagiert Sieghard Lawrenz als Mittler. Unterstützung bis zur Selbsthilfe.

Oberreichenbach - Als eine Schnittstelle zwischen ehrenamtlichen Betreuern von Asylsuchenden und der Verwaltung hat die Gemeinde Oberreichenbach mit Sieghard Lawrenz einen Koordinator in Flüchtlingsfragen gewonnen.

Betreuung und Integration von Asylbewerbern ist für viele Gemeinden eine Herausforderung. Zahlreiche Ehrenamtliche engagieren sich außerdem. In Oberreichenbach gibt es jetzt einen Koordinator für alle Beteiligten.

Sieghard Lawrenz ist seit rund sechs Wochen Mittler zwischen allen Beteiligten. Er klopft ab, welcher Ausstattungsbedarf beispielsweise in potenziellen Wohnungen vorhanden ist, welchen Kleidungsbedarf die neuen Bürger haben oder wie ihnen die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs erklärt wird. Andererseits wickelt er die individuellen Abstimmungen mit dem Landratsamt, Banken oder auch Ärzten ab und berät die ehrenamtlichen Paten aus den Reihen der Bevölkerung.

Schnittstelle zwischen Helfern und Ämtern

"Er ist die Schnittstelle zwischen Verwaltung und Ehrenamt, zumal wir das personell nicht leisten können", so Bürgermeister Karlheinz Kistner zur Bedeutung des Koordinators. "Seit September haben wir auch Familien unter den Asylbewerbern, und die brauchen eine andere Art der Betreuung als Einzelpersonen", ergänzte Bauamtsleiterin Alexandra Zillinger. Schnell wurde dabei deutlich, dass der Ansatz über Paten, die den Neubürgern Alltagssituationen zeigen, also Umgang mit Müll oder Bedienung der Waschmaschine und vieles andere, ein organisiertes Netzwerk bräuchte. "Nicht nur die Flüchtlinge, auch die Ehrenamtlichen brauchen einen Ansprechpartner. Und diese offizielle Position sichert gegenüber den Behörden auch den Datenschutz", so Zillinger zur Aufgabenbündelung bei Koordinator Sieghard Lawrenz.

"Der Landkreis kann nicht in allen Gemeinden und an allen Unterkünften Sozialarbeiter zur Verfügung stellen", erläuterte Kistner die Oberreichenbacher Initiative im Gespräch mit unserer Zeitung. Gleichwohl habe der Sozialdezernent im Landratsamt, Norbert Weiser, die Übernahme der Hälfte der Personalkosten in Aussicht gestellt, falls die Gemeinde selbst aktiv werde. Gemeinderat und Verwaltung waren sich dazu schnell einig und nahmen die Bewerbung von Lawrenz für diese Stelle an, die derzeit durchschnittlich zehn Wochenstunden in Anspruch nimmt.

"Man muss sich der anderen Kultur, die diese Menschen mitbringen, bewusst sein und sollte bei aller emotionalen Bereitschaft zur Hilfe auch Distanz wahren", sagte Lawrenz. Als Pate einer der beiden Familien weiß er um die Situationen, mit denen Ehrenamtliche konfrontiert sein können. So sprechen generell der Mann in der Familie oder die Söhne, weist er auf eine oftmals andere Akzeptanz von Frauen hin.

Anleitungen verbunden mit Hilfestellungen

Andererseits müssten die deutschen Regularien erlernt werden. Um beispielsweise Geld zu erhalten, müssen monatlich die Kontoauszüge vorgelegt werden. "Sie würden aber verhungern, wenn man sich nicht kümmert", erzählte der Koordinator. Der Bürgermeister erinnerte an den Aufruf des Pfarrers, sich für die Einzelschicksale barmherzig zu zeigen. Deshalb sei die Hilfe zur Selbsthilfe das Ziel des Engagements, mit dem auch weitere Ehrenamtliche gewonnen werden sollen.

Ein oder zwei Mal werde beispielsweise mit Kindern im Bus zur Schule gefahren, anschließend muss das die Familie selbst organisieren, berichtet Zillinger. Ähnlich wird für das Einkaufen verfahren.

Nicht immer läuft alles rund, es entstünden schon auch fordernde oder aggressive Verhaltensweisen, die aufgelöst werden, so Lawrenz. Bei den 23 Personen, die in Oberreichenbach untergebracht sind, komme hinzu, dass etwa 80 Prozent aus sicheren Herkunftsländern stammen. "Durch das eher geringe Bleiberecht haben sie keinen Anspruch auf Sprachkurse", erklärte der Koordinator deren Zuzug vor der aktuell geltenden Regelung.

Nicht unter den Tisch kehren möchte er auch die Widerstände aus der einheimischen Bevölkerung. Umso wichtiger sei der persönliche und auch direkte Kontakt in alle Richtungen, um Eskalationen zu vermeiden.

Ungeachtet dessen sucht die Gemeinde weiteren Wohnraum in allen Ortsteilen, da für Ende Februar weitere Asylbewerber angekündigt sind. Während aus hygienischen Gründen Kleidung nur gezielt besorgt wird, nimmt die Gemeinde gerne kleinere einfache Möbel sowie Bettwäsche, Handtücher, Geschirr, Töpfe und andere grundlegende Haushaltsgegenstände entgegen.

Für Montag, 25. Januar, plant die Verwaltung ab 19.30 Uhr einen Infoabend im Rathaus rund um das Thema Flüchtlingsunterbringung.