Von Obdachlosen und Blutsaugern: Zum 75. Jubiläum feiert die Hexenzunft Obernheim ein besonderes Spektakel

Von Karina Eyrich

Obernheim. Eine historische Figur hat die Hexenzunft Obernheim am gestrigen "Schmotzigen Donnerstag" wieder zum Leben erweckt, während prominente Zeitgenossen steckbrieflich gesucht wurden.

"Räuberhauptmann Sepp" und ein "zehnköpfiger Geheimbund" sind in Obernheim gestern steckbrieflich gesucht worden. Zu Last gelegt werden ihnen die Erhöhung des Wasserzinses, der Abbruch des gesamten Ortskerns und die Erbauung eines neuen Kindergartens anstellen von neuen Gasthäusern.

Aus den bestehenden strömten die Narren der Hexenzunft ausnahmsweise erst abends, um sich aus Anlass des 75. Jubiläums der Zunft und des Schmotzigen Donnerstags zu einem historischen Durfumzug zu formieren. Angeführt von der Lumpenkapelle zogen Zunftmeister René Schatz und der Zunftrat sowie die Vereine in originellen Gewändern – verkleidet als Zootiere, Gelbe Engel, Schneemänner und Blutsauger; ein origineller Witz des Roten Kreuzes – durch den Ort zum Hexeneck, um dort die Hexen und weitere Gruppen zu einem Fackelzug abzuholen. Blickfang im Gaudiwurm allerdings waren Prinz Carneval und seine Gemahlin, Daniel I. und Yvonne I., denen ihr mehr als 40 Jahre dauernder Schönheitsschlaf gut getan hat, wie René Schatz kommentierte.

Die Zunft hat die zwei Figuren zum Jubiläum wiederbelebt – zwei andere sind jedoch bestens bekannt: Ritter Konradin von und zu Obernhan, in dessen Gewand Hans-Werner Moser steckte, und seine Burgfrau, Stefanie Linder. Sie zwangen gemeinsam mit Schatz den "Schultes, Kronprinzen und Obervogt" Josef Ungermann – genau! Der Räuberhauptmann vom Steckbrief – zur bedingungslosen Kapitulation, die mit heftigen Strafen einhergeht. Sollte also ein Obernheimer Durst haben, muss er nur ein Mitglied von Ungermanns "Hofstaat" in einem Wirtshaus suchen, um "eine Liesel Bier" spendiert zu bekommen. Seine Revanche hatte Ungermann in Gedichtform verpackt: Er will so viel Arbeit im Rathaus zurücklassen, dass die Narren ihm freiwillig sein Amt am Aschermittwoch zurückgeben.

Per Eid nahm René Schatz den Schultes in den Zunftrat auf, und wenigstens über die närrischen Tage muss Ungermann damit aufhören, Obernheim abzureißen. "Allen, die noch Obdach haben", wünschte Schatz eine glückselige Fasnet, die mit dem Tanz um den Hexenbaum gestern nicht endete. Höhepunkt ist am Sonntag die Verbrennung der Unholda Moserin auf dem Rathausplatz. Das Spektakel beginnt um 14 Uhr.