Auch unter Küchenchef Torsten Michel erhält die Schwarzwaldstube drei Michelin-Sterne. Foto: Rene Riis

Südwesten bleibt vorne. Auch unter Wohlfahrts Nacholfger Torsten Michel erhält Schwarzwaldstube drei Sterne.

Oberndorf/Potsdam - So viele Restaurants wie nie zuvor dürfen sich mit Sternen des Hotel- und Restaurantführers »Guide Michelin« Deutschland schmücken. In der Ausgabe 2018, die am Dienstag in Potsdam vorgestellt worden ist, sind insgesamt 300 Sterne-Restaurants verzeichnet.

Der Südwesten ist traditionell eine Hochburg der Feinschmecker. Das bleibt auch 2018 so: 74 Restaurants tragen einen oder mehrere Michelin-Sterne. Darunter sind zwei Mal drei und sieben Mal drei Sterne. Somit liegt Baden-Württemberg deutlich an der Spitze der Bundesländer. Neu mit einem Stern sind das Eckert in Grenzach-Wyhlen (Kreis Lörrach) und das Anima in Tuttlingen vertreten. Seine beiden Sterne verloren hat hingegen das Brenners Park-Restaurant in der Kurstadt Baden-Baden.

Wohlfahrt fehlt

Bei der Präsentation des Restaurantführers sollte eigentlich auch »der Großmeister der Drei-Sterne-Küche« verabschiedet werden: Harald Wohlfahrt. Doch er ist nicht dabei, sondern steht am Herd – beim Gourmet-Festival in Timmendorfer Strand an der Ostsee. »Ich musste leider absagen«, erzählt der 62-Jährige auf Nachfrage unserer Zeitung. Den Vertrag für das Gourmet-Festival habe er bereits unterzeichnet, noch bevor der Termin der Präsentation des »Guide Michelin« bekannt gewesen sei. Sonst wäre er »natürlich gerne hingefahren« nach Potsdam.

Aus seiner Sicht sei es vielleicht gar nicht schlecht, nach der Trennung im Unguten von der Traube Tonbach in Baiersbronn (Kreis Freudenstadt) etwas Zeit ins Land gehen zu lassen. Rückblick: Wohlfahrt und die Familie Finkbeiner hatten sich nach 41 Jahren erfolgreicher Zusammenarbeit nach einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Pforzheim getrennt, das mit einer gütlichen Einigung endete. Wohlfahrt ist seither freigestellt, aber noch bis Jahresende in der Traube Tonbach beschäftigt. Ein offizieller Abschied von der großen Bühne wäre auch kommendes Jahr noch möglich – und ihm »im Augenblick auch lieber«.

Die 41 Jahre in der Schwarzwaldstube der Traube Tonbach betrachte er als Lebenswerk. »Es wäre gelogen zu sagen: Ich bin da drüber weg. 41 Jahre im Leben kann man ja nicht einfach auslöschen«, meint Wohlfahrt. Mit etwas zeitlicher Distanz könne er für sich vielleicht zum Schluss kommen, dass der Zeitpunkt des Ausstiegs »doch der richtige« gewesen sei. Jetzt komme ein neuer, vielleicht sogar noch besserer Lebensabschnitt. Wohlfahrt ist jedenfalls viel gefragt derzeit, kocht in Mannheim im Palazzo, in Stuttgart, jetzt an der Ostsee und danach gleich wieder in Baden-Baden und Stuttgart. »Ich könnte jeden Tag kochen und werde den Kopf sicher nicht in den Sand stecken«, verrät Wohlfahrt. »Ich muss gerade eher aufpassen, dass es nicht zu viel wird.«

Einzigartig: Wohlfahrt hatte mit seiner Mannschaft drei Michelin-Sterne geholt und ein Vierteljahrhundert verteidigt. Als Küchenchef in der Traube Tonbach habe er eine ganze Generation von Spitzenköchen ausgebildet. Davon profitiert die Schwarzwaldstube weiterhin: Auch unter Wohlfahrts Nacholfger Torsten Michel (40) erhält das Restaurant drei Sterne. »Die Qualität und das Niveau sind unverändert sehr hoch«, sagt Ralf Flinkenflügel, Direktor des »Guide Michelin« Deutschland/Schweiz. »Das Team hinter den Kulissen hat in den vergangenen Jahren erlebt, was er leistet und wie er die Küche im Griff hat. Den nötigen Respekt als würdiger Nachfolger Harald Wohlfahrts hat er sich durch seine loyale, faire Art und sein Können am Herd erarbeitet«, sagt Seniorchef Heiner Finkbeiner.

Das zweite Haus mit der höchsten Auszeichnung im Südwesten bleibt das Restaurant Bareiss mit Küchenchef Claus-Peter Lumpp in Baiersbronn. »Wir behalten ihn nicht einfach, sondern wir alle miteinander werden erneut dafür ausgezeichnet, unsere Gäste auf diesem tollen Niveau verwöhnt zu haben«, erklärt Lumpp. Jörg Sackmann vom Restaurant Schlossberg im Baiersbronner Ortsteil Schwarzenberg behält zusammen mit seinem Sohn Nico seine zwei Sterne. »Das darf man nicht als selbstverständlich sehen«, sagt Sackmann. »Wir müssen uns jeden Tag aufs Neue beweisen.«

Ziel zwei Sterne

Im Nordschwarzwald verteidigt die Alte Post in Nagold (Kreis Calw) um Chef-Koch Stefan Beiter das zweite Jahr in Folge einen Michelin-Stern. Und Beiter kann sich so im absoluten Gourmet-Olymp etablieren. Die Zukunfts-Mission ist für ihn klar: Er möchte sich gerne auch »einen zweiten Stern« erkochen. Das Restaurant Berlins Krone in Bad Teinach-Zavelstein (Kreis Calw) kann indes seinen Michelin-Stern zum fünften Mal in Folge bestätigen. »Ich bin überglücklich«, sagt Küchenchef Franz Berlin, »für die Zukunft will ich langsam den zweiten Stern als Ziel ins Auge fassen.« Ein Konzept seiner Küche sei es, heimische Zutaten und Spezialitäten aus aller Welt miteinander zu kombinieren.

Auch weiter westlich, in der Ortenau, ist die Freude groß: Weiterhin über zwei Michelin-Sterne freut sich der Europa-Park in Rust, der dieses Prädikat seit 2014 für sein Restaurant Ammolite hält, als weltweit einziges Restaurant in einem Freizeitpark. Küchenchef ist Peter Hagen-Wiest. Das Hotel-Restaurant Adler in Lahr-Reichenbach hat seinen Stern erfolgreich verteidigt. Der Adler gilt als bundesweit führend in der gehobenen badischen Küche mit französischen Elementen und wird dafür regelmäßig ausgezeichnet. Das Le Pavillon im Hotel Dollenberg in Bad Peterstal-Griesbach trägt zwei Sterne, der Wilde Ritter in Durbach einen.

Südbaden stark

Am südbadischen Gourmet-Himmel leuchtet alles – nahezu – unverändert. Für neuen Glanz in Südbaden sorgt das Eckert in Grenzach-Wyhlen (Kreis Lörrach). Dessen Küchenchef Nicolai Widmer ist erst 25 Jahre alt. Er setzt auf regionale Produkte und eine innovative Arbeit am Herd. Auf seiner Speisekarte finden sich Klassiker wie die geschmorte Kalbsbacke neben exotischeren Kombinationen wie Hummer mit Karotten-Relish, Orange und Süßkartoffelstampf. Der Hirschen in Sulzburg (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) im Markgräflerland mit Küchenchefin Douce Steiner verteidigt seine zwei Sterne.

Einen Stern haben am südlichen Oberrhein weiterhin: Thomas Merkle (Merkles Restaurant Endingen im Kreis Emmendingen), Oliver Rausch (sHerrehus in Freiburg-Munzingen), Sascha Weiß (Wolfshöhle in Freiburg), die Zirbelstube mit ihrem neuen Küchendirektor Renee Rischmeyer in Freiburg, der seit 1969 ausgezeichnete Schwarze Adler in Vogtsburg-Oberbergen (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald), der Raben mit Küchenchef Steffen Disch in Horben bei Freiburg und der Storchen von Jochen Helfesrieder in Bad Krozingen-Schmidhofen. Auch Sterne-Urgestein Fritz Zehner (Zehner’s Stube in Pfaffenweiler im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) holt erneut einen Stern.