Bei Nebel fand am Morgen des 10. November 2011 bei Heckler&Koch eine Razzia statt. Foto: Dickr

Erfolgreiche Beschwerde gegen Durchsuchung der Privatwohnung eines Prokuristen: "Vermutungen und vage Anhaltspunkte."

Oberndorf - Aufgrund von "bloßen Vermutungen und vagen Anhaltspunkten" darf die Staatsanwaltschaft keine Privatwohnung durchsuchen. Dies bekräftigt das Bundesverfassungsgericht in einer gestrigen Entscheidung (Az.: 2 BvR 974/12), und gibt damit dem Leiter der Rechtsabteilung des Waffenkonzerns Heckler&Koch (HK) recht, der Verfassungsbeschwerde eingereicht hatte.

Bei der Durchsuchung der Geschäfts- und Produktionsräumen von HK am nebligen 10. November 2011 in Oberndorf (Kreis Rottweil) drang die Staatsanwaltschaft auch in die Privaträume des Prokuristen ein. Anlass waren Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen führende Mitarbeiter. Sie sollen Beamte in Mexiko geschmiert und illegal Waffen in Unruheprovinzen geliefert haben. Damals waren die Wohnungen von sechs Privatleuten durchsucht worden.

Mit seiner Verfassungsbeschwerde wandte sich der Mitarbeiter gegen diesen Durchsuchungsbeschluss des Amtsgericht Stuttgart sowie gegen einen bestätigten Beschluss des Landgerichts Stuttgart. "Die Beschlüsse verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 13, Absatz 1 und 2". Darin steht: Die Wohnung ist unverletzlich.

Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden. "Erforderlich zur Rechtfertigung eines Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung ist der Verdacht, dass eine Straftat begangen wurde", so das Bundesverfassungsgericht.

"Dieser Verdacht muss auf konkreten Tatsachen beruhen." Diesen Maßstäben würden die Entscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts nicht gerecht. "Die Staatsanwaltschaft ging von falschen Vorstellungen aus", erklärt der Prokurist gegenüber unserer Zeitung.

Allein die berufliche Position innerhalb eines Unternehmens lasse nicht auf eine Beteiligung an rechtswidrigen Taten schließen. Das Bundesverfassungsgericht formuliert dies so: "Ein Tatverdacht ergibt sich nicht ohne Weiteres daraus, dass der Leiter einer Rechtsabteilung sich, nachdem staatsanwaltliche Ermittlungen im Umfeld des Unternehmens durch einen Presseartikel bekannt geworden sind, zur Aufarbeitung des Sachverhalts und zur Vorbereitung des Verteidigungsvorbringens des Unternehmens veranlasst sieht."

Der Geschäftsführer von HK, Martin Lemperle, sieht die "Unverhältnismäßigkeit der Mittel" von seitens der Staatsanwaltschaft durch diese erfolgreiche Beschwerde bestätigt. Erst im vergangenen Monat mussten schwere Vowürfe gegen das Oberndorfer Unternehmen zurückgenommen werden. Dabei ging es allerdings um ein ganz anderes Thema, nämlich um die Qualität der Produkte.

Die Treffsicherheit des Sturmgewehrs G36 sei im heiß geschossenen Zustand nicht mehr gegeben, war monatelang behauptet worden. Die Ursache lag allerdings an der Munition. Das Informationszentrum der Bundeswehr bescheinigte: "Das G36 ist technisch zuverlässig und ohne Mängel. Es erfüllt vollumfänglich die Anforderungen der laufenden Einsätze und den Grundbetrieb der Bundeswehr."