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Redaktionsbesuch Frauen-Union-Vorsitzende Annette Widmann-Mauz über Strafrecht, Quoten und Gleichberechtigung.

Oberndorf - Es gibt einen Tag der Tiefkühlkost. Und einen Tag der Schwertschlucker. Gestern war internationaler Frauentag – angesichts der Gedenktage aller Art überhaupt noch von Bedeutung? Sehr wohl, meint Annette Widmann-Mauz, seit 2015 Bundesvorsitzende der CDU-Frauen-Union und Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit. Just am Frauentag wirbt sie beim Besuch unserer Redaktion in Oberndorf für eine stärkere weibliche Sicht auf Politik.

Der erste Frauentag fand im Februar 1909 in den Vereinigten Staaten von Amerika statt. 1911 wurde der Weltfrauentag ins Leben gerufen, im Jahr 1921 wurde der 8. März als Gedenktag eingeführt, ursprünglich, um die Rolle der Frau während der Februarrevolution in St. Petersburg zu ehren. Seit 1977 ist dieser Tag offizieller UN-Gedenktag.

Noch weit entfernt von Gleichberechtigung der Frauen

Die Bedeutung hat sich mittlerweile erweitert und verändert – aber nichts an Aktualität verloren, wie Widmann-Mauz betont, darauf verweisend, dass es nach wie vor gelte, sich für die Gleichberechtigung der Frau einzusetzen, gegen die Diskriminierung von Frauen zu kämpfen und vielerlei Ungerechtigkeiten mehr zu verhindern.

"Erschreckend" etwa sei, was Frauen auf der Flucht erleben müssten. Darüber hinaus seien Vergewaltigung und Geschlechtsverstümmelung immer noch trauriger Alltag, Gehaltsunterschiede weltweit die Regel – auch in Deutschland gebe es heute noch eine Einkommensdifferenz von 22 Prozent. Der Frauentag sei geeignet, den "Scheinwerfer auf die Probleme" zu richten, um für mehr Gerechtigkeit, für die soziale, wirtschaftliche, kulturelle und politische Gleichstellung der Frau zu sorgen, sagt Widmann-Mauz.

Sie fordert, das am 1. August 2014 in Kraft getretene Übereinkommen des Europarats über die "Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt", die sogenannte Istanbul-Konvention, konsequent umzusetzen. Dazu zählt auch der Vorstoß der christdemokratischen Frauenvereinigung für eine Verschärfung des Sexualstrafrechts. Die Pläne von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) zur Verschärfung des Vergewaltigungsstrafrechts gehen ihr indes nicht weit genug: "Nein muss Nein heißen." Mindestens eine Geld- oder Freiheitsstrafe sollten auch für das Grapschen künftig drohen, also für den Griff in den Schritt oder an die Brust. Die Frauen-Union fordert eine Haftstrafe von drei Monaten für schwere Fälle von Begrapschen, so Widmann-Mauz. Solche Taten beeinträchtigten die Integrität von Frauen in erheblichem Maße. "Höchste Zeit" sei es, einen solchen Straftatbestand einzuführen, befindet Widmann-Mauz. "Unerträglich" sei dessen Fehlen bis dato. Amerikanischen Verhältnissen erteilt sie allerdings eine klare Absage: Es könne nicht sein, dass Mann und Frau – wie mancherorts dort bereits Usus – vor dem Geschlechtsverkehr einen Vertrag unterschreiben, dass dies einvernehmlich geschehe.

Warum kommt der Vorstoß erst nach den Übergriffen von Köln? Das seien ganz neue Dimensionen: Hunderte, ja Tausende seien in Angst und Schrecken versetzt worden. Es sei deutlich geworden, dass solche Taten nicht hingenommen werden könnten. Die Einführung eines separaten Straftatbestands solle eindeutig signalisieren, dass "Grapschen kein Kavaliersdelikt" sei.

Serientäter unter Flüchtlingen müssten zudem mit Abschiebung bedroht werden: "Sie haben das Gastrecht verwirkt", stellt Widmann-Mauz klar. Sie sieht für die Verabschiedung des Reformvorhabens im Bundestag gute Chancen – nicht zuletzt dank des zu erwartenden Drucks der Frauen quer durch alle Fraktionen.

Ein Erfolg der Frauen-Union? Deren Geschichte sei eine Geschichte der Aufs und Abs", sagt Widmann-Mauz. Aber: Es sei mittlerweile "in der Breite angekommen", dass man beide Geschlechter ansprechen müsse, will man Wahlen gewinnen. Parteien müssten Frauen explizit ein politisches Angebot machen und "glaubwürdig rüberkommen". Im Übrigen meint Widmann-Mauz festgestellt zu haben, dass Frauen weniger zu extremer Polarisierung neigen – daher rühre wohl auch der von Wahlforschern ermittelte Wert, wonach lediglich zwei Prozent der Frauen AfD wählten – im Vergleich zu 14 Prozent der Männer.

Keine Ambition auf ein Ministeramt im Südwesten

Nachdrücklich begrüßt Widmann-Mauz die Ankündigung des CDU-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl, Guido Wolf, im Falle seiner Wahl zum Ministerpräsidenten die Führung der Hälfte der Ministerien Frauen zu übertragen. "Gemischte Teams bringen bessere Ergebnisse, andere Sichtweisen", ist sie sicher. Eigene Ambitionen auf ein Ministeramt lässt die Bundestagsabgeordnete aus Burladingen auf der Schwäbischen Alb (Zollernalbkreis) jedoch nicht erkennen. "Diese Frage stellt sich nicht." Zudem gilt die 49-Jährige in Berlin als gut vernetzt, nicht zuletzt mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Nichts Schlechtes kann Widmann-Mauz an der Frauenquote erkennen. Die Quote will sie keineswegs als Demütigung verstanden wissen, sondern sie müsse als "Brücke in eine neue Position" gesehen werden. Für völlig "indiskutabel" hält sie es, dass manch ein Dax-Unternehmen noch immer keinerlei Anstrengung an den Tag legt, der Quotenregelung endlich nachzukommen.

Bei all dem freilich sei unabdingbar: Die jeweiligen Lebensentwürfe müssten sich realisieren lassen: "Die Hausfrau darf nicht benachteiligt sein", betont Widmann-Mauz. Überhaupt bedeute geschlechtergerechte Politik nicht Gleichmacherei, sondern gründe sich auf "wirkliche Fairness und Transparenz".