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Veranstaltung zwischen brachialer Stimmgewalt und jugendlicher Leichtigkeit. Rund 1500 Besucher.

Oberndorf - Härter, lauter, wütender – zwei Tage lang gaben sich rund 1500 Rock- und Metalfans beim "Easter Cross" mitreißenden Gitarrenriffs und intensiven Basslines hin. Dieses Jahr stand vor allem Nu-Metal im Fokus. "Ausreißer" wie Schmutzki sorgten für die richtige Abwechslung.

Stagediving, Moshpit und Powerfrauen, deren zartes Äußeres keinerlei Aufschluss über ihre kraftvollen Stimmen gibt – all das hatte das mittlerweile siebte ehrenamtlich organisierte "Easter Cross"-Festival am Ostersamstag und -sonntag zu bieten. Es schien, als wollten die Bands die Neckarhalle musikalisch abreißen.

Das begann am Samstagabend mit Tatiana Shmailyuk, Frontfrau der ukrainischen Band "Jinjer". Indem sie resolute Screams auf klaren Gesang folgen ließ, zeigte sie nicht nur, wie wandelbar eine Frauenstimme sein kann, sondern auch, dass jemand mit einem zarten Äußeren nicht unbedingt sanft sein muss. Unterstützt von einem Bassisten, dessen Spiel man mit den Augen kaum folgen konnte, ergab sich ein intensives Metalcore-Erlebnis.

Wem das noch nicht intensiv genug war, der fand in "Ektomorf" seine Erfüllung. Die Neo-Thrash-Metaller waren ebenso laut wie wütend. Mit roher Stimmkraft, viel Basseinsatz, hämmernden Drums und drückenden Screams fegten sie Diskriminierung, gesellschaftliche Probleme und Schmerz von der Bühne. Den Weg bereitet hatten ihnen die vier Nagolder von "Dayrot" mit brachialen Shouts im Neo-Trash-Stil.

Von Wut und Energie ging es zum entspannten Erfolgsgaranten "Jaya the cat". Der Samstagsheadliner trat zum wiederholten Mal bei "Easter Cross" auf. Er lieferte eingängige Rhythmen und lässige Klänge mit Reggae- und Ska-Einfluss, ohne auch nur ein bisschen von der über den Abend aufgebauten Energie zu verlieren.

"Spackos" mit Bierdusche

Als Stimmungsmacher – wenn sie auch für "Metalheads" eher seicht daher zu kommen schien – konnte man die Stuttgarter Band "Schmutzki" bezeichnen. Mit Trashmetal und Schreien hatten sie nichts am Hut, dafür aber mit Festivalstimmung, Bier und selbstironischen Partysongs. So nannten sie sich nicht nur ganz unverblümt "Spackos", sondern waren sich auch nicht zu schade, auf der Bühne eine Bierdusche zu nehmen. Bei aller Freude an der Musik und am Jungsein hatten sie aber auch politische Botschaften gegen rechts im Gepäck. Schon nach dem ersten Song tobte der "Schmutzki-Mob" in der Neckarhalle.

"The Sewer Rats" brachten einen ganz anderen Spirit in den Samstagabend. Sie spezialisierten sich auf Punkrock à la "The Offspring" mit Rockabilly-Einflüssen. Die zeigten sich im Outfit mit Jeansweste und roten Chucks, in klassischen Gitarrenriffs und Botschaften wie "Never surrender" (Niemals aufgeben).

Das Festival-Thema nahmen "The Snouts" am Ostersonntag als erster Act auf. Mit "Autoparty" und "Bier" wollten sie die Zuhörer vor allem amüsieren und aufwecken.

Hip-Hop auf dem "Easter Cross"? Was zunächst Skepsis hervorrief, entpuppte sich als eine erfrischende Mischung aus "Assi"-Rap-Lines und Hardcore-Gewitter. "The Butcher Sisters" polierten Texte von Rappern wie Haftbefehl ebenso auf, wie sie in eigenen Raps an "Respekt und Robustheit" appellierten. Dabei lebten sie das Gangsterrapper-Klischee mit Trainingsanzug, Proll-Texten und Songs wie "Guck auf den Benz" genüsslich aus.

Melodischen Heavy-Pop-Punk mit Elektro-Touch brachte "Grizzly" auf die Bühne. Wer Lieder von Freundschaft, Liebe und Respekt mag und "Fall out boy" genauso gern hört wie "Bring me the horizon", der ließ sich von den energetischen Jungs mit ihren ehrlichen Texten, die das Leben mit all seinen Farben zeigen, mitreißen. Statt einer "Wall of death" gab es bei ihnen die "Wall of love".

Von Trägheit befreit

Der Ostersonntag stand auch im Zeichen der Powerfrauen. Während "Jinjer" am Tag zuvor bereits gut vorgelegt hatte, knüpfte Energiebündel Cindy van der Heijden von "All for nothing" nahtlos daran an. Die Band stand so gut wie keine Sekunde still, nutzte die Bühne kräftig aus und befreite die "Easter Cross"-Besucher mit Dynamik und aggressivem Sound von der sonntäglichen Trägheit.

Nicht minder mitreißend war das Duo von "Krashkarma". Fasziniert konnten die Fans beobachten, wie eine Schlagzeugerin und ein Gitarrist allein mit ihrer Präsenz die große Bühne einnehmen können. Besonders die preisgekrönte Niki Skistimas bearbeitete das Schlagzeug mit einer Kraft, als würde es um ihr Leben gehen. Als sie schließlich den Baseballschläger auspackte und die Bühne damit bearbeitete, war klar, dass "Hardcore" für die US-amerikanische Band nicht nur ein Attribut, sondern eine Lebenseinstellung ist.

Je weiter es Richtung Finale ging, desto dringlicher wurde der Sound. "Ignite" aus Kalifornien entzündete die Menge im wahrsten Sinne des Wortes – ob mit Melodic-Hardcore oder Punkrock. Neben dem Kampf um das Leben ("Nothing can stop me") besang Frontmann Zoltán Téglás auch den "Bloody Sunday" von "U2".

"Ill Niño" hatte sich wohl vorgenommen, die Halle noch einmal so richtig wegzufegen. Mit rabiatem Gitarrensound und Congas, die den lateinamerikanischen Hauch brachten, der die Band auszeichnet, ließen die Latino-Metaller ihr Erstlingswerk "Revolution Revolución" in Oberndorf Revue passieren. Wie ein Wirbelsturm wüteten "I am loco" und "What comes around" hart und melodisch zugleich durch die Massen.

Stimmungsmäßig blieb besonders der "Easter Cross"-Samstag in Erinnerung. Insgesamt war es ein Festival zwischen brachialer Stimmgewalt und jugendlicher Leichtigkeit, dessen Tendenz Richtung Metal mit Screams ging.