Gegen Filmemacher Daniel Harrich wird ermittelt. Foto: Charisius

Auszüge aus Ermittlungsakten in "Netzwerk des Todes". Waffenexporte: Ex-H&K-Mitarbeiter weiter im Fokus.

Oberndorf/München - Jahrelang hat Daniel Harrich recherchiert. Es ging um die angeblich illegale Lieferung von Waffen des Oberndorfer Unternehmens Heckler & Koch (HK) nach Mexiko. Nun wird gegen den Grimme-Preisträger und Filmemacher selbst ermittelt, weil er Auszüge aus Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft in einem Sachbuch "Netzwerk des Todes" veröffentlicht haben soll. Das bestätigte Jan Holzner, Sprecher der Stuttgarter Staatsanwaltschaft am Dienstag auf Anfrage. Zuständig sei jedoch die Staatsanwaltschaft in München.

Erst vor wenigen Wochen hatte Harrich für seine Dokumentation "Tödliche Exporte" für den Südwestrundfunk (SWR) den Grimme-Preis erhalten. Neben Harrich gibt es Verfahren auch gegen die Autoren Jürgen Grässlin und Danuta Harrich-Zandberg. Der Heyne-Verlag sprach gestern von einem "offensichtlichen Einschüchterungsversuch, um missliebige Veröffentlichungen mit den Mitteln des Strafrechts zu sanktionieren". Dokumente in dem Buch vom September 2015 seien von den Autoren selbst beschafft und der Staatsanwaltschaft übermittelt worden.

Harrich erklärte, er habe den Ermittlern einen großen Teil seiner Unterlagen zur Verfügung gestellt, um bei der Aufklärung illegaler Waffenlieferungen in mexikanischen Unruheprovinzen zu helfen. "Kann man dafür verfolgt werden, dass eigene Akten zu Ermittlungsakten werden?" Er glaube, dass es ohne seine Unterlagen nicht zur Anklage gekommen wäre, sagte Harrich. Seiner Ansicht nach wird die Rolle der Behörden bei den Exporten nicht gewürdigt. Zuständige Kontrollbeamte im Bundeswirtschaftsministerium und im Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle hätten skandalös gehandelt, doch "wenn es um die Rolle der Behörden geht, wollen die nicht zuhören", sagte Harrich.

Das sieht man bei der Staatsanwaltschaft in Stuttgart anders: Gegen die Beamten im Bundeswirtschaftsministerium und im Bundesausfuhramt, die für die Kontrolle der Rüstungsexporte nach Mexiko zuständig waren, wird kein Ermittlungsverfahren eingeleitet. "Die Frage eines Anfangsverdachts gegen Mitarbeiter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie und des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle wurde in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht umfassend geprüft. Dabei ergaben sich keine konkreten Anhaltspunkte für ein strafbewehrtes Verhalten", sagte Staatsanwalt Holzner gestern unserer Zeitung.

Die Staatsanwaltschaft hatte im November 2015 nach jahrelangen Ermittlungen Anklage gegen frühere Mitarbeiter von Heckler & Koch erhoben, unter anderem gegen die ehemaligen Geschäftsführer Joachim Meurer und Peter Beyerle. Letzterer war vor seiner Tätigkeit bei den Oberndorfern Präsident des Landgerichts in Rottweil. Wie das ARD-Politikmagazin "Report Mainz" gestern Abend berichtete, wirft die Strafverfolgungsbehörde den beiden früheren Geschäftsführern und vier weiteren ehemaligen Mitarbeitern nach wie vor vor, bandenmäßig Kriegswaffen illegal nach Mexiko ausgeführt zu haben. So wird unter anderem Beyerle laut Anklage vorgeworfen, in zwölf Fällen gewerbsmäßig gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, beziehungsweise gegen das Außenwirtschaftsgesetz verstoßen zu haben.

Indes berichteten französische Medien gestern, dass das französische Polizei-Spezialkommando "BAC brigades anticriminalité" mit dem HK-Sturmgewehr G36 ausgestattet wird. Die französischen Behörden berufen sich auf die Notwendigkeit, die terroristische Bedrohung mit "geeigneten Mitteln zuverlässig und effizient begegnen zu können".