Foto: Bartler-Team

Mehr als 800 Besucher feiern. "Crekko" Höhepunkt des Freitags. "City Kids Feel The Beat" am Samstag mit dabei.

Oberndorf - Auf Regen folgte Sonnenschein, auf einen rockigen Freitag ein nicht weniger mitreißender Samstag mit irischer "Fiddle" und "Whistle Tin". Mit mehr als 800 Besuchern hat das Waggon Open Air bewiesen, dass es für gute Musik keinen teuren Eintritt braucht.

So speziell die Location am Waggon auf dem Lindenhof ist, so eigentümlich sind auch die Musiker. Ob sich das jetzt am eher ungewöhnlichen Outfit des Frontsängers Benedikt Hirt von "Bebo Music" zeigte – Nirvana-Shirt, Krawatte, Sturmfrisur und gemusterte Shorts – oder an den Lokalmatadoren Fabian Häckel und Matthias Brendle, die beim Auftritt ihres Country-Music-Projektes "Mason Finley" statt mit schwäbischem plötzlich mit amerikanischem Midwest-Akzent daher kamen. Da fragte sich mancher Zuschauer, der musikalisch noch rockige Töne aus "Sacrety"-Zeiten gewöhnt war: "Meinen die das ernst?". Wer verstand, dass die Jungs einfach Freude an der Musik und an Experimenten auf die Bühne bringen wollten, der ließ sich von der amerikanischen Lässigkeit und Songs wie "Instaporn" oder "Kansas City Girl" anstecken. Mit Fellweste, Cowboyhut und Whisky-Flasche bedienten sie zwar alle Klischees, wirkten aber dennoch authentisch. Sie waren die einzige Band, die am Freitag auch ruhigere Lieder brachte.

Rau und rockig

Begonnen hatte der Festivaltag bei Regen mit der Band "Endlevel" aus Balingen. Mit Songs wie "Legion of Chaos" und "Violent Moshpit" bedienten sie vor allem Death- und Thrash-Metal-Fans. Bei "Snow White Alice D" aus Baiersbronn wurde es ein wenig melodischer, blieb aber hart. Sanfte mehrstimmige Passagen wurden von harten Shouts unterbrochen. Post-Hardcore und Metalcore-Lieder wie "Prayssure" handelten von Freiheit und Hoffnung und erinnerten stilistisch an Bands wie "Eskimo Callboy".

Nicht nur wegen ihres epischen Intros bei "The Maze" markierte "Crekko" den Höhepunkt des Freitags. Zum einen tauchte Gitarrist Matze Brendle wieder auf der Bühne auf – die Fellweste hatte er gegen ein Hemd und die Western- gegen eine E-Gitarre getauscht –, zum anderen konnten die Zuschauer nicht anders, als sich Frontmann Marco Selters Stimme und Songs wie "Look at me now" einzuprägen.

Einen ebenso hohen Wiedererkennungswert hat die Stimme von Benedikt Hirt, ein wenig rau wie die von Campino von den "Toten Hosen", die Musik ein wenig melancholisch und rockig wie die von "Nirvana", deren Schriftzug er auf dem Shirt trug. Sie spielten vor allem eigene Songs auf deutsch und englisch, die unter die Haut gingen. Das Samstag-Warm-up hatten zuvor "Jack and friends" mit Covern klassischer Rock- und Popsongs übernommen.

Selbstironisch als "nur ’ne bessere Boygroup" bezeichneten sich "Rumble in the Jungle" aus Nürnberg. Die vier jungen Männer brachten mit Songs wie "Wild Beach" und "I Call It Life", die an Bands wie "Blink-182" und "Simple Plan" erinnerten, eine gewisse Ungezähmtheit, Humor und jugendliche Leichtigkeit auf die Bühne. Dass Acoustic-Musik keinesfalls ruhig sein muss, bewies die lokal bekannte Band "Broken Silence". Lieder wie Rag’n’Bone Mans "Human" coverten sie auf so eigene Weise, dass es auch gut ihre Kompositionen hätten sein können. An einem Album wird derzeit gearbeitet. Ein eigenes Lied hatten sie schon zum Open Air mitgebracht. In "Aus Ewig Wird Ein Jahr" geht es um die Entfremdung und Veränderungen in einer Partnerschaft.

Auflockernd wirkte die Tanzgruppe "Dance Denomination" aus Altoberndorf, die am Samstag zwischen den Acts über die Bühne wirbelte. Bunt, laut und wild wurde es mit den Heavy-Pop-Punkern "City Kids Feel The Beat", deren Song Rock, Shouts und Beats kombinierten. Wer bei der treibenden Musik nicht mitsprang, der konnte seine Begeisterung spätestens bei den Bühneneffekten nicht mehr zurückhalten.

Keiner kann stillhalten

Ähnlich ging es den Zuschauern beim Headliner. Das Restless-Legs-Syndrom bezeichnet einen Bewegungsdrang in den Beinen. Zweifellos spielt die Irish-Folk-Band "Restless Feet" darauf an, denn bei ihrem Auftritt konnte niemand seine Füße stillhalten. Geigen- und Flötenklänge entführten die Oberndorfer auf die grüne Insel Irland und verwandelten die Waggon-Wiese in einen Pub.

Wer das Open Air zuvor nicht gekannt hatte, zeigte sich über den freien Eintritt und die Organisation des Jugendclubs Waggon Lindenhof, begleitet durch die Stadtjugendpflege, begeistert. Zur fünften Veranstaltung wurde alles auf die Bühne gebracht, was die Region an guter Musik zu bieten hat – und das ohne teures Line-Up oder Tickets.