Interessiert verfolgen die Oberndorfer die Ausführungen bei der Führung in Stuttgart. Foto: Häring Foto: Schwarzwälder-Bote

Bahnprojekt: Informationsfahrt der "Bürger für Bürger" und der Oberndorfer CDU / Zweistündige Führung

Eine Gruppe Oberndorfer Bürger hat die Baustelle des Großprojekts Stuttgart  21 besichtigt. Erstaunt zeigten sich die Teilnehmer über die Baufortschritte und einen bereits fertig betonierten Bahnsteig.

Oberndorf. Bei einer zweistündigen Führung im Bereich der Talquerungs-Baustelle beim Stuttgarter Hauptbahnhof konnten sich die 33 Teilnehmer der Informationsfahrt der "Bürger für Bürger" und der Oberndorfer CDU einen Eindruck darüber verschaffen, warum das Bahnprojekt Stuttgart  21 derartige Summen kostet.

Maschinenbauingenieur leitet die Führung

Die Oberndorfer erfuhren: rund 10 Milliarden Euro soll das Projekt nach dem derzeitigen Planungs-Stand bis zur vorgesehenen Fertigstellung im Dezember 2021 verschlingen. 6,5 Milliarden für den neuen Durchgangs-Tiefbahnhof einschließlich der dafür notwendigen weiteren Baumaßnahmen (insgesamt Bau von vier Bahnhöfen, vielen Tunnelkilometern und neuen Gleisanlagen) sowie 3,5 Milliarden Euro für den Neubau der Strecke Wendlingen-Ulm.

In der Ausstellung im Bahnhofs-Turm verschaffte der Begleiter, ein Maschinenbauingenieur für Baumaschinen und Bauberater, den Oberndorfern einen ersten Überblick. Der Bauexperte zeigte auf, dass neben dem Durchgangsbahnhof drei weitere Bahnhöfe neu gebaut werden: der Abstellbahnhof Untertürkheim, die S-Bahn-Station Mittnachtstraße und der Flughafen-, Messe-Bahnhof auf den Fildern.

Wenn S 21 fertiggestellt sei, erhalte die Stadt Stuttgart die Möglichkeit, die gut 100 Hektar Fläche des alten Kopfbahnhofs als einen neuen Innenstadtbereich mit Bürogebäuden sowie sozial verträglichen Wohnungen (Europaviertel), zusätzlichen Parkanlagen und einem neuen urbanen Wohnviertel – dem neuen Rosenstein-Stadtquartier – zu gestalten. Das berichtete der Ingenieur. Er unterstrich, dass von den Tunnelbauwerken bereits 50 Prozent im Bereich des S 21-Baustellen und 60 Prozent im Bereich der Neubaustrecke nach Ulm fertiggestellt seien.

Befürchtungen, dass auf längere Sicht Probleme mit den Tunneln entstehen würden, weil sie im Anhydrit-Gestein gebaut werden müssen, teile er nicht. "Es wissen nur wenige, dass es in Stuttgart schon seit geraumer Zeit 50 Kilometer Tunnel gibt. Die meisten führen durch Anhydrit. Mir ist nicht bekannt, dass ein Tunnel stark beschädigt worden oder gar vom Einsturz bedroht ist."

Häring zeigt sich über Niveau verblüfft

Bei der Baustellenbesichtigung staunten die Teilnehmer über die deutlich sichtbaren Baufortschritte. Am meisten beeindruckte sie ein bereits fertig betonierter Bahnsteigbereich des neuen Durchgangsbahnhofs. "Der befindet sich ja fast auf dem Niveau der Königstraße", stellte Robert Häring, Chef der "Bürger für Bürger" und der Oberndorfer CDU, verblüfft fest.

Nach den Ausführungen des Begleiters liegt der neue Tiefbahnhof auch nur elf Meter unter der Oberfläche, während die U-Bahn in 14 Metern und die Stadtbahn in 27 Metern Tiefe Stuttgart durchfahren. Weitgehend fertig sind die drei Düker-Bauwerke, darunter der mächtige Nesenbachdüker, der in Kürze in Betrieb gehen soll.

Interessiert verfolgten die Oberndorfer auch die Ausführungen zum Grundwassermanagement – von dem die langen blauen Rohrleitungen zeugen – und zum ersten fertiggestellten, elegant geschwungenen Pfeiler für die mächtigen Lichtaugen, welchen den künftigen Tiefbahnhof mit Helligkeit versorgen werden. Für den Bau dieser Pfeiler werde ein technologisch besonders aufwendiges Betonier-Verfahren angewandt, erklärte der Bauexperte. "Der Bau dieses Bahnhofs ist eine technische Herausforderung. Er wird einmal für den Technologie-Standort Stuttgart eine herausragende Visitenkarte sein."

Er hält es durchaus für möglich, dass S 21 trotz Verzögerungen Ende Dezember 2021 in Betrieb gehen könne. "Die Bahn hat bereits ein Jahr aufgeholt und setzt alles daran, den vorgegebenen Fertigstellungstermin einzuhalten." "Es ist schließlich eine private AG, die hier baut, und nicht der Bund oder das Land", konnte er sich einen Seitenhieb auf die öffentliche Hand nicht verkneifen.