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14 drogenabhängige Strafgefangene werden in der JVA therapiert. 120 Euro stehen den Jugendlichen im Monat zur Verfügung.

Oberndorf - "An solchen Tagen wie heute, bereue ich am meisten, was ich gemacht habe", sagt ein 17-Jähriger, der in der Mauserstraße hinter Gittern sitzt. Er ist einer von 14 drogenabhängigen Jugendstrafgefangenen, die in Oberndorf heute Weihnachten verbringen.

Seit Mai dieses Jahres bietet die Außenstelle Oberndorf der Justizvollzugsanstalt (JVA) Rottweil innerhalb des Jugendstrafvollzugs eine Sozialtherapie für junge Häftlinge an. 16 Plätze stehen für Drogenabhängige zur Verfügung, derzeit sind 14 belegt. Für diese Männer zwischen 17 und 21 Jahren ist heute um 17.30 Uhr Einschluss, Heiligabend verbringt jeder alleine in seiner Zelle. Ein Metallbett, ein kleiner Schrank, Tisch, Bett, ein Fernseher – die Hafträume sind übersichtlich, auch in dieser speziellen Form des Strafvollzugs und auch nach dem Umbau.

Therapeutische Einzel- und Gruppensitzungen, soziales Training, Arbeitsstunden, Schule, Sport, aktive Freizeitgestaltung, Hofgang, Sucht- und Rückfallprophylaxe, Außentraining, Entspannung: Das Tagesprogramm ist gut gefüllt. Wer morgens lieber liegen bleibt, verweigert die Arbeit und muss mit Konsequenzen rechnen. "Fernsehverbot gibt’s dann und außerdem bekommt man kein Geld", erzählt ein 21-jähriger Insasse.

Mancher Strafgefangene empfindet die Therapie als kräftezehrend

Während der Brandenburger die Therapie als "entspannend" empfindet, beschreibt ein 17-jähriger, der von der Donau stammt, sie als "kräftezehrend". "Die Gespräche mit dem Psychologen strengen sehr an." Dreieinhalb Jahre beträgt seine Strafe, zwei Jahre hat er bereits hinter sich. Was muss ein 15-Jähriger anstellen, damit er so lange weggesperrt wird? "Fragen Sie nicht, was ich angestellt habe, sondern was ich nicht angestellt habe", meint er trocken.

Die Feiertage wollen beide nutzen, um für die Schule zu pauken. Im Januar stehen die Prüfungen für ihren Hauptschulabschluss an. Zum Team in der JVA Oberndorf gehören neben den uniformierten Vollzugsbeamten auch ein Psychologe, eine Sozialarbeiterin sowie das Koch- und Reinigungsteam und eben ein Lehrer, erläutert Jennifer Rietschler, seit Juni Anstaltsleiterin. Mit dem Abschluss in der Tasche wollen die beiden draußen in ein neues Leben starten, der eine als Koch, der andere als Kfz-Mechatroniker. Von Oberndorf aus geht es in die Freiheit.

Wer an der Therapie teilnehmen darf, ist streng geregelt. Bis zur Entlassung müssen es noch mindestens neun Monate sein, der körperliche Drogenentzug muss abgeschlossen sein, es dürfen keine offenen Verfahren mehr anhängig sein und bei der Aufnahme muss die Urinkontrolle negativ sein. "Außerdem müssen ein Therapiewille und Motivation vorhanden sein", erzählt die Sozialarbeiterin Eveline Gronau. Sie hat vergangene Woche bereits mit den Gefangenen im Klassenzimmer Weihnachten gefeiert. Sie ist es auch, die mit ihnen kocht, Gesellschaftsspiele macht und versucht, ihnen das soziale Miteinander zu vermitteln. Bei den Jugendlichen komme es durch die Abhängigkeit auch oft zu Reifeverzögerungen. Dies zeige sich unter anderem in ihrer Sprache. "Bei vielen beginnt jeder zweite Satz mit ›hey Alter‹", sagt Gronau. Dies zu korrigieren, ist quasi ein Dauerthema. Viel Geduld sei notwendig, um den jungen Männern Respekt beizubringen, sie zu erziehen. "Dies ist schließlich unsere Aufgabe", sagt die Sozialarbeiterin.

Viele der Insassen haben jahrelang auf der Straße gelebt

"Es fehlt oft an den Basics", erläutert Rietschler. Das Aufräumen der Küche stelle teilweise schon eine Herausforderung dar. "Viele der Insassen haben schließlich jahrelang auf der Straße gelebt."

Eine Herausforderung stellen auch die wöchentlichen Einkäufe dar. 120 Euro stehen den Jugendlichen im Monat zur Verfügung. Wer selbst einkaufen darf und wem andere was mitbringen, ist im Vier-Stufenplan festgelegt. Kaffee, Süßigkeiten, Zigaretten und was sie sonst noch brauchen wird in einem Lebensmittelladen in der Neckarstraße organisiert. An der Pinnwand im Flur hängt ein Plan, auf dem die Regale aufgezeichnet sind, damit die Dinge leichter zu finden sind. Gleich daneben hängt noch ein Zettel: "Keine Fenstergespräche ab 22 Uhr" steht drauf. Da wird es wohl auch an Heiligabend keine Ausnahme geben.