Conrad Muck (von links, erste Violine), Tilman Büning (zweite Violine), Matthias Moosdorf (Violoncello) und Ivo Bauer (Viola) bieten den Zuhörern beim Schlusspunkt der Meisterkonzerte leichtfüßige Romantik. Fotos: Weber Foto: Schwarzwälder-Bote

Musik: Leipziger Streichquartett beendet die Meisterkonzert-Reihe / Wechsel von Schwermut und Leichtigkeit

Das Leipziger Streichquartett setzte nicht nur den Schlusspunkt unter die Reihe der Meisterkonzerte 2016/2017 in der recht gut besuchten ehemaligen Augustiner-Klosterkirche in Oberndorf, sondern nochmals einen Höhepunkt.

Oberndorf. Die "New York Times" schreibt über Conrad Muck, Tilman Büning, Ivo Bauer und Matthias Moosdorf: "If there is a Leipzig sound, this is it" (Wenn es einen Leipzig-Klang gibt, das ist er). Sie eröffneten den Abend auch gleich mit einem der berühmtesten Streichquartette, dem Quartett B-Dur KV 458 von Wolfgang Amadeus Mozart, entstanden 1785 und "Jagdquartett" genannt.

Wenn auch Mozart selbst diesen Namen nie verwendet hat, stehen am Beginn des Werkes doch unverkennbar Jagd- oder Reitermotive. Schon die ersten Takte ließen ein geniales Zusammenspiel der vier Musiker erkennen.

Das Eingangsmotiv taucht immer wieder in allen Instrumenten auf; genüsslich konnte man dies im äußerst klaren Spiel verfolgen. Ein gänzlich anders gearteter Teil schiebt sich ein, friedlich fließt die Melodie dahin. Noch einmal das Eingangsmotiv, doch kein triumphaler Schluss, verhalten verebbt der erste Satz.

Mit Leichtigkeit musiziert

Das Menuett erklingt fast ein wenig gestelzt, übertrieben höfisch. Rokoko scheint allgegenwärtig zu sein. Bis 1789 waren ja noch ein paar Jahre. Im schnellen Teil war es ein Muster an Grazie und Eleganz. Triller und jede Menge anderer Verzierungen wurden vom Leipziger Streichquartett aufs Feinste gebracht.

Das Adagio, ein Satz von besonderer Schönheit, wurde nicht nur technisch hervorragend musiziert, sondern brachte das Innere der Musik zum Klingen. Der Schlusssatz, das Allegro assai, bot fröhliche Musik, mit großer Spielfreude vorgetragen. Dieser äußerst kompliziert aufgebaute Schluss wurde mit Leichtigkeit musiziert.

Das folgende Streichquartett F-Dur op. 96 von Anton Dvorak, genannt das "Amerikanische" sollte eine andere Art Musik erleben lassen. Dvorak war durch die Präsidentin des National Conservatory of Music in New York eingeladen worden, um den US-amerikanischen Kulturraum des ausgehenden 19. Jahrhunderts von der Dominanz der europäischen Kunstmusik zu lösen und durch die Einbeziehung typisch amerikanischer Elemente eine eigenständige Musiksprache zu entwickeln.

Beginnt nicht das gesamte Quartett mit einem Vogelruf? Über Cello-Pizzicato bauen die vier Musiker aus Leipzig eine großartige Naturschilderung, in der immer wieder der Eingangsgedanke aufgegriffen wird. Wenn auch große Ruhe von der Musik ausging, brachte das Quartett eine herrliche Fülle in die Klosterkirche.

Natürlich konnte im Lento, dem zweiten Satz, mit seiner schwermütigen, ungemein harmonischen Melodie im Geist die weite Landschaft des Mittleren Westens der USA entstehen.

Ungewohnte Harmonik

Genau das Gegenteil im folgenden Abschnitt: Ungewohnte Harmonik schleicht sich ein. Doch auch osteuropäische Melodik meint man zu erkennen.

Das Finale scheint anfangs von Galoppieren vieler Pferde geprägt zu sein, ehe in der herrlichen Melodie wieder Volksliedhaftes und auch typisch "Amerikanisches", starke Synkopen, verschmelzen – eine mitreißende Musik bis zum rasanten Schluss.

Nach der Pause stand das nicht nur vom Umfang her große Streichquartett A-Dur. op. 41,3 von Robert Schumann als einziges Werk. Schumann war bekannt dafür, die Quartette der Wiener Klassiker zu verehren. Er bereitete sich gründlich auf seine Aufgabe vor und hatte 1843 drei Streichquartette vollendet, die er Felix Mendelssohn Bartholdy widmete.

Im ersten Satz konnte man all das, was Schumann forderte – "Streben nach schöner Form", "Reinheit des Satzes" und "künstliche Verflechtungen" in reichem Maße in der Interpretation des Leipziger Streichquartetts finden.

Der Eingangssatz wirkt ein wenig unentschlossen, bietet aber herrliche Musik. Der Gegensatz dazu ist das Assai agitato, in dem Schumanns Streben nach perfekt gestalteter Musik spürbar wird. Ausgeprägte Temposprünge markieren Strukturen auch innerhalb des Satzes.

Von großer musikalischer Schönheit war das Adagio. Hier ließen die Solisten exemplarisch ihre Instrumente sprechen.

Einladung zum Tanz

Hatten bisher in "Eusebio" melancholische Teile seiner Seele das Übergewicht, sollte Florestan, sein lebenslustiger Gegenspieler, im unwahrscheinlich kraftvollen Finale das bessere Ende haben. Manche Passagen wirken fast schelmisch, laden beinahe zum Tanz ein.

Conrad Muck, Tilman Büning, Ivo Bauer und Matthias Moosdorf beendeten mit einem strahlenden Finale Robert Schumanns großes Streichquartett und den Konzertabend. Jubelnder Applaus ließ sie jedoch zu einer exquisiten Zugabe auf die Bühne zurückkehren: Sie spielten aus dem Schemellischen Gesangbuch "Der Tag ist hin" von Johann Sebastian Bach in vollendeter Weise.