Zu einem Treff der Kulturen entwickelt sich die Ausstellungseröffnung. Fotos: Weber Foto: Schwarzwälder-Bote

Neue Ausstellung im Schwedenbau eröffnet / Türkischer Elternverein lädt zu Tee und Gebäck ein

Von Alwin Weber

Oberndorf. Mehr als 70 Interessierte waren zur Eröffnung der von Andreas Kussmann-Hochhalter, dem Leiter des Stadtarchivs und des Museums im Schwedenbau, gestalteten Ausstellung "Halbmond über Oberndorf" gekommen.

Besonders erfreulich war, dass viele türkische Mitbürger den Weg ins Heimatmuseum gefunden hatten. Um aufzuzeigen wie präsent die "Türkenzeit" (rund 1880 bis 1914) noch immer in Oberndorf ist, hatte der Museumsleiter einige Schwerpunkte aufgebaut: einen Schantlekorb mit Würsten und Orangen, ein Narrohäs, das auf der Rückseite des Kittels den Türkenbau zeigt, eine Büste Paul von Mausers und den Grabstein Ibrahim Efendis. Der Korb mit den Orangen sollte, so die Überlieferung, an die türkischen Abnahmebeamten erinnern, die in Oberndorf ihren Dienst taten und an Fasnet Orangen – eine damals in Oberndorf weitgehend unbekannte Frucht – auswarfen. Die Figur eines Türken auf den Beinen der Hose eines Narro und ein Bild des Türkenbaus auf der Rückseite seiner Jacke zeigen die innige Verbundenheit Oberndorfer Tradition mit der "Türkenzeit".

Die Büste Paul von Mausers steht dem Grabstein von Ibrahim Efendi, einem leitenden türkischen Beamten, gegenüber. Ibrahim Efendi war mit einer Karlsruherin verheiratet. Die enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der Leitung der Oberndorfer Gewehrfabrik und den Vertretern der Hohen Pforte zu Konstantinopel soll hier dokumentiert werden.

Die gesamte Ausstellung ist mit Tafeln versehen, die über die einzelnen Zeitabschnitte und auch den politischen Hintergrund alles Wissenswerte unterrichten.

Für Oberndorf von Bedeutung ist neben dem immensen wirtschaftlichen Volumen aber die Tatsache, dass sich die Bewohner des Städtchens mit "Fremden", die sich hier zum Teil lange niederließen, auseinandersetzen mussten.

Der Museumsleiter zitierte einen Brief von Franz Xaver Singer, in dem er den Abnahmebeamten, entgegen der Befürchtung der Bevölkerung, hohes technisches Wissen und ausgezeichnete Bildung attestierte.

Der "Türkenbau", ein Gebäude im maurischen Stil, sollte den hohen Beamten den Aufenthalt so angenehm wie möglich machen. Viele Freundschaften zwischen Türken und Oberndorfern entstanden in dieser Zeit.

Natürlich geht diese kleine, aber für Oberndorf umfassende Ausstellung auch auf die weltpolitische Lage des ausgehenden 19. Jahrhunderts ein. Das Spiel der Großmächte wird einbezogen und damit auch die Entwicklung der Türkei, des "kranken Mannes am Bosporus" hin zu einem modernen Staat, in dem vor allem – wiederum von Deutschland gefördert – der Ausbau der Infrastruktur im Mittelpunkt stand.

Der Halbmond über Oberndorf warf, das ist hier dokumentiert, nicht nur sein wirtschaftliches und kulturelles Licht auf die kleine Stadt am oberen Neckar, sondern verband es für einige Zeit mit dem weltpolitischen Geschehen.

Ismail Kilicaslan vom türkischen Elternverein dankte dem Museumsleiter und lud ein, bei türkischem Tee und Gebäck noch ins Gespräch zu kommen. u Die Ausstellung "Halbmond über Oberndorf" ist noch bis zum 22. November zu sehen, dienstags, mittwochs und freitags von 14 bis 17 Uhr, samstags und sonntags von 11 bis 17 Uhr.