Susanne Ahner und Markus Graf umringt von ihren Hühnern. Die Eier werden fein säuberlich beschriftet. Der Gestaltung sind beim Stallbau keine Grenzen gesetzt, wie dieses Modell aus einem Bochinger Garten beweist. Foto: Danner

In so manchem Oberndorfer Garten tummelt sich Federvieh. Aus eigener Freilandhaltung schmeckt das Ei besser.      

Oberndorf - Wilhelmine und Marusha chillen im Schatten eines Baums, ihre Kolleginnen Naomi, Brödel und Kokoschka picken auf Futtersuche im Garten herum. Die fünf gefiederten Damen (ja, auch Kokoschka ist weiblich) gehören seit einigen Wochen zur Familie Ahner. Denn – der Trend geht zum Eigen-Huhn.

Was früher auf dem Land gang und gäbe war, ist irgendwann dem günstigen Eierpreis in den Supermärkten zum Opfer gefallen. Federvieh wurde lange Zeit hauptsächlich von Kleintierzüchtern gehalten. Doch Skandale in der Tierhaltung führen zum Umdenken. Wer sich in Oberndorf ein wenig umsieht, der entdeckt immer mehr stolze Hühner-Besitzer.

Der Stall im elterlichen Garten stand schon seit vielen Jahren leer, erzählt Susanne Ahner. Ihr Großvater und später auch der Papa haben hier ihre Tiere gehalten. Nun kommt er wieder zu Ehren. Denn Susanne Ahner weiß jetzt ganz genau, wo ihr geliebtes Frühstücksei herkommt.

Die Frau treibt aber auch noch etwas ganz anderes um. Im Zeitalter von sogenannten Hybridhühner (das sind Spezialzüchtungen, die entweder besonders schnell, besonders viel Fleisch ansetzen oder besonders viele Eier legen und keine sehr lange Lebenserwartung haben), liegt ihr der Erhalt der ursprünglichen Rassen am Herzen. Nicht nur aus ethischer, auch aus christlicher Sicht. "Ich sehe das schon als missionarischen Auftrag, Lebewesen aus der Schöpfung Gottes, die vom Aussterben bedroht sind, zu bewahren." Dabei war es wohl gar nicht so einfach, an die "ganz normalen" Hühner zu kommen. Viel Recherche im Internet, in Büchern und bei Freunden, die Hühner halten, brachte nicht das gewünschte Ergebnis. Schließlich fand sie einen Fachmann ihres Vertrauens, der ihr die fünf weiblichen Tiere der Rasse Vorwerk verschaffte – benannt nach ihrem Züchter, nicht nach dem Staubsauger. Ein Männchen kam nicht in Frage. Ihre Mama im Nachbarhaus habe gedroht: "Entweder ein Hahn, oder ich", erzählt sie schmunzelnd.

Nun gehört das Federvieh schon zur Familie. Die Eier werden fein säuberlich mit Bleistift mit dem Legedatum versehen. Und Susanne Ahners Mann hat die Tiere richtig ins Herz geschlossen. Hans-Joachim Ahner spielt in einer Band. Die haben seine Freunde bereits scherzhaft in "Chicken-Jack & Friends" umgetauft.

Richtig zutraulich ist das Federvieh bei Familie Graf. Die Tiere von Markus Graf haben mittlerweile das komplette Grundstück oberhalb des Rosenbuckels für sich erobert. "Die laufen nicht weg", sagt er. Und am Abend gehen sie von ganz alleine wieder in den vor Mardern und Füchsen schützenden Stall. Vor Raubvögeln verstecken sie sich tagsüber unter Bäumen. Zwei bis drei Eier liefern ihm seine vier Hühner, die er seit einem guten Jahr sein eigen nennt, am Tag. Das reiche für die Familie. Sogar mit selbstgemachten Spätzle, ergänzt seine Frau Anja.

Dabei genießen die Tiere eine ganz besondere Ernährung. Bierbrauer Markus Graf gibt ihnen ab und zu ein wenig Braumalz. Das mögen sie besonders, erzählt er. Graf hat sich mit den Hühner einen Kindheitstraum erfüllt. Und wenn sie mal alt sind und keine Eier mehr legen, verspricht er, kommen sie nicht in den Suppentopf. Als hätte sie’s verstanden, scharen sie sich um ihr Herrchen, picken das Braumalz und sammeln Kräfte für das nächste Ei.

Seite 2: Wissenswertes

Wer sich Hühner anschaffen möchte, sollte sich vorher mit dem Baurechtsamt der Stadt Oberndorf, Wolfgang Grom, ins Benehmen setzen. Ein Hahn ist in einem Wohngebiet beispielsweise nicht erlaubt. Ein Stall mit entsprechenden Ausmaßen unterliegt einer Genehmigungspflicht. Wo kein Kläger, da natürlich auch kein Richter, so Grom. Ein vorheriges Aufklärungsgespräch erspare aber oft den Ärger mit den Nachbarn. Hühnerhaltung ist zudem beim Veterinäramt in Rottweil anzumelden, auch wenn es sich nur um ein einziges Federvieh handeln sollte. Die Tier werden dann dort registriert.

Natürlich kann man sich auf der Suche nach weiteren Informationen auch an die örtlichen Kleintierzuchtvereine wenden.