Auf dem Lindenhofer Friedhof könnte das muslimische Grabfeld angelegt werden.. Foto: Zeger Foto: Schwarzwälder-Bote

Was halten Sie vom muslimischen Grabfeld?

Oberndorf (ks). Wie stehen Sie zu einem muslimischen Grabfeld in der Neckarstadt? Diese Frage stellten wir Oberndorfer Bürgern.

u Holger Teufel, 53 Jahre, Rentner, Lindenhof

Werden Deutsche in der Türkei auch auf normalen Friedhöfen bestattet? Ich nehme an, dass auf unseren Friedhöfen ohnehin Leute aus gemischten Völkern beerdigt werden. Ausländer leben schon lange hier, wieso sollten sie dann nicht hier bestattet werden können? Es kann jeder entscheiden, wie er beerdigt werden will – an mir sollte es am Ende nicht liegen. Der eine will auch verbrannt werden und der andere nicht.

u Steffi Heinz, 37 Jahre, Zahnarzthelferin, Hochmössingen

Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein islamisches Gräberfeld auf dem bestehenden Friedhof von der moslemischen Bevölkerung gut angenommen wird. Wenn man so eine Fläche anbietet, sollte das Gräberfeld zumindest nicht an den christlichen Friedhof angeschlossen sein. Ein für sich eigenen Bereich fände ich dann besser. Ansonsten sind mir die lebenden Mitbürger – egal welcher Religion – viel lieber, als die Verstorbenen.

u Klaus Kirschner, 73 Jahre, Bundestagsabgeordneter a.D., Oberndorf

Die Integration auf oder am Friedhof halte ich für sinnvoll. Ich kann mir gut vorstellen, dass ein eigenständiges islamisches Gräberfeld von der betreffenden Religionsgruppe angenommen wird. Dieses Thema sollte man vorab mit Vertretern der islamischen Gemeinde besprechen. Nach einer Abstimmung kann dann eine Lösung gefunden werden. Die Toten haben jedenfalls ein Anrecht auf eine anständige Bestattung.

u Manuela Kohout, 29 Jahre, Bäckereifachverkäuferin, Oberndorf

Ich verstehe, dass jeder seine Religion hat. Das Tolle in Deutschland ist, dass wir Religionsfreiheit haben und anderen Glaubensrichtungen gegenüber grundsätzlich offen sind. Dennoch sollten sich die Moslems den deutschen Vorschriften anpassen. Vor allem, was eine ausreichende Tiefe der Gräber betrifft. So sollte alles einen gewissen Rahmen haben. Eine Integration im Bereich des bestehenden Friedhofs kann ich mir durchaus vorstellen. Man sollte es anbieten, und wenn die Moslems den Vorschlag annehmen, dann ist alles prima.

u Selim Uzunyakup, 53 Jahre, Gastronom, Peterzell/Oberndorf

Meinetwegen könnte man die islamisch glaubenden Menschen auch auf einem christlichen Friedhof beerdigen. Auf den Friedhöfen in der Türkei werden auch Christen direkt neben Moslems beerdigt. Aber es gibt dort auch externe Friedhöfe. Die erste Generation Türken, die nach Deutschland kam, möchte am liebsten in ihrer Heimat begraben werden. Ich gehöre bereits zur zweiten Generation. Für mich wäre es völlig okay, in Deutschland beerdigt zu werden – eines hoffentlich fernen Tages. Ich bin Deutscher und meine Kinder sowieso. Warum mischt man die Gräber auf den Friedhöfen nicht einfach?

u Marcel Engler, 30 Jahre, Einzelhandelskaufmann, Lindenhof

Mit dem Islam kenne ich mich gar nicht so gut aus. Man sollte der Religion der Moslems auf keinen Fall quer schießen. Das Angebot mit einem islamischen Gräberfeld sollte man in einem Bereich des Friedhofs bereit stellen. In Sulz gab es um das türkische Gemeindehaus auch eine lange Diskussion und inzwischen wird die Einrichtung akzeptiert. Die Moslems wohnen, leben und arbeiten hier, dann sollen sie auch hier bestattet werden können.

Von Karin Zeger

Oberndorf. Geboren in der Türkei, gestorben in Deutschland, beerdigt in der Türkei. Dies trifft für viele Angehörige muslimischer Glaubensrichtung zu. Bei der Stadt laufen Überlegungen, diesen Bürgern eine Bestattung nach islamischen Regeln zu ermöglichen.

"Planerisch wäre ein muslimisches Grabfeld auf dem Friedhof Lindenhof möglich", sagt Bürgermeister Hermann Acker. Bei der Verwaltung gebe es eine Arbeitsgruppe, die "dieses Thema bis zum Frühjahr kommenden Jahres sauber aufarbeitet." Es gebe auch eine Zusammenarbeit mit dem Türkischen Elternverein.

Pfarrer Albrecht Zepf, von der katholischen, und auch Pfarrer Gerhard Romppel, von der evangelischen Kirchengemeinde, wissen indes offiziell noch nichts von diesen Plänen. "Das höre ich zum ersten Mal", sagt Romppel. Beide stehen der Idee indes positiv gegenüber. Die muslimischen Bestattungen würden sicherlich kein Massenphänomen, aber vereinzelt bestimmt stattfinden, meint Romppel. "Zur Integration gehört auch, die Bestattung in Deutschland anzubieten."

Muslimische Bestattungen in Deutschland? Für Zepf "ein alter Hut". In seiner Zeit als Pfarrer in Aalen habe es dies bereits in den 1990er-Jahren gegeben. "Dort wurde es gut angenommen." Ein extra ausgewiesenes Grabfeld halte er für angebracht, um die Muslime "als Gruppe zu kennzeichnen, nicht um sie auszuschließen." Er findet das Angebot in Oberndorf "notwendig". Talstadt-Friedhof oder Lindenhof? "Da, wo Platz ist", meint Zepf pragmatisch. Ismael Kilicaslan vom türkischen Elternverein sieht Bedarf. "Wir freuen uns, dass die Stadt dies anbieten möchte."

"Ich halte ein muslimisches Grabfeld in Oberndorf für nicht notwendig", sagt der Bestatter Bernd Dölker vom Bestattungshaus Dölker in der Werkstraße. Zu ihm kommen Muslime aus ganz Baden-Württemberg, um ihre Toten zu waschen, bevor sie diese im Sarg an den Flughafen Stuttgart bringen und sie dann in ihr Herkunftsland zu überführen. "Bei uns in Oberndorf hat noch niemand Interesse bekundet, in Deutschland beerdigt zu werden."

Für ihn stellen sich auch viele Detailfragen. Bislang dürfen nur Verstorbene auf den hiesigen Friedhöfen in bestattet werden, die in Oberndorf gemeldet sind. "Dies gilt für Erdbestattungen." Soll dies auch für Muslime gelten oder lockert man diese Regelung und bestattet auch Bürger aus den Umlandgemeinden? Was ist, wenn eine muslimische Bestattung ansteht und diese auf einen christlichen Feiertag fällt? Wie will man die muslimischen Gräber, am Waldrand gelegen, vor Verwüstungen durch Wildschweine schützen? "Die Grube ist längst nicht so tief, wie bislang nach deutschem Recht vorgeschrieben." Diese Sorge kommt nicht von ungefähr. "In anderen Städten ist dies durchaus schon vorgekommen", erzählt Dölker. Wie will man das ewige Ruherecht umsetzen? Bislang bleiben die Reihengräber in der Regel 20 Jahre bestehen, Wahlgräber mindestens 30 Jahre. "2412 Euro kostet ein Wahlgrab." Eine Überführung in die Türkei inklusive Bestattung sei günstiger. Dölker berichtet, dass eine Tuchbestattung rund ein Drittel mehr koste, als eine Sargbestattung. Dies hänge unter anderem damit zusammen, dass der Sarg lediglich dafür benutzt wird, den Toten ans Grab zu tragen. "Dann muss der Sarg, oftmals aufwendig, entsorgt werden."

Angehörige muslimischer Glaubenrichtung werden ohne Sarg im weißen Leinentuch beerdigt. Die islamische Regel besagt, so schnell wie möglich zu bestatten, spätestens binnen 24 Stunden. Aber nie in der Dunkelheit. Die Leichenwaschung ist zwingend. Je nach Geschlecht des Toten dürfen nur Frauen oder nur Männer anwesend sein. Die Anwesenden rezitieren dabei laut den Koran. Der Verstorbene wird auf der Seite liegend in die Grube gesenkt, die Augen gen Mekka. Der Leichnam wird in die Arme von Gläubigen gelegt, die in der Grube stehen. Dadurch bedingt, werden die Toten nicht so tief begraben, wie es bislang in der Friedhofsbestattung festgelegt ist (Dölker: "90 Zentimeter müssen zwischen Sargobergrenze und Ende Grasnarbe mit Erde gefüllt sein"). Muslime haben ein ewiges Ruherecht und dürfen nur in "unberührter Erde" bestattet werden.