Früher Gangsterrapper mit Totenkopfmaske, heute bodenständiger Ehemann und Vater: Sido hat die Verwandlung hinbekommen. Der Rapper gibt am 10. November in Schwenningen ein Konzert. Foto: Nils Horst

Interview: Deutscher Rapper ist bei Konzert 10. November zum ersten Mal in Schwenningen. "Privates soll privat bleiben."

Oberndorf - Früher Gangsterrapper mit Totenkopfmaske, heute bodenständiger Ehemann und Vater: Sido hat die Verwandlung hinbekommen. Im November kommt er für ein Konzert nach Villingen-Schwenningen. Im Interview mit unserer Zeitung hat er über sein neues Album und seine Vorstellung vom Schwarzwald gesprochen. Unserer Volontärin bot er sofort das Du an.

Sido, am 10. November steigt der Auftritt in Villingen-Schwenningen. Ist das dein erster Besuch hier?

Ich glaube, ich war noch nie im Schwarzwald.
Oh, eine Premiere. Was verbindest du vorab mit dem Schwarzwald?

Die Schwarzwaldklinik. Doktor Brinkmann oder wie die hießen.

Aus welchem Grund wurde die "Liebe Live 2015 Tour" von Frühjahr auf Herbst 2015 verschoben?
Ich habe das Jahr davor einen Film gedreht. Wenn ich Projekte mache und auf Tour fahre, kann ich normalerweise entscheiden, wann was rauskommt und wann die Tour ist. Bei dem Film war ich nur ein Angestellter. Ich war davon abhängig, welches Release-Datum die Leute für den Film vorgesehen haben. Und dann haben sie ihn mitten in den von uns geplanten Album-Release gepackt. Zu der Zeit wollten wir eigentlich auf Tour gehen. Ich wollte nicht, dass der Film oder meine Rolle in diesem Film mit meiner Musik verwechselt wird, dass es dann so ist wie ein Soundtrack. Ich spiele jemanden – und das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Also wollte ich das auseinandergeschoben haben – und deswegen habe ich das Album und die Tour geschoben.

Für welchen Film hast du gedreht?

Halbe Brüder. Den gibt’s jetzt auf DVD.

Sind dir für dein sechstes Studioalbum eigentlich die Namen ausgegangen oder steckt mehr hinter der römischen Sechs (VI)?

Ich mache mir nie viele Gedanken, wie mein Album heißt. Ich finde, das ist nicht wichtig. Ein Album heißt einfach nur anders als das letzte, damit man sie voneinander unterscheiden kann. Ich denke mir nicht krasse Metaphern für irgendetwas aus.

Auf dem neuen Album findet man viele Arbeiten mit anderen Künstlern. Mit wem könntest du dir für die Zukunft musikalische Projekte vorstellen?

Ich habe Wünsche, die ich mir nicht erfüllen kann. Harald Juhnke wäre ein riesen Kandidat von mir oder Notorious B.I.G., aber die beiden haben leider schon das Zeitliche gesegnet.

Und von den Lebenden?

Die habe ich eigentlich alle schon auf der Liste, aber wer weiß, was bis zum nächsten Album passiert. Ganz oben auf meiner Liste war auch Helge Schneider, mit ihm habe ich auf dem letzten Album etwas gemacht.

Sind weitere Songs mit Kindern wie etwa der Song "Augen auf" in Planung?
"Augen auf" ist sehr alt, aber ich habe tatsächlich darüber nachgedacht, wieder einen Kinderchor zu nutzen. Nicht nur ein Kind allein, sondern ein Kinderchor. Das find’ ich wirklich immer schön.
Inwiefern hat dich deine Frau bei deiner musikalischen Entwicklung beeinflusst?
Bewusst hat sie das nicht gemacht. Meine Frau ist seit drei Jahren ein sehr großer, sehr wichtiger Teil meines Lebens. Meine Musik spricht mir immer aus dem Herzen, die ist so, wie ich gerade bin. So war sie mit 20, so ist sie heute mit 35 – immer authentisch. Natürlich hat meine Frau deshalb auch einen großen Anteil an meiner Musik. Mein ganzes Leben hat einen Anteil an meiner Musik.

Was möchtest du deinen Kindern – es sind bald drei – mit auf den Weg geben?

Dasselbe, was mein Opa mir auf den Weg gegeben hat: Tu niemandem etwas, was du nicht willst, dass dir angetan wird. Ich finde, das ist der beste Leitspruch, den man nehmen kann.

Bisher gibt es noch keine offiziellen Bilder von deinem jüngsten Sohn.

Die wird es auch nicht geben!

Das ist ja eher ungewöhnlich für ein Paar, das so in der Öffentlichkeit steht wie ihr.

Wir finden es wichtig, Privates privat zu lassen. Es gibt jetzt auch Twitter und Facebook, wo wir selbst entscheiden können, was man postet und was nicht.

Gibt es Momente, in denen du bereust, dass du deine Maske abgelegt hast?

Nein, nie. Bereue ich nicht. Ich habe die Maske aus zwei Gründen abgenommen. Erst mal hatte ich das Gefühl, ich werde den Druck nicht los, demaskiert zu werden von der Gesellschaft. Weil es den Leuten einfach zu wichtig war, die Neugierde war zu groß: Wer steckt dahinter? Dann fing es langsam an, dass Handys Kameras hatten, und ich wurde beim Einkaufen fotografiert, weil man mich an den Tattoos erkannt hat. Aber ich muss ganz ehrlich sagen, ich habe die Maske auch abgenommen, weil ich echt eitel bin. Ich wurde meiner Meinung nach auf diese Maske reduziert. Ich bin mehr als dieser Totenkopf. Ich mache auch gute Musik, ich bin ein unterhaltsamer Mensch. Ich hatte das Gefühl, die Leute mögen mich nur, weil ich so eine silberne Maske aufhabe. Aber ich bin auch überzeugt von allem hinter dieser Maske, mehr als von dieser Maske.

Bist du zufrieden? Lebst du deinen Traum?
Ich bin sehr zufrieden. Alles, was ich mir gewünscht habe, als Junge im Viertel, das, was sich jeder Junge aus dem Viertel wünscht, ein ruhiges Leben mit Familie am besten in einem Häuschen mit Garten – meine Mutter wohnt jetzt bei uns –, das waren die Sachen, die ich mir als heranwachsender Jugendlicher immer gewünscht habe und was ich meiner Mutter auch versprochen habe, als wir noch im Viertel gewohnt haben. Ich habe gesagt: Mama, eines Tages kauf’ ich uns ein Haus, und du wohnst bei uns.

Also hat sich alles erfüllt.

Irgendwie hat sich alles erfüllt, und was jetzt noch kommt ist Bonus.

Weitere Informationen: Tickets für das Konzert am 10. November in Villingen-Schwenningen unter 07423/7 87 90