Evangelischer Kirchengemeinderat legt das heiße Eisen erst mal auf Eis / Kosten erscheinen viel zu hoch

Von Michael Frädrich

Oberndorf. Auf eine bessere Orgel wird die evangelische Stadtkirche in Oberndorf wohl noch eine Weile warten müssen. Der Förderverein gab den entsprechenden Auftrag jetzt an den Kirchengemeinderat zurück. Und der legte das heiße Thema auf Eis – zum Abkühlen.

"Im Herzen bin ich für eine Pfeifenorgel. Aber der Verstand sagt mir, dass das finanziell nicht geht." So beschreibt Johannes Missel, Vizevorsitzender des Fördervereins, seine Haltung. "Mir geht es genauso, eine Pfeifenorgel ist illusorisch", pflichtet ihm Günter Niethammer bei, der Vorsitzende des Vereins.

Eigentlich könnte sich der im Sommer 2001 gegründete Förderverein auflösen. Sein Ziel, die Renovierung der Stadtkirche, ist erreicht. Schon bald aber kam der Wunsch nach einer besseren Orgel auf, am besten eine Pfeifenorgel. Kostenpunkt: um die 500 000 Euro. Das wäre der Clou in dem renovierten Gotteshaus. Der Verein trat mit diesem Ansinnen an den Kirchengemeinderat heran, der griff die Initiative auf und übertrug im Dezember 2014 das Projekt Orgel dem Förderverein.

Dieser nahm die Herausforderung an und legte sich gleich ins Zeug. So wurde in Titisee eine von der Christkönigskirche ausgemusterte Pfeifenorgel ausfindig gemacht, die fast zu einem Spottpreis zu haben gewesen wäre, alles in allem etwa 100 000 Euro. Doch der Plan scheiterte. Am Standplatz der jetzigen Orgel hätte jene aus Titisee das große Altarfenster verdeckt – eine ästhetische Missetat ohnegleichen. Und einen Einbau auf der Gegenempore lehnten sowohl Kirchengemeinderat als auch Denkmalamt ab. Parallel dazu wurden die Augen offen gehalten nach einem anderen Gebraucht-Instrument, bislang ohne Erfolg.

Dann kam in der Mitgliederversammlung des Vereins im Mai 2015 die Variante einer digitalen Orgel ins Spiel. Eine Delegation hörte sich in St. Michael in Aichhalden ein solches Instrument an und fuhr zur vergleichenden Hörprobe gleich weiter nach Königshofen im Elsass, wo eine Schwester-Orgel der ursprünglichen Oberndorfer Walcker-Orgel in Betrieb ist.

Instrument soll zusammenführen, nicht spalten

"Die in Aichhalden klang prima", kommentierte Pfarrer Gerhard A. Romppel. Das Instrument in Königshofen hingegen sei "nicht in optimalem Zustand" gewesen – auch ein Beispiel dafür, "was passiert, wenn die Kirchengemeinde kein Geld hat". Denn für den Unterhalt einer solchen Orgel sind per anno um die 1500 Euro anzusetzen.

Die Info-Tour erbrachte aber nicht die erhoffte Erweiterung des orgelmusikalischen Horizonts, sondern eher verhärtete Fronten zwischen Pfeifenorgel-Befürwortern und jenen, denen selbige eine finanzielle Hutnummer zu groß ist. Für einen Bruchteil ließe sich eine Digital-Orgel erwerben, hier ist man mit 50 000 Euro gut dabei. Noch einmal Missel: "Wenn wir das Projekt Pfeifenorgel angehen, muss ein starkes Team für mindestens fünf Jahre volles Engagement bringen." Er sehe aber nichts in dieser Richtung, und er und Niethammer allein könnten das nicht schultern.

Jetzt hat der Vorstand des Fördervereins einstimmig beschlossen, den Orgel-Auftrag an den Kirchengemeinderat zurückzugeben. Niethammer schreibt zur Begründung: "Zu viele unterschiedliche Meinungen und Ansichten machen es sehr schwer, eine Entscheidung zu treffen, die dann von allen akzeptiert wird. Eine nochmalige Spaltung der Kirchengemeinde wollen wir nicht riskieren."

In Oberndorf hat die Orgel überwiegend eine liturgische Aufgabe, sie führt durch den Gottesdienst. "Sie soll die Gemeinde zusammenführen, nicht spalten", sagt Niethammer.

Der Kirchengemeinderat nahm’s zur Kenntnis – und wird vorerst nichts tun. Pfarrer Romppel sagt: "Die Sache wird ruhen, bis wieder Sachlichkeit einkehrt." Für ihn steckt des Pudels Kern auch noch woanders: "Die Leute sind zufrieden mit dem vorhandenen Instrument."