Häuser mit einer Firsthöhe von zehn Metern sollen erlaubt werden – so könnte die Wohnbebauung aussehen. Fotos: Zeger, Schwörerhaus / Montage: Rörsch Foto: Schwarzwälder-Bote

Wegfall des Abstandsstreifen "Gartenwiesen" sorgt für Unmut. Platz werde sehr wohl genutzt. Mit Kommentar.

Oberndorf - Nachdem die Anwohner der "Gartenwiesen" am vergangenen Freitag aus dem Schwarzwälder Boten erfahren haben, dass der Abstandsstreifen zwischen ihrem Wohngebiet und dem Gewerbegebiet bebaut werden soll, verstehen sie die Welt nicht mehr.

Die Stimmung im Nebenzimmer des Restaurants Link auf dem Lindenhof schwankt zwischen Fassungslosigkeit, Zorn und Tatendrang. "Als wir Anfang der 1980er-Jahre gebaut haben, wurde uns zugesagt, dass der Abstandsstreifen nicht bebaut wird", erzählt eine Anwohnerin. Sie und ihre sieben Nachbarn, die unmittelbar hinter dem Erdwall ihre Häuser stehen haben, erinnern sich noch gut an die Zusage der Stadtverwaltung. Schriftlich haben sie nichts. "Früher hat ein Wort noch was gegolten."

Hinter dem harmlos klingenden Tagesordnungspunkt "Bebauungsplan Gartenwiesen, 3. Änderung, Änderungsbeschluss und Entwurfsfeststellung", der am vergangenen Mittwoch im Ausschuss für Umwelt und Technik behandelt wurde, verbirgt sich Zündstoff: "Wenn die Stadt hier ein Mischgebiet mit Gewerbe durchboxt, gibt es Ärger", sagt ein anderer Eigentümer. "Dann wird geklagt."

Firsthöhe von zehn Metern

Laut dem Bebauungsplan sollen hier unter anderem Wohnhäuser, Geschäfts- und Bürogebäude, Schank- und Speisewirtschaften erlaubt werden. Keiner am Tisch weiß, was die Stadt hier genau plant. Beziehungsweise, wer hier bauen möchte. Außer eine: Stadträtin Ruth Hunds. Aber sie darf nichts sagen. Die Spekulationen reichen von einem Ärztehaus über einem MacDonald bis hin zu einem Drogeriemarkt.

Die SPD-Frau wirkt im ersten Moment fehl am Platz, hat sie doch in der Ausschuss-Sitzung für die Änderung des Bebauungsplans gestimmt. Nun schlägt sie sich auf die andere Seite. "Wir machen alle mal einen Fehler", meint sie dazu. Nach der Abstimmung am Mittwoch seien ihr Zweifel gekommen. "Da habe ich mir das Gelände nochmals genauer angeschaut und bin zu dem Entschluss gekommen, dass hier eine zweigeschossige Bebauung nicht passt." Nach ihrem persönlichen Vor-Ort-Termin habe sie gedacht: "Das war nix, was wir da gemacht haben."

Sie wundert sich mit den Anwohnern über die Vorgehensweise bei dieser Bebauungsplan-Änderung. "Warum werden wir nicht informiert?" fragen sich diese. Bei Bebauungsplanverfahren müssen die Anwohner nicht gehört werden. Zu ihrer Information wird der Plan öffentlich ausgehängt. Dies würde im Fall "Gartenwiesen" nach der Zustimmung des Gemeinderats erfolgen. Dieser berät am Dienstag in seiner Sitzung darüber.

Bei einem konkreten Bauvorhaben greift eine andere Rechtssprechung, hier werden die Angrenzer gehört Sollte es soweit kommen, werden die Betroffenen aber auch dann kaum zu Wort kommen: Die Stadt behält nämlich den Erdwall zwischen den Häusern und dem vermeintlich neuen Baugebiet in ihrem Eigentum. Somit sind die Anwohner faktisch keine, ergo braucht’s auch keine Anhörung.

Das Argument der Verwaltung, der Grünstreifen und das Beachvolley-Ball-Feld würden nicht genutzt, widerlegen die Anwohner. "Hier halten sich sehr wohl Kinder und Jugendliche auf, wenn auch nicht mehr so viele wie früher." Es seien deshalb weniger, weil man diese Fläche seitens der Stadt vernachlässigt habe.

Die Lindenhöfler verweisen außerdem auf das Mischgebiet im Bereich Gassner & Lang, hier gäbe es noch freie Fläche. Auch stünden seit Jahren Gewerbeobjekte leer, als Beispiel nannten sie das ehemalige Fitness-Studio. "Warum nutzt man nicht das, was schon besteht?", fragen sie sich.

Mit einer eingeschossigen Wohnbebauung könnten sich die Bürger anfreunden. "Eine Firsthöhe von zehn Meter, wie im Plan vorgesehen, ist aber zu viel." Jetzt möchten sie die Fraktionsvorsitzenden über ihre Bedenken schriftlich informieren und am Dienstag in der öffentlichen Sitzung die Bürgerfragestunde für ihr Anliegen nutzen.

Kommentar: Mehr Gefühl

Von Karin Zeger

Obwohl sie im Grünen wohnen, werden die Bewohner der "Gartenwiesen" in der Regel nicht von Vogelgezwitscher geweckt, sondern vom dumpfen Brummen der Laster. Diese laden wochentags ab fünf Uhr vor einem Supermarkt ihre Ware ab. Dabei parken sie auf der Straße, die Motoren laufen eine Viertelstunde und länger im Leerlauf. Wollen Kinder zur Bushaltestelle, müssen sie sich an den Brummis vorbeidrängen. An diese schwierige Situation haben sich die Anwohner mittlerweile gewöhnt. Und jetzt noch mehr Gewerbe vor ihrer Haustür? Verständlich, dass sie skeptisch sind. Bei solch kritischen Bauvorhaben sollten Anwohner von Anfang an miteinbezogen werden. Aus der Zeitung zu erfahren, was direkt vor der eigenen Nase passieren soll, ist der falsche Weg. Wo bleibt das Fingerspitzenfühl der Stadtverwaltung, das sie bei anderen Projekten schon gezeigt hat?