In einer Schule in Panama hilft Franziska Krauss (hinten Mitte) Sechsjährigen dabei, lesen, schreiben und rechnen zu lernen. Fotos: Krauss Foto: Schwarzwälder-Bote

Freiwilligendienst: Franziska Krauss arbeitet nach ihren Abitur dort, wo andere Urlaub machen

Nach dem Abi erst mal reisen, chillen, nichts tun – oder direkt an die Uni: Der typische Lebenslauf des Durchschnitts-Abiturienten reizte Franziska Krauss nicht. Sie entschied sich stattdessen für einen Freiwilligendienst, und zwar im fernen Panama.

Oberndorf/Fluorn-Winzeln. Panama, das klingt nach goldenen Sandstränden und türkisblauem Wasser, nach Hängematten unter Palmen und einer exotischen Kultur. Tatsächlich ist das Land zwischen Costa Rica und Kolumbien für viele zu Recht ein Urlaubsparadies. Für Franziska Krauss aus Fluorn-Winzeln, die im vergangenen Jahr am Gymnasium am Rosenberg ihr Abitur gemacht hat, ist Macaracas, rund dreieinhalb Stunden von Panama-Stadt entfernt, in erster Linie der Ort, an dem sie zurzeit arbeitet.

Seit September absolviert die 19-Jährige dort ihren Freiwilligendienst: Sie unterstützt die Lehrer in der Dorfschule beim Unterrichten und hilft bei Umweltprojekten mit. "›Oh, wie schön ist Panama‹ – langsam, liebe Familie, liebe Freunde, kann ich dieses Zitat selbst schon unterschreiben", schreibt "Franzi", wie sie von den meisten genannt wird, in einer ersten Rundmail im Oktober 2016 an die Daheimgebliebenen. "Panama ist wirklich ein wunderschönes und beeindruckendes Land." Nach rund einem Monat hat sie schon einiges erlebt und gelernt: Zusammen mit anderen Freiwilligen besichtigt sie die Hauptstadt, bekommt einen "Crashkurs" in Sachen panamaische Kultur und Lebensart, und schließt die Menschen, mit denen sie von nun an das kommende halbe Jahr über täglich zu tun hat, schnell in ihr Herz.

Spanisch vertiefen

"Eigentlich wollte ich nach dem Abi nach Costa Rica", erinnert sich Franziska, "aber da wären die Vorbereitungen während der mündlichen Prüfungen gewesen, deshalb ist es am Ende Panama, meine Zweitwahl, geworden." Spanisch ist eines ihrer Abiturfächer, und als sie den Abschluss im Frühsommer 2016 – übrigens als Jahrgangsbeste – in der Tasche hat, will sie die Fremdsprache noch weiter perfektionieren. Nebenbei möchte sie auch Gutes tun und Land und Leute in aller Ruhe kennenlernen.

Über Austauschschüler, die immer wieder in Oberndorf zu Gast sind, erfährt sie von der Organisation Afs Interkulturelle Begegnungen, die weltweit Freiwilligendienste für Schüler und Studenten organisiert. Sie ist sofort Feuer und Flamme, bewirbt sich – und wird genommen. Im September vergangenen Jahres heißt es Abschied nehmen von Freunden, Familie und dem Alltag in Deutschland: Panama ruft.

Dass der "Kulturschock" in einer völlig fremden Welt nicht spurlos an ihr vorübergehen wird, ist Franziska Krauss von Anfang an klar; dennoch überrascht es sie, wie stark sie das Heimweh gleich zu Beginn übermannt. "Es war alles so neu und ungewohnt", erzählt sie.

Gleich zu Beginn, nachdem sie ihre Gastfamilie kennengelernt hat, steht ein großes Familienfest bevor. Die älteste Tochter feiert ihren 15. Geburtstag – in Mittelamerika ein sehr wichtiges Ereignis, bei dem das Geburtstagskind wie eine Braut geschminkt und gefeiert wird. Ähnlich pompös ist auch das Fest selbst. Hunderte Gäste sind keine Seltenheit. "Es waren so viele Leute da, und ich habe niemanden gekannt. Das war schon viel für den Anfang", so die 19-Jährige. Dennoch habe sie diesen ungewöhnlichen Tag sehr genossen.

Schon bald lebt sie sich ein, doch die panamaische Kultur und der Alltag haben so ihre Tücken. Während sie vormittags in der Schule Fünf- und Sechsjährigen dabei hilft, lesen, schreiben und rechnen zu lernen, muss sie sich nachmittags meistens selbst beschäftigen. "Der typische Tag sieht so aus: Man frühstückt, meistens Kochbananen, ist vormittags in der Schule, und wenn man mittags heimkommt, hat die Nanny das Mittagessen schon gekocht." Anders als hierzulande spielen gemeinsame Mahlzeiten keine große Rolle, jeder isst für sich.

Überhaupt – unter "Familienleben" verstehe man in Panama etwas anderes als etwa in Deutschland. "Man sitzt gemeinsam vor dem Fernseher, oder man fährt mit dem Auto durch die Gegend. Nach der Arbeit oder Schule zieht jeder sich zurück und döst zum Beispiel in der Hängematte." Für die junge Deutsche ist das mehr als gewöhnungsbedürftig, vor allem zu Weihnachten.

Viele schöne Momente

Doch es gibt auch viele spannende und schöne Momente. Da die Bevölkerung in Panama sehr patriotisch eingestellt ist, gibt es ständig Feste und Umzüge, alle sehr aufwendig und farbenfroh. Mit ihrer Gastfamilie oder anderen Freiwilligen erkundet sie immer wieder die Umgebung. Nach einer Weile bekommt Franziska die Gelegenheit, bei einem lokalen Umweltprojekt mitzuhelfen und freut sich, seit dem Beginn der Sommerferien endlich wieder mehr zu tun zu haben.

Ein Höhepunkt ist die Schildkröten-Rettungsaktion am Strand. Gemeinsam mit anderen Freiwilligen sammelt sie Babyschildkröten direkt nach dem Schlüpfen ein und bringt sie ins Meer, um sie vor den zahlreichen Fressfeinden zu bewahren. "Das war so toll, die Tiere waren total drollig."

In wenigen Wochen wird der Freiwilligendienst in Panama beendet sein. Doch bevor es zurück nach Deutschland geht, will Franziska gemeinsam mit ihrer Cousine zunächst nach Kolumbien reisen, später mit einer Freundin nach Kanada. Wie es danach weitergeht, ist noch nicht sicher. Doch eines weiß sie nach ihrer Zeit in Panama ganz bestimmt: "Den Beruf Lehrerin habe ich endgültig ausgeschlossen, auch wenn es mir unheimlich viel Spaß gemacht hat. Aber ich weiß jetzt, dass ich auf Dauer nicht immer das Gleiche erzählen will."

Weitere Informationen: www.afs.de