Florian Lehmann (von links), Julian Schneider und Marco Pauli vom Oberndorfer Gymnasium am Rosenberg sind froh, die längste Prüfung hinter sich zu haben. Der Schrecken in Form von Mathematik kommt aber noch. Foto: Cools

Abiturbeginn: Fast sechs Stunden Deutschprüfung zerren an den Nerven / Schüler nehmen die erste Hürde

Von "Danton’s Tod", den Verfehlungen des "Homo faber" und der Bedeutung des Herbstes werden die Abiturienten des Gymnasiums am Rosenberg wohl vergangene Nacht geträumt haben. Gestern begann das Abitur klassisch mit der Deutschprüfung.

Oberndorf. Sie haben wochenlang Bücher gewälzt, Interpretationen verinnerlicht und rhetorische Mittel in der Lyrik vom Jambus bis zur Anapher auswenig gelernt. Gestern konnten die Schüler des Gymnasiums am Rosenberg ihr ganzes Wissen in beinahe sechs Stunden Deutschprüfung abladen. Schwitzige Hände, Schock über die Aufgaben und wachsender Hunger waren dabei nur einige der Hürden, die es zu überwinden gab.

"Ich habe den Werkvergleich genommen und bin total erschrocken, weil es nur zwei Werke waren, die man vergleichen sollte", berichtet Alena Schneider. "Wir waren uns so sicher, dass ›Agnes‹ dran kommt", bestätigt Mitschülerin Xenia Haas. Im Unterricht hätten die Schüler immer nur den Vergleich von allen drei Werken – "Danton’s Tod", "Homo faber" und "Agnes" – geübt und nun sei letzteres gar nicht dabei gewesen.

Xenia hat sich deshalb für den Gedichtvergleich rund ums Thema "Herbst" entschieden. "Das war ein guter Einstieg. Jetzt ist die längste Prüfung schonmal ’rum", meint sie erleichtert. Alena hat in den fast sechs Stunden vor allem auf Nervennahrung gesetzt. "Essen ist mein Glücksbringer", betont sie.

Schüler fühlen sich gut vorbereitet

"Richtig verschickt" hat der Werkvergleich auch Julian Schneider. Der Schüler hatte sich eingehend mit allen drei Werken befasst, um dann enttäuscht vor dem Aufgabenblatt zu sitzen. "Auf ›Agnes‹ hab ich mich komplett umsonst vorbereitet. Dabei war es das am leichtesten verständliche Buch", sagt er verärgert. Stattdessen habe er sich mit dem Selbstbild des Protagonisten in den anderen beiden Büchern befassen müssen. Dennoch findet er: "Auf Werkvergleich kann man sich am besten vorbereiten. Ein Essay wäre für mich ein zu großes Risiko gewesen".

Nervig sei, dass er nicht einmal Zeit zum Essen gehabt habe, meint er und beißt in sein mitgebrachtes Pausenbrot. Glücksbringer habe er nicht gebraucht, und verrückt machen müsse sich auch niemand. "Das Abi ist eigentlich total überbewertet. Klar, es macht ein Drittel der Note aus, aber mit dem Probeabi, das wir vorher geschrieben haben, waren wir echt gut vorbereitet", bricht er eine Lanze für die Deutschlehrer.

Das sieht auch Schulleiterin Heidrun Stritt so. Aufgrund der guten Vorbereitung der Schüler habe auch eine angenehme Atmosphäre im Prüfungsraum geherrscht. Dass die Schüler über die fehlende "Agnes" schockiert waren, das habe sie bereits vermutet. "Besser, die Schüler haben sich auf zu viel vorbereitet als auf zu wenig", lautet ihr Fazit.

Florian Lehmann hatte so fest mit "Agnes" gerechnet, dass er bereits den passenden Einleitungssatz geschrieben und erst dann festgestellt habe, dass das in der Aufgabe gar nicht gefragt war. "Ich habe zehn Seiten geschrieben, so viel, wie noch nie", meint er stolz. Allerdings hätte es deshalb beim Essen nur für ein paar Trauben gereicht. Das Schlimmste stehe ihm noch bevor: die Matheprüfung.

Marco Pauli hat nicht nur auf eine gute Kurzgeschichte gesetzt – die Bücher hätte er nämlich nicht einmal gelesen – sondern auch auf das Glücksschwein von der Oma. Sein Fazit fällt mäßig aus: "Die Prüfung lief ganz okay".

Erste Prüfung ist immer die "schlimmste"

Linda Schmid hat sich indes über das Thema des Essays gefreut. "Die Macht der Sprache" habe sie sofort angesprochen, weil man Aktuelles aus dem politischen Bereich mit Geschichte und Persönlichem verknüpfen könne. Acht Seiten hätten dafür ausgereicht. "Mein Motto ist: Qualität vor Quantität", sagt sie. Ein Engel von der Patentante und der "traditionelle Kinderriegel" von der Mutter – "den gibt es vor jeder Klausur" – sollten für das optimale Ergebnis sorgen.

"Bei der Deutschprüfung ist die Aufregung immer am größten, weil es eben die erste ist", weiß Schulleiterin Stritt. Sie freut sich darüber, dass viele den Gedichtvergleich genommen haben. Der und der Werkvergleich würden sich beinahe die Waage halten. Während sich auch einige die Interpretation einer Kurzgeschichte und den Essay vorgenommen hätten, so habe sich kein einziger für die Erörterung entschieden. "Das freie Thema des Essays war wohl attraktiver", vermutet Stritt. Erfreulich sei auch, dass es keine Zwischenfälle gegeben habe. "Nun haben die Schüler die erste Hürde geschafft".